Interview: Katastrophenhilfe und Energiewende
Handwerksunternehmer im Elektrotechnikerhandwerk Frank Leistenschneider berichtet über neue Aufgaben des Handwerks.
Die Auseinandersetzung mit den Themen Energieeffizienz und Klimaschutz sind für Handwerksunternehmer Frank Leistenschneider ein Bestandteil guter Betriebsführung. Als Helfer im Ahrtal erlebte der Handwerker aus nächster Nähe, welche Schäden Extremwetterereignisse hervorrufen können – und beschloss, gemeinsam mit seinem Team zu helfen.
DHB: Herr Leistenschneider, Sie haben sich unmittelbar nach der Flutkatastrophe im Ahrtal als Helfer engagiert. Was hat der Anblick der Zerstörung bei Ihnen ausgelöst?
Leistenschneider: Wir waren im August vergangenen Jahres zum ersten Mal im Ahrweiler, um dort ehrenamtlich beim Wiederaufbau zu unterstützen. Als wir ankamen, waren wir geschockt. Der Anblick der Zerstörung lässt sich auch rückblickend nur schwer in Worte fassen. Der Mutterboden verströmte nach der Wassereinwirkung in Verbindung mit Heizöl einen üblen Geruch. Die Eindrücke aus Ahrweiler waren für sich genommen schon sehr bedrückend, reichten aber nicht an das heran, was mein Team in Dernau zu sehen bekam. Die Menschen dort hatten durch die Flutkatastrophe fast alles verloren und waren von der Zerstörung extrem betroffen.
DHB: Wie haben Sie konkret beim Wiederaufbau unterstützt?
Leistenschneider: Bei unserer ersten Hilfsaktion war ich mit meinem etwa 10-köpfigen Team in Ahrweiler im Einsatz. Konkret sah das so aus, dass wir gleich im Anschluss an unsere reguläre Freitagsschicht unsere Fahrzeuge für die Hilfsaktion umgeladen haben. Während des darauffolgenden Wochenendes haben ich und meine Mitarbeiter nahezu durchgearbeitet. In erster Linie ging es darum, die Stromversorgung in den Häusern wiederherzustellen. Die Schäden waren und sind so enorm, dass wir Anfangs das Gefühl hatten, noch sehr oft herkommen zu müssen, um die gewünschten Fortschritte zu erzielen. Für die Eigentümer kam erschwerend hinzu, dass die Gutachten mancher Versicherungen so lange auf sich warten ließen, dass zwischenzeitlich teilweise Folgeschäden entstanden sind. Ein Mitarbeiter der Kreisverwaltung Saarlouis hat, sozusagen als Smutje, für unsere Verpflegung gesorgt. Selbstverständlich war es mit einem Einsatz allein nicht getan. Bei den ersten Touren waren noch die meisten meiner Mitarbeiter mit an Bord, anschließend haben wir sukzessive reduziert, sodass wir am Ende nur noch zu zweit vor Ort waren. Anfangs haben wir viele Arbeiten komplett unentgeltlich erledigt, aus dem ein oder anderen Einsatz haben sich daraufhin aber Folgeaufträge ergeben. Die Einsätze im Ahrtal haben mich und mein Team viel Kraft gekostet, am Ende waren meine Akkus völlig leer. Nichtsdestotrotz würde ich in einer solchen Situation jederzeit wieder vor Ort mitanpacken.
DHB: Können Handwerker aus Ihrer Sicht einen Beitrag dazu leisten, Gebäude präventiv vor Extremwetterereignissen zu schützen? Wenn ja, wie?
Leistenschneider: Teilweise ja. Im Erdgeschossbereich ist das eher nicht der Fall. Dafür ist die Wucht einer solchen Flutkatastrophe einfach zu groß. Es gibt allerdings durchaus Maßnahmen, die direkt bei der Planung und Einrichtung getroffen werden können, wie beispielsweise die Zählerschränke im ersten Stock zu installieren. Eine weitere Schutzmaßnahme könnte sein, mit Zement (Putz) statt mit Gips zu verputzen. In Kellerräumen kann das Installationen schützen. In Hochwasser-Risikogebieten könnten Eigentümer außerdem darüber nachdenken, Sickergruben beim Bau mit einzuplanen und die Technik vom Keller in höher gelegene Stockwerke zu verlagern. Andere Gewerke können zum Beispiel durch den Einbau von druckwasserdichten Fenstern einen Beitrag leisten.
DHB: Sie sind Mitglied im Energieeffizienz und Klimaschutz-Netzwerk für den Landkreis Saarlouis, in dem sich Handwerkerinnen und Handwerker über Möglichkeiten betrieblicher Energieeinsparung und dem Einsatz von Erneuerbaren Energien austauschen. Konnten Sie aus den Gesprächen bereits etwas für Ihren eigenen Betrieb mitnehmen und umsetzen?
Leistenschneider: Wir sind dabei, unsere Fahrzeugflotte auf Elektromobilität umzustellen. Bislang haben wir damit durchweg gute Erfahrungen gemacht. Aktuell ist in unserem Betrieb ein E-Auto im Einsatz, das wir für Kundenbesuche in Saarlouis nutzen. Für die Zukunft planen wir eine Ausweitung auf weitere Fahrzeuge. Außerdem haben wir eine LED-Beleuchtung eingeführt und unsere alte Gasheizung durch eine wesentlich energieeffizientere Variante ausgetauscht. Um insgesamt mehr Transparenz zu unseren betrieblichen Energieaufwänden zu erlangen, planen wir, in Zukunft das Energiebuch E-Tool des Saar-Lor-Lux Umweltzentrums der Handwerkskammer des Saarlandes einzusetzen. Darin werden alle Verbräuche systematisch erfasst.
DHB: Mit welchen Argumenten würden Sie andere Handwerksunternehmer überzeugen, sich dem Netzwerk anzuschließen?
Leistenschneider: In Zeiten steigender Energiepreise wird es zunehmend wichtiger, sich mit anderen Handwerksunternehmern zu Maßnahmen auszutauschen, die die betriebliche Energiebilanz tatsächlich verbessern. Das Netzwerk bietet die ideale Plattform dafür. Auch Industriekunden legen heute Wert darauf, mit Handwerksbetrieben zusammenzuarbeiten, die energieeffizient aufgestellt sind. Dasselbe gilt übrigens auch für die Nachwuchsfachkräfte, die viele Betriebe händeringend suchen.
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Text:
Sarah Materna /
handwerksblatt.de
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