Stimmungslage im Handwerk erhält Dämpfer
Starke Verunsicherung bei Mitgliedsbetrieben der Handwerkskammer Dortmund – das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage im Handwerk.
Die Stimmungslage im Handwerk hat durch den Ukraine-Krieg und die damit einhergehenden Preissteigerungen einen Dämpfer erlitten. Die aktuelle Geschäftslage schätzen 87 Prozent (Herbst 2021: 91 Prozent) gut bis zufriedenstellend ein. Im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe ist die aktuelle Stimmungslage gut (92 Prozent und 97 Prozent). Ganz anders sieht es bei den Personenbezogenen Dienstleistungen aus: Nur 56 Prozent bewerten ihre derzeitige Situation gut bis zufriedenstellend. Preissteigerungen gab es über alle Gewerke hinweg bei 70 Prozent der Unternehmen. Besonders stark fielen die Anpassungen im Nahrungsmittelgewerbe und im Ausbaugewerbe aus. Das sind die Ergebnisse der Frühjahrs-Umfrage zur Konjunktur im Kammerbezirk Dortmund. Der Auftragsbestand, der aktuell bei durchschnittlich 8,8 Wochen liegt, ist bei 28 Prozent der Betriebe rückläufig gewesen (46 Prozent gleichgeblieben, 26 Prozent gestiegen), ebenso der Gesamtumsatz (50 Prozent gleichgeblieben, 22 Prozent gestiegen). Mehr investiert haben seit letztem Herbst 24 Prozent der Unternehmen. Die Zahl der Beschäftigten ist bei 18 Prozent der Betriebe gesunken. Die Erwartungen zur Entwicklung der Geschäftslage im nächsten halben Jahr liegen mit 79 Prozent (Frühjahr 2021: 85 Prozent) sogar unter den Werten zu Zeiten der Pandemie-Hochphase in den vergangenen beiden Jahren.
Kammer-Präsident Berthold Schröder: "Die Umfrageergebnisse spiegeln die unsichere Lage wider, in der sich unsere Betriebe derzeit befinden. Nachdem sich die Situation zum Ende des Jahres etwas entspannt hatte, wird die Aufholdynamik der vorherigen Quartale durch den Ukraine-Krieg deutlich abgebremst. Angesichts der unvorhersehbaren wirtschaftlichen Entwicklungen fehlt den Betrieben die nötige Planungssicherheit, was wiederum zu deutlich verhaltenen Erwartungen für die kommenden Monate führt. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie sind zudem die finanziellen Polster vieler Handwerksbetriebe aufgebraucht und es bleibt wenig Spielraum, um weitere Härten abzufedern. Vor allem die Personenbezogenen Dienstleistungen, die schon während der Pandemie von Schließungen betroffen waren, sind aktuell stark belastet. Aber auch die Gewerke, die weitestgehend gut durch die Corona-Krise gekommen sind, wie das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe, erhalten durch Preissteigerungen bei Energie und Baustoffen einen Dämpfer. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die Corona-Pandemie noch nicht vorbei ist. Viele Betriebe haben mit Personalausfällen zu kämpfen, weil ihre Mitarbeiter*innen in Quarantäne müssen. Das verschärft die ohnehin angespannte Fachkräftesituation im personalintensiven Handwerk zusätzlich und führt zu längeren Wartezeiten."
Kreishandwerksmeister Christian Sprenger (KH Dortmund / Lünen): "Die vorliegenden Zahlenwerke und Umfrageergebnisse sind unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine und der nach wie vor präsenten Corona-Pandemie in diesem Jahr nur mit Vorsicht zu betrachten. Denn die wirtschaftliche Entwicklung unterliegt derzeit in Abhängigkeit von tagesaktuellen Ereignissen einer hohen Dynamik, die die Handwerksbetriebe in Dortmund und Lünen deutlich zu spüren bekommen. Wer heute noch eine gute Auftragslage vorweisen kann, muss möglicherweise schon morgen angesichts gestörter Lieferketten oder rasanter Materialpreisentwicklungen Aufträge stornieren oder Verluste verkraften. Langfristig kalkulierte Preise lassen sich unter Umständen nicht mehr halten und auch die oft diskutierte Preisgleitklausel wird zum wirtschaftlichen Bumerang, wenn Preise am Markt unerwartet sinken und Handwerksbetriebe Preisanpassungen vornehmen müssen. Außerdem sind Schwierigkeiten oder Irritationen bei der Preiskalkulation zu erwarten. Dies kann bei der Auftragsvergabe zu Überraschungen führen, bis alle Beteiligten mit der neuen Vergabe klarkommen. Die tatsächliche Belastung der Betriebe ist nach Einschätzung der KH Dortmund und Lünen aktuell hoch und die Geschäftslage dürfte nach unserer Einschätzung schlechter sein, als sie aus der Momentaufnahme einer Umfrage ablesbar ist. Für die Handwerksunternehmen der Region ist derzeit erstes Ziel, mehr Stabilität in ihre Betriebe zu bringen. Es gilt, Planungsunsicherheiten und Risiken zu vermeiden, Mitarbeiterbestände zu halten und Aufträge sicher abzuwickeln. Dabei sind die Gewerke mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Im Straßenbau ist der Diesel-Preis ein entscheidender Faktor, bei den Zimmerern die Lieferung von Holz und bei den Friseuren die Preisentwicklung für Energiekosten und Kosmetika. Über allem schwebt zusätzlich die Erhöhung des Mindestlohns im Oktober, der auch für eine Lohnspirale in anderen Gehaltsgruppen sorgen wird und im Fall des personalstarken Gebäudereinigerhandwerks sogar die komplette Tarifautonomie aushebelt. Unter dem Strich ist in diesen Zeiten eher an Konsolidierung als an Wachstum zu denken. An der Börse würden man von einer Seitwärtsbewegung sprechen. Trotzdem wird das Handwerk sich auch in diesem Jahr als ein Stabilitätsanker der Region erweisen und sich auch weiterhin seiner Ausbildungsverantwortung stellen, um möglichst vielen jungen Menschen eine sichere berufliche Perspektive bieten zu können. Denn wir wissen, welche großen Aufgaben in den kommenden Jahren mit der beschleunigten Energiewende in Deutschland dem Handwerk ins Haus stehen und, dass Fachkräfte weiterhin gebraucht werden."
Hintergrund Hintergrund Hier geht es zum ausführlichen Ergebnis der Konjunkturumfrage.
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Text:
Jana C. Mielke /
handwerksblatt.de
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