Neuer Schutz für traditionelle regionale Handwerksprodukte
Regionale Produkte wie Schwarzwälder Kuckucksuhren oder Solinger Messer sollen bald besser geschützt werden, plant die EU-Kommission. Das Handwerk begrüßt, dass das Verfahren einfach und kostengünstig gestaltet wurde.
Die EU weitet den Schutz geografischer Angaben auf handwerkliche und industrielle Produkte aus. Am 3. Mai 2023 einigten sich die Mitgliedsstaaten auf ein Gütesiegel für regionale Handwerksprodukte. Dieses soll die Echtheit und Qualität garantieren und vor Fälschungen schützen. Dies teilten die EU-Staaten nach einer Einigung von Unterhändlern des Europaparlaments und der EU-Länder in der Nacht zum 3. Mai mit mitt. Parlament und EU-Staaten müssen der Einigung noch formell zustimmen.
Zuvor hatte der Rechtsausschuss im Europäischen Parlament den Verordnungsentwurf angenommen. Dies bietet Chancen für das regionale Handwerk, deren Produkte häufig auf besondere, traditionelle Weise hergestellt werden und damit ein wichtiger Teil der lokalen Kultur und Identität sind.
Für traditionelle handwerkliche Produkte wie geschliffene Natur- und Edelsteine, Schmuck, Textilien, Spitzen, Besteck, Glas sowie Keramik und Porzellan gibt es noch kein EU-weites System zum Schutz geografischer Angaben. Ein solches existiert bisher nur für den Wein-, Spirituosen- und Lebensmittelbereich sowie für landwirtschaftliche Produkte. Um die Wettbewerbsfähigkeit regionaler Hersteller zu stärken und der regionalen Wirtschaft Auftrieb zu geben, soll der Schutz nunmehr auch auf handwerkliche und industrielle Produkte ausgeweitet werden.
Mit langer Tradition und qualitativ hochwertig hergestellt
Denn auch traditionelle Handwerksprodukte, wie beispielsweise Schwarzwälder Kuckucksuhren, erzgebirgische Schwibbogen und Solinger Messer haben eine lange Tradition in den betroffenen Regionen und werden entsprechend jahrhundertelanger handwerklicher Verfahren qualitativ hochwertig hergestellt. Wegen der starken Verbindung von Handwerk, Kunst und Historie sind sie daher ebenso schützenswert wie vergleichbare landwirtschaftliche Produkte, etwa Nürnberger Lebkuchen und Schwarzwälder Schinken.
Eintragungsverfahren läuft zweistufig
Laut Kommission soll die Eintragung geografischer Angaben in einem zweistufigen Verfahren möglich werden: Die Hersteller müssen die Eintragung bei den benannten Behörden der Mitgliedstaaten beantragen, welche das nationale Einspruchsverfahren durchführen. Anschließend werden erfolgreiche Anträge zur weiteren Bewertung und Genehmigung an das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) weitergeleitet. Das EUIPO trifft daraufhin eine Entscheidung über die Gewährung oder Verweigerung des Schutzes.
Bei erfolgreicher Eintragung können Hersteller mit der geschützten geografischen Angabe und einem Logo auf der Produktkennzeichnung werben. Hersteller handwerklicher Produkte mit eingetragener geografischer Angabe werden dadurch in die Lage versetzt, ihre Produkte in allen Unterzeichnerländern der Genfer Akte über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) zu schützen. Wenn ein Mitgliedstaat kein nationales Bewertungsverfahren einrichtet, sollen Anträge auch direkt beim EUIPO gestellt werden können.
Fälschungen verhindern
Ziel der EU ist auch, das Vorgehen gegen gefälschte Produkte zu erleichtern, einschließlich solcher, die online verkauft werden. Aus Sicht des Handwerks ist zu diesem Zweck darüber hinaus der zwingende Herstellernachweis erforderlich, dass zumindest ein wesentlicher Produktionsschritt in dem geografischen Gebiet erfolgt. Nur so kann Missbrauch konsequent verhindert werden und der Schutz die Vermarktungschancen des regionalen Handwerks tatsächlich verbessern.
Handwerk ist zufrieden
Die Position des Europäischen Parlaments verbessere den Vorschlag zum Schutz geografischer Angaben für Handwerksprodukte wesentlich, freute sich Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH): "Gut ist vor allem, dass das Eintragungsverfahren einfach und für KMU mit geringen Kosten verbunden sein soll." Mit einer digitalen Eigenerklärung soll der Betrieb darüber informieren müssen, ob die jeweiligen produktspezifischen Anforderungen erfüllt werden. Handwerksbetriebe können sich bei allen Fragen rund um bestimmte Anforderungen an Produkte unterstützen lassen wie auch beim Nachweis, dass dieses Produkt die notwendige Verbindung zu einer bestimmten Region hat. Die neuen EU-Schutzmöglichkeiten würden ihnen somit ohne Hürden zur Verfügung stehen.
Die Definition "handwerklicher Erzeugnisse" soll vereinfacht und angepasst werden. Im Mittelpunkt steht danach die Herstellung von Hand oder mit Hilfe von manuellen oder digitalen Werkzeugen. "Das sorgt für mehr Rechtsklarheit und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Handwerksbetrieben", so der ZDH-Chef. "Insgesamt werden die Vermarktungschancen von Produkten verbessert, die nach bewährter Handwerkstradition in den bekannten Regionen hergestellt werden.
Auch eventuellem Missbrauch soll ein Riegel vorgeschoben werden: Die wesentlichen Herstellungsschritte für ein bestimmtes Produkt müssen demnach in einem abgegrenzten geografischen Gebiet stattfinden. "Das ist wichtig, um zu verhindern, dass geografische Angaben in betrügerischer Weise genutzt und dadurch tatsächlich schützenswerte Handwerksprodukte im Wettbewerb benachteiligt werden", betont Schwannecke. "Wir erwarten, dass diese Erfolge im weiteren Gesetzgebungsverfahren erhalten bleiben."
Gesetz noch in diesem Jahr
Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken erklärte: "Wie bei Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen können geografische Angaben für handwerkliche Produkte dann öffentlich registriert und damit geschützt werden. Ostfriesischer Blaudruck zum Beispiel darf sich dann nur noch nennen, was auch wirklich aus Ostfriesland stammt und dem traditionellen Herstellungsprozess folgt."
Quelle: ZDH
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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