"Das Saarland kann Strukturwandel"
Im DHB-Interview spricht Dr. Frank Nägele, Strukturwandelbeauftragter der Landesregierung des Saarlandes, über den Strukturwandel im Land.
Den Transformationsprozess der saarländischen Wirtschaft bestmöglich unterstützen: So lautet der Auftrag, den der Strukturwandelbeauftragte der saarländischen Landesregierung Dr. Frank Nägele seit Ende vergangenen Jahres hat. Im DHB-Interview spricht der promovierte Verwaltungs- und Politikwissenschaftler darüber, was das – auch für das Saarhandwerk – konkret bedeutet.
DHB: Herr Dr. Nägele, seit Dezember 2022 sind Sie Strukturwandelbeauftragter für das Saarland. Wie begreifen Sie Ihre Rolle?
Nägele: Die Geschichte des Saarlands ist vom Strukturwandel geprägt. Die Saarländerinnen und Saarländer haben in dieser wechselhaften Geschichte immer wieder gezeigt, dass sie auch tiefgreifende wirtschaftsstrukturelle Veränderungen stemmen und sich auf neue Gegebenheiten einstellen. Das Saarland kann Strukturwandel. Damit uns dieser Prozess erneut gelingt, ist es wichtig, ihn aktiv zu begleiten, statt ihn einfach geschehen zu lassen – und auch zu erklären, welche Strategie die Landesregierung im Umgang mit dem Strukturwandel verfolgt. Und dann gilt es natürlich, die politischen und wirtschaftlichen Akteure an einen Tisch zu holen. Das ist eine meiner zentralen Aufgaben. In den vergangenen zehn Monaten gelang es, im Zukunftsbündnis Saar die großen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Akteure des Saarlands zusammenzubringen. Das Bündnis hat bereits zweimal getagt. Das saarländische Handwerk ist mit dem Hauptgeschäftsführer der Kammer vertreten. In dem Bündnis diskutieren wir derzeit den Entwurf einer Strukturwandelstrategie. Bei der Erarbeitung und Umsetzung dieser Strategie ist meine Rolle die eines Brückenkopfs zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
DHB: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die Saarwirtschaft im Zuge des Strukturwandels?
Nägele: Stahl und Automotive sind die beiden Wirtschaftsbereiche, die am stärksten den Veränderungsdruck spüren. Damit sind Kernkompetenzen der Saarwirtschaft betroffen. Die jüngsten Ansiedlungserfolge, etwa Wolfspeed und SVOLT, ebenso wie große klimafreundliche Umstrukturierungen in der Stahl- und Automobilindustrie zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. Das Saarland bleibt Industrieland. Die gesamte Saarwirtschaft ist von den Veränderungen im Bereich der Energieversorgung betroffen. Preislich und mit Blick auf die Verfügbarkeit spüren viele gewerbliche Unternehmen im Saarland die Folgen des Klimawandels und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Der Umbau der Stromnetze und der Ausbau der erneuerbaren Energien sind deshalb entscheidende Schlüssel. Das Saarland ist auf dem Weg zum Wasserstoffland. Die vermutlich weitreichendste Herausforderung ist der Mangel an Fachkräften. Industrie, Handwerk, Dienstleistungswirtschaft und der öffentliche Bereich sind davon gleichermaßen betroffen. Die wirtschaftlichen Folgen sind überall spürbar. Damit das Saarland Fachkräfteland bleibt, müssen wir schnell zusätzliche Potenziale erschließen.
DHB: Wo sehen Sie die Potenziale des Saarlandes in wirtschaftlicher Hinsicht?
Nägele: Die Saarwirtschaft hat viele Potenziale. Sie kann Industrie, kann Handwerk und kann Innovation. Besonders wichtig finde ich die kurzen Wege im Saarland. Das gilt für die Zusammenarbeit der Wirtschaft mit der Wissenschaft. Und das gilt für den Umgang mit Behörden, mit Bürokratie. Gute, schnelle und zuverlässige Verwaltungsverfahren können eine Stütze für die Wirtschaft sein. Bürokratie ist aber zu häufig auch Hemmschuh. Da wollen wir im Schulterschluss mit den Kammern ran. Diese Bremsen wollen wir lösen.
DHB: Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht das Handwerk für einen erfolgreichen Strukturwandel im Saarland?
Nägele: Das Saar-Handwerk spielt eine zentrale Rolle für einen erfolgreichen Strukturwandel. Der Umbau der Industrie und der Energiewirtschaft wird nur gelingen, wenn das Handwerk die damit verbundenen Investitionen erfolgreich umsetzt. Gerüstbauer, Maurer, Solarinstallateure, Elektroniker und viele andere werden gebraucht, damit neue Ansiedlungen im Saarland funktionieren und der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien gelingt. Auch die Fachkräftesicherung ist nur im Schulterschluss mit dem Saar-Handwerk erreichbar. Hier werden die Fachkräfte von morgen ausgebildet.
DHB: Wie stellen Sie sicher, dass die Anliegen des Handwerks im laufenden Strukturwandel berücksichtigt werden?
Nägele: Die Landesregierung und allen voran die Ministerpräsidentin und der Wirtschaftsminister sind im ständigen Dialog mit den Handwerksbetrieben der Saarwirtschaft. Hier sind die Herausforderungen und die Kraft der Saarwirtschaft direkt spürbar. Die Impulse aus diesen Gesprächen kommen direkt bei mir und meinem Team an. Eine ganz zentrale Rolle spielt für mich außerdem die enge Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer. Wir tauschen uns regelmäßig aus. Hier kommen wertvolle Anregungen beispielsweise in den Themenfeldern Bürokratieabbau und Fachkräftesicherung. Das macht hilft dabei, die Strukturwandelstrategie auch passgenau an den Bedürfnissen des Handwerks auszurichten.
Das Interview führte Sarah Materna, erschienen in DHB 11/2023, Ausgabe Saarland
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Text:
Sarah Materna /
handwerksblatt.de
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