Arbeitsbedingungenrichtlinie: neue Bürokratiebelastungen drohen
Das Arbeitsministerium hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie vorgelegt. Der ZDH befürchtet zusätzliche Bürokratiebelastungen für kleine und mittlere Betriebe.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Bürokratiewahnsinn im Handwerk
Im Juni 2019 hatten das Europäische Parlament und der Rat die von der EU-Kommission vorgeschlagene Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts (Arbeitsbedingungenrichtlinie) verabschiedet. Mit ihr soll europaweit die Rechte aller Arbeitnehmer gestärkt werden. Sie soll eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung fördern und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleisten.
Kern der Richtlinie ist die Erweiterung der Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses. Darin enthalten ist ebenfalls die Festlegung von Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen mit Blick auf die Höchstdauer von Probezeiten, Mehrfachbeschäftigung, Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit, Ersuchen um einen Übergang zu einer anderen Arbeitsform sowie Pflichtfortbildungen. Gezielte Durchsetzungsbestimmungen sollen dafür sorgen, dass die Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz auch wirklich von den neuen Regeln profitieren.
Keine Eins-zu-eins-Umsetzung
StellungnahmeHier finden Sie die ausführliche Stellungnahme des ZDH.Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie spätestens in diesem Jahr in nationales Recht umsetzen. Das Bundesarbeitsministerium hat dazu Mitte Januar dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat den Entwurf geprüft und knapp einen Monat später hat seine Stellungnahme dazu abgegeben. Dem ZDH zufolge berühren die vom Ministerium geplanten Änderungen in erster Linie das Nachweisgesetz und einzelne Regelungen des Berufsbildungsgesetzes, der Handwerksordnung, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Mit dem Entwurf setze das Ministerium "im Wesentlichen" die Vorgaben der Arbeitsbedingungenrichtlinie um, so der ZDH. Aber: Trotz der nur punktuell vorgesehenen Rechtsänderungen gehe das Ministerium über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und "verlässt damit die Maxime einer ausschließlichen Eins-zu-eins-Umsetzung der europäischen Regelungen in deutsches Recht."
GesetzentwurfDie wesentlichen Regelungen des BMAS-Referentenentwurfs umfassen folgende Aspekte:
• Erweiterung der bereits in der Nachweisrichtlinie vorgesehenen Pflichten des Arbeitgebers zur Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses,
• Normierung von Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen in Bezug auf die Höchstdauer der Probezeit, eine Mehrfachbeschäftigung und die Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit bei Arbeit auf Abruf,
• Festschreibung von Formvorschriften für das Ersuchen um einen Übergang zu einer anderen Arbeitsform,
• Regelungen zu Pflichtfortbildungen.
Quelle: ZDH
Der Handwerksverband befürchtet zusätzliche bürokratische Belastungen für kleine und mittlere Betriebe – besonders für solche ohne eigene Rechts- oder Personalabteilung. Mit dem neuen Gesetz würden arbeitsvertragliche Regelungen würden komplexer und die Vertragsfreiheit der Vertragspartner würde "erheblich" eingeschränkt. "Die Statuierung neuer rechtlicher Standards für die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bedeutet für die Betriebe nicht nur einen erheblichen Mehraufwand bei der Umsetzung der Neuregelungen, sondern führt oftmals auch zu großen Rechtsunsicherheiten in der betrieblichen Praxis", warnt der ZDH.
Ungenutzte Spielräume
Schon der europäische Gesetzgeber sehe mit der Richtlinie eine Erweiterung der Informationspflichten für die Arbeitgeber bei Abschluss und Änderung von Arbeitsverträgen vor. Der Vorschlag des Arbeitsministeriums gehe darüber noch hinaus und sehe noch einmal zusätzliche Pflichten vor. In der EU-Richtlinie werden die Mitgliedstaaten aber auch aufgefordert, finanzielle oder rechtliche Auflagen zu vermeiden, die die Gründung und den Ausbau von, kleinen und mittleren Unternehmen behindern könnten. Mit den zusätzlich vorgesehenen Informationspflichten komme das Arbeitsministerium dieser Aufforderung aber nicht nach. Dieser Übererfüllung stehe die nicht konsequente Ausnutzung der in der europäischen Richtlinie eingeräumten Flexibilitätsspielräume gegenüber.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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