Vorsicht Falle: Gewerbemietverträge besser immer schriftlich
Gewerbliche Miet- und Pachtverträge werden häufig nicht schriftlich sondern per Handschlag besiegelt. Das ist zwar erlaubt, kann aber erhebliche negative Folgen haben – für Mieter und Vermieter. Risiko oder Chance der vorzeitigen Kündigung.
Miet- und Pachtverträge können grundsätzlich auch durch eine mündliche Erklärungen zustandekommen. Wenn sie aber für eine längere Laufzeit als ein Jahr abgeschlossen werden, ist die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben. Hält man sich nicht daran, kann der Mietvertrag vom Vermieter oder Mieter jederzeit mit der gesetzlichen Frist (sechs Monate zum Quartalsende für Geschäftsräume) vorzeitig gekündigt werden - frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Vertragsbeginn. Auf diese Weise kann die in Gewerbemietverträgen häufig vereinbarte Mindest- bzw. Festlaufzeit von zehn oder 15 Jahren und länger unter Umständen ausgehebelt werden.
Was das für Verträge bedeutet
Halten die Parteien bei langfristigen Mietverträgen die erforderliche Schriftform nicht ein, besteht das Risiko aber auch die Chance - je nach Interessenlage - einer vorzeitigen Kündigung durch den Vermieter oder Mieter. Wer also bei längerfristigen Mietverträgen erreichen will, dass die vereinbarte Vertragsdauer tatsächlich rechtlichen Bestand hat, muss unbedingt dafür Sorge tragen, dass bei Vertragsabschluß die Schriftform im Sinne des Gesetzes gewahrt ist.
Anforderungen an den Miet-/Pachtvertrag
Wichtig ist, dass die Vertragsurkunde im Original vorliegt, d.h., mit Originalunterschriften. Ein Vertragsabschluß lediglich per Telefax oder E-Mail ist nicht ausreichend. Es empfiehlt sich außerdem, sämtliche Bestandteile des Mietvertrages (Textseiten, Flächen- und Grundrisspläne, Baubeschreibungen, Inventarverzeichnisse etc.) zu einer festen körperlichen Einheit zu verbinden (z.B. durch Ösen, Nieten oder Schnurbindung), so dass die Verbindung nur mit Gewalt bzw. unter Hinterlassung von Spuren der Gewaltanwendung wieder aufgelöst werden kann. Das Zusammenheften ("Tackern") der Vertragsurkunde genügt nicht, da die Heftklammer ohne Schwierigkeiten wieder entfernt werden kann. Fehlt eine feste körperliche Verbindung der einzelnen Vertragsteile, muss sich die Einheitlichkeit der Urkunde auf jeden Fall aber aus deren Gestaltung wie fortlaufender Nummerierung der Textseiten und der einzelnen Paragraphen, einheitlicher optischer Gestaltung und dem inhaltlichen Zusammenhang des Vertragstextes zweifelsfrei ergeben.
Vorsorgeklausel aufnehmen
Es ist dringend zu empfehlen, in jeden Mietvertrag eine Vorsorgeklausel aufzunehmen, wonach sich die Parteien verpflichten, nicht wegen Schriftformmängeln zu kündigen und alles zu tun, um erforderlichenfalls nachträglich die Formwirksamkeit herbeizuführen.
Der Nebenvertrag? Besser nicht!
Es kommt nicht selten vor, dass wesentliche Vertragsbedingungen nicht in die offizielle Mietvertragsurkunde selbst aufgenommen werden, sondern teilweise in einen Nebenvertrag (sogenannter Side-Letter) ausgelagert werden, der Dritten gegenüber nicht offengelegt wird. Davon ist dringend abzuraten. Diese Aufsplittung der einheitlichen mietvertraglichen Regelungen in zwei streng voneinander getrennte Vertragswerke führt dazu, dass die notwendige Einheitlichkeit der Mietvertragsurkunde eben gerade nicht mehr gegeben ist. Diese fehlende Einheitlichkeit wiederum zieht automatisch das Fehlen der erforderlichen Schriftform nach sich. Dieses Risikos müssen sich Vermieter und Mieter unbedingt bewusst sein, wenn sie bestimmte Punkte der getroffenen Vereinbarung der offiziellen Mietvertragsurkunde vorenthalten.
Nachverträge
Eine besondere Gefahr droht, wenn die Parteien einen bestehenden Mietvertrag durch Nachträge ergänzen oder abändern. Auch für Nachträge gilt uneingeschränkt das Schriftformerfordernis. In der Praxis wird hier jedoch häufig aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit nur eine mündliche Absprache getroffen oder die Nachtragsvereinbarung lediglich per Telefax abgeschlossen. Dies insbesondere bei geringfügigen Veränderungen eines bestehenden Mietvertrages (z.B. bei der weiteren Anmietung von kleinen Zusatzflächen oder Kfz-Stellplätzen) . Inhaltlich muss aus dem Text des Nachtrages klar hervorgehen, dass auf den Hauptmietvertrag und schon bestehende Nachträge Bezug genommen wird, und welche früheren vertraglichen Bestimmungen weiterhin gelten sollen.
Rechtsanwalt Wolfgang Nebel, Essen. Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft
Text:
Wolfgang Nebel /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben