Stefan Funck Direktor, Landesamt für Soziales

Stefan Funck Direktor, Landesamt für Soziales (Foto: © Landesamt für Soziales)

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Förderangebote durch Beratung im Blick

Stefan Funck, Direktor des Landesamt für Soziales, spricht im Interview über gelebte Inklusion im Handwerk.

Mit einer groß angelegten Informationskampagne appelliert die saarländische Landesregierung an Unternehmen aus der Region, Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit geistigen und körperlichen Einschränkungen zu erhalten und auszuweiten. Stefan Funck, Direktor des Landesamtes für Soziales, berichtet im DHB-Interview, wie durch gelebte Inklusion im Betrieb eine Win-Win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsteht und welche Beschäftigungsmöglichkeiten es für Menschen mit Behinderung im Handwerk gibt.

DHB: Herr Funck, diesen Herbst startet die Landesregierung eine saarlandweite Informationskampagne zu den Vorteilen der betrieblichen Inklusion. Welches Praxisbeispiel hat Sie bisher am stärksten beeindruckt?
Funck: Ich glaube, dass es den Anstrengungen der Betriebe sowie der Arbeitgeber hier bei uns im Saarland, aber auch unseren Leistungen im Inklusionsamt nur bedingt gerecht würde, wollte ich aus vielen Jahren gelebter Inklusion und aus den unzähligen Rückmeldungen an das Inklusionsamt ein Ranking aufstellen. Jeder Einzelfall ist beeindruckend und spiegelt für sich genommen einen eigenen Erfolg und eine positive Betroffenheit wider. Am meisten freut mich, dass mittlerweile betriebliche Inklusion tagtäglich so oft und so gut gelingt. Das ist ein wirklicher Gewinn für uns alle.

DHB: Inwiefern profitieren Unternehmen, die Menschen mit Behinderung einstellen?
Funck: Von erfolgreich gelebter betrieblicher Inklusion profitieren alle, nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern auch die übrigen Beschäftigten und die Unternehmen selbst. Das das gilt nicht nur im Hinblick auf den vordergründig greifbaren monetären Aspekt. 

Natürlich spielt es auch in der unternehmerischen Betrachtung eine Rolle, dass zum Beispiel bei Erfüllung der gesetzlichen Beschäftigungspflicht gegenüber Schwerbehinderten keine Ausgleichsabgabe mehr bezahlt werden muss oder dass das Inklusionsamt beim Landesamt für Soziales finanzielle Unterstützung zur Schaffung von Schwerbehindertenausbildungs- und -arbeitsplätzen gewährt und sich darüber hinaus sich auch signifikant an den Kosten der behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung beteiligt. Auch der Aspekt, dass mit Lohnkostenzuschüssen, der Abgeltung von Mehraufwendungen, die dem Arbeitgeber bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen entstehen, und mit der Arbeitsassistenz weitere wirksame Hilfen zur beruflichen Integration schwerbehinderter Menschen zur Verfügung stehen, ist sicherlich in der Gesamtbetrachtung nicht unwichtig, denn davon profitiert selbstverständlich auch der Arbeitgeber. Der wahre Gewinn für das Unternehmen liegt meiner Meinung nach jedoch an anderer Stelle. 

Menschen mit Behinderung sind nicht nur wertvolle Arbeits- und auch oft Fachkräfte, sondern zudem meist besonders engagierte und überdurchschnittlich loyale Mitarbeiter. Sie sorgen für mehr Vielfalt, erweitern den Horizont von Kollegen und Vorgesetzten und bereichern jedes Unternehmen. Es ist bewundernswert und motivierend, zu sehen, wie diese Menschen trotz aller zusätzlichen Herausforderungen, tagtäglich unter Beweis stellen, dass sie genauso erfolgreich wie andere im Berufsleben bestehen und im Team mit anderen arbeiten können. Im Ergebnis also eine klassische Win-Win-Situation.

DHB: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der betrieblichen Inklusion?
Funck: Natürlich kann es, je nach Einzelfall, spezifische Herausforderungen oder auch die ein oder andere Problemstellung geben. Aber die gute Nachricht ist, dass diese Herausforderungen in der Regel nicht annähernd so groß sind, wie viele vermuten. 

Grundsätzlich muss man erst einmal feststellen, dass Behinderung nicht gleich Behinderung ist. Das heißt, nicht jede Behinderung bedeutet zwangsläufig überhaupt eine Einschränkung in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit oder stellt eine besondere Herausforderung im Arbeitsalltag dar. Dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter durch eine Behinderung signifikante Einschränkungen im Arbeitsalltag erfährt, ist tatsächlich nicht einmal die Regel. 

Erst in den anderen Fällen, in denen es auf Grund der Behinderung die ein oder andere Schwierigkeit zu überwinden gilt, helfen wir mit dem Inklusionsamt durch Beratung, Förderung und Unterstützung gerne weiter. 

Generell können so Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderung, auch wenn anfangs gemeinsam Herausforderungen zu meistern sind, insbesondere auch im Handwerk für ihre Arbeitgeber und den gesamten Betrieb nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht einen wirklichen Gewinn darstellen, wenn sie entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten eingesetzt werden.  

Wir als Inklusionsamt können dabei ein wirklicher „Türöffner“ sein. Und genau da setzt auch die eingangs von Ihnen angesprochene Informationskampagne an. Wir wollen informieren – über uns, unser Tun, vor allem aber über die Leistungen, die wir bieten. Im Idealfall führt dies dazu, dass noch mehr Betriebe im Saarland auf kürzestem Weg ihren richtigen Ansprechpartner finden.

DHB: Die Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen erfordert oft nicht unerhebliche Investitionen. Welche staatlichen Fördermöglichen gibt es für Betriebe, die bedarfsgerechte Arbeitsplätze für körperlich oder geistig eingeschränkte Menschen schaffen möchten?
Funck: Dass die Einrichtung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen in vielen Fällen mit Investitionen verbunden ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Genau so offensichtlich ist aber, dass die Arbeitgeber in diesem Falle eben nicht allein dastehen, denn es gibt ein sehr großes Portfolio an Unterstützungsmöglichkeiten, die individuell Anwendung erfahren. 

Um nur die wichtigsten zu nennen: Arbeitgeber können für einen behinderten Menschen einen Beschäftigungssicherungszuschuss beantragen, wenn die Arbeitsleistung eines schwerbehinderten Mitarbeiters behinderungsbedingt vermindert ist und dies zu einem Ungleichgewicht zwischen der Arbeitsleistung und dem gezahlten Lohn oder Gehalt führt. In erster Linie sollen damit zu erwartende behinderungsbedingte Einschränkungen ausgeglichen werden, die sich auf die Einarbeitung auswirken. Außerdem werden, falls dies im individuellen Fall angezeigt sein sollte, die Kosten für eine Begleitung und Unterstützung am Arbeitsplatz übernommen. 

Zu den Fördermöglichkeiten zählt natürlich auch der Umstand, dass sich das Inklusionsamt grundsätzlich an den Kosten für die Einrichtung und Ausstattung eines neuen Arbeitsplatzes beteiligen kann, wenn schwerbehinderte Beschäftigte ihre bisherige Tätigkeit behinderungsbedingt nicht mehr ausüben können oder dürfen. Ganz allgemein ist zu sagen:  Der Arbeitsplatz eines schwerbehinderten oder gleichgestellten behinderten Menschen kann so gestaltet werden, dass bestehende behinderungsbedingte Beeinträchtigungen bis zu einem bestimmten Grad kompensiert werden. 

Und logischerweise gilt dies natürlich auch im Bereich der Ausbildung: So kann der Ausbildungsplatz eines schwerbehinderten oder gleichgestellten behinderten Menschen so gestaltet oder umgestaltet werden, dass bestehende behinderungsbedingte Beeinträchtigungen bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden. Arbeitgeber, die einen behinderten Jugendlichen oder behinderten jungen Erwachsenen für eine Berufsausbildung einstellen, können zu den erforderlichen Kosten Zuschüsse erhalten und auf Antrag auch Zuschüsse zu den Gebühren, die beispielsweise von der Handwerkskammer im konkreten Fall für die Ausbildung erhoben werden. 

Sie merken schon anhand dieser groben Aufzählung, wie vielschichtig die Unterstützung für Arbeitgeber oder Betriebe ist. Da kann man schnell den Überblick verlieren. Wir wollen verhindern, dass die Vielfalt an Unterstützungsmöglichkeiten den ein oder anderen vielleicht sogar abschreckt und stattdessen die Betrieben dabei unterstützen, dass die bestehenden Möglichkeiten auch wirklich genutzt werden. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Arbeitgeber sich bei Bedarf direkt an uns wenden und von uns umfassend beraten lassen.

DHB: Welche Möglichkeiten und Chancen sehen Sie für Handwerksbetriebe, wenn es darum geht, künftig mehr Menschen mit Einschränkungen oder Behinderungen einzustellen?
Funck: Vor dem Hintergrund der vielfältigen Unterstützungs- und Förderungsmöglichkeiten sehe ich vor allem auch für Handwerksbetriebe große Chancen und Möglichkeiten durch gelebte Inklusion auch dem zunehmenden Fachkräftemangel zu begegnen. Gerade Menschen mit Einschränkungen bringen häufig eine hohe Motivation dahingehend mit, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren und auch Leistungen im Betrieb zu erbringen, die mit der ihrer Kolleginnen und Kollegen absolut vergleichbar ist.

 

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Text: / handwerksblatt.de

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