WorldSkills 2017: Abu Dhabi, wir kommen!
Kurz vor der Abreise haben die deutschen WorldSkills-Teilnehmer noch Station bei Samsung gemacht. Bei ihrem Sponsor präsentierte sich das Team im schicken Outfit des Berufsbekleiders CWS-boco.
Gehe ich zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse oder schaue ich beim WorldSkills-Team in Schwalbach vorbei? Dr. Thomas Schäfer ist die Entscheidung leicht gefallen. Der hessische Finanzminister schaut lieber in die Gesichter von 42 "lachenden, motivierten jungen Menschen", die zu den Berufsweltmeisterschaften nach Abu Dhabi fliegen.
Kurz vor ihrer Abreise haben sich die besten Fachkräfte aus Industrie, Handwerk und Dienstleistung bei Samsung, dem offiziellen Partner der deutschen Nationalmannschaft, im Taunus getroffen. "Sie sind Botschafter des deutschen Ausbildungssystems", appelliert Schäfer an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. "Mit ihren Leistungen können Sie dafür werben, dass man in Deutschland nicht nur toll studieren, sondern auch eine hochqualifizierende Ausbildung absolvieren kann."
Fabian fährt zur WM - der Rest der Firma drückt die Daumen
Einer von ihnen ist Fabian Böckeler. Mit seinem Start bei den WorldSkills setzt der junge Konditor eine Erfolgsgeschichte fort. Der Vater war Bundessieger im Praktischen Leistungswettbewerb. Der Bruder war Bundessieger. Im vergangenen Jahr hat Fabian Böckeler mit ihnen gleichgezogen. Nun setzt er noch einen drauf. Im Skill 32 wird er gegen 27 Spitzenkräfte aus aller Welt um Gold kämpfen. "Meine Familie fährt mit nach Abu Dhabi und wird mich dort unterstützen." Schließen müssen die Böckeler Confiserie- und Kaffeehausbetriebe im baden-württembergischen Bühl deshalb nicht. "Die Verantwortung liegt jetzt bei unseren Produktions- und Abteilungsleitern. Die werden das super machen", ist der 22-Jährige überzeugt. Das gesamte, 130 Mitarbeiter umfassende Team stehe hinter ihm – "als ob sie selbst auf die WM gehen würden".
Im Abu Dhabi National Exhibition Centre gilt es für die Konditoren, sechs Aufgaben in 16 Stunden zu meistern. "Das Niveau ist deutlich höher als beim Bundesleistungswettbewerb. Bei einer WM macht man in die Torte nochmal zwei Geschmäcker mehr rein und das Schaustück 30 bis 40 Zentimeter höher", umreißt Fabian Böckeler die Anforderungen. Entscheidend wird sein, die Uhr im Auge zu behalten und den Aufwand für die verschiedenen Aufgaben richtig einzuschätzen, damit möglichst viel Zeit für das Schaustück bleibt. Hinzu kommen die äußeren Umstände. "Keiner weiß, wie der Froster tickt, wie der Ofen arbeitet und wie die Tische sind."
Die Online-Wall der WorldSkillsAm liebsten würde Fabian Böckeler die WorldSkills mit der Goldmedaille verlassen. Doch die Konkurrenz ist stark. "Die Japaner sind extrem gut, genauso wie die Franzosen und Belgier." Mit einem Platz unter den ersten Zehn wäre er zufrieden, "brutal glücklich", wenn es fürs Treppchen reicht. Auf die Berufs-WM hat er sich gewissenhaft vorbereitet, sein Auslandsjahr bei der Confiserie Sprüngli in Zürich für drei Monate unterbrochen. "Seitdem hatte ich drei freie Tage. Ansonsten habe ich mich voll auf den Wettbewerb konzentriert." Ihm ist es wichtig, dass er sein Potenzial abrufen und am Ende mit sich zufrieden sein kann. Bei allem Ehrgeiz bleibt er ein fairer Sportsmann. "Auf der Welt gibt es immer ein paar Konditoren, die noch verrückter sind und coolere Ideen haben. Denen gönne ich dann auch den Sieg."
Erfahrungen der EuroSkills könnten von Vorteil sein
Tim Schuster hat in Abu Dhabi noch etwas gutzumachen. Im vorigen Jahr ist der Kälte- und Klimatechniker deutlich unter seinen Möglichkeiten geblieben. Bei den EuroSkills in Göteborg belegte er den achten von elf Plätzen. "Mir ist ein blöder Fehler unterlaufen, weil ich viel zu aufgeregt war und mich nicht richtig konzentriert habe", erklärt der 22-Jährige, der bei der R. + Ing. H. Beckmann GmbH in Haan beschäftigt ist. In der Vorbereitung auf die Berufs-WM hat er ein Mentalcoaching bekommen. Die Nerven dürfte er nun also unter Kontrolle haben. Dass er die Abläufe bei einem internationalen Wettbewerb schon kennt, könnte außerdem "ein riesiger Vorteil" werden.
Die Aufgabe im Skill 38: "Wir bekommen einen Motor mit verschiedenen Bauteilen und Rohrleitungen, die wir miteinander verbinden werden. Auf der einen Seite haben wir ein Becken mit Wasser, das gefrieren soll. In dem Becken auf der anderen Seite soll das Wasser erwärmt werden", beschreibt Tim Schuster das Wettbewerbsprojekt in groben Zügen. Wer vorne mit dabei sein will, wird auf Parallelität und Maßgenauigkeit achten müssen. Die Aufgabe bereitet ihm kaum Kopfzerbrechen, die starke Konkurrenz schon eher.
Die offizielle Seite der WorldSkills"Mein Konkurrent aus China wird seit sechs Jahren auf die WM vorbereitet", hat Tim Schuster im persönlichen Gespräch mit Zhiqinq Wu erfahren. Gegen die verschulte und stark spezialisierte Vorbereitung wird er seine Flexibilität und praktischen Erfahrungen der deutschen dualen Berufsausbildung in die Waagschale werfen. Er hofft, am Ende der Wettkampftage die entscheidenden Punkte für einen Platz ganz oben auf dem Podest zu sammeln. "In unsere Anlage werden zwei, drei Fehler eingebaut, die wir so schnell wie möglich finden und beheben müssen. Das ist meine Stärke. Da kann ich nochmal ordentlich Punkte holen."
Samsung will Digitalisierung in der Berufsbildung vorantreiben
Die Samsung Electronics GmbH ist offizieller Sponsor der deutschen Mannschaft. "Das Kernziel dieser Partnerschaft ist es, die Digitalisierung in der beruflichen Bildung voranzutreiben", begründet Deputy President Martin Börner das Engagement des koreanischen Elektronikriesen. Die Digitalisierung erfordere ein Umdenken und eine neue Lernkultur. So können Schreiner inzwischen hochkomplexe Formen auf ihrem Rechner darstellen oder ihre Kunden durch Visual Storytelling von den Produkten überzeugen. "Wer hätte gedacht, dass auch ein Handwerker sich einmal damit auskennen muss?"
Börner ist zuversichtlich, dass sich das deutsche WorldSkills-Team zwischen dem 14. und 19. Oktober gut schlagen wird. "Sie werden Botschafter ihres Berufs sein und ihn leidenschaftlich vertreten", gab der Deutschland-Chef von Samsung den 42 jungen Fachkräften mit auf den Weg in den Nahen Osten.
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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