Knappe Kassen gehen zu Lasten von Investitionen
Brandenburg rechnet nach der aktuellen Steuerschätzung mit deutlichen Mindereinnahmen. Auch die Kommunen müssen den Gürtel enger schnallen. Für die öffentliche Auftragsvergabe werden die Spielräume kleiner.
Die aktuelle Steuerschätzung für das Land Brandenburg lässt keine Zweifel aufkommen: Die künftige Landesregierung muss mit einem Sparhaushalt an den Start gehen. Gegenüber dem im Haushalt 2024 erwarteten Steueraufkommen ergeben sich für das laufende Jahr Mindereinnahmen in Höhe von rund 259 Millionen Euro. In den Jahren 2025 und 2026 errechnen sich im Vergleich zur Schätzung vom Mai 2024 für Brandenburg weitere Mindereinnahmen von rund 463,2 Millionen beziehungsweise 542,6 Millionen Euro. Die noch im Amt befindliche Finanzministerin Katrin Lange urteilt angesichts dieser Zahlen mit Blick auf die kommende Landesregierung: "Die Landespolitik wird ganz allgemein nicht umhinkommen, das Wünschenswerte stärker mit dem Machbaren zu vereinbaren und dabei klare politische Prioritäten zu setzen." Welche diese bei der notwendigen Sanierung und Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur sein werden, müssen die kommenden Monate zeigen.
Brandenburger Handwerk fordert sofortige Investitionen
Schon vor Wochen warnte Robert Wüst, Präsident des Handwerkskammertages Brandenburg, angesichts der klammen Haushaltskassen vor den Folgen: "Schon jetzt fehlt vielen brandenburgischen Kommunen das Geld, längst überfällige Investitionen für Bau und Infrastruktur umzusetzen. Die Unsicherheiten beim Landes- und Bundeshaushalt erschweren die Situation zusätzlich. Besonders unsere Betriebe im Bau- und Ausbaugewerbe, die ohnehin vom Einbruch beim Wohnungsneubau betroffen sind, leiden unter der Verzögerung öffentlicher Projekte. Wenn Brandenburg als Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig bleiben möchte, müssen die Investitionen in Infrastruktur, Energieeffizienz und Digitalisierung jetzt erfolgen. Ohne verlässliche finanzielle Planungssicherheit drohen nicht nur Verzögerungen bei wichtigen Bauprojekten, sondern fehlen auch Aufträge für regionale Handwerksbetriebe. Das Handwerk ist das Rückgrat der brandenburgischen Wirtschaft. Wir brauchen deshalb mehr staatliche Investitionen in die oft marode Infrastruktur, Vereinfachungen im Baurecht und beschleunigte Genehmigungsverfahren, um die Baukonjunktur wieder anzukurbeln."
Haushaltspläne für 2025
In den brandenburgischen Kommunen wird in den kommenden Wochen über die Haushaltspläne für das Jahr 2025 entschieden. Sicher ist: Auch die Landkreise und kreisfreien Städte müssen mit ihren Mitteln noch stärker haushalten. "Wie bei allen öffentlichen Infrastruktur-Baulastträgern – Hoch- und Tiefbau – wird die Haushaltssituation auch für den Landkreis Havelland in den nächsten Jahren erheblich schwieriger als bisher", sagt beispielsweise Martin Kujawa, Pressesprecher des Landkreises Havelland. "Daher gilt es, den schmalen Mittelweg zwischen Instandhaltung/Instandsetzung und Neuinvestitionen zu finden." Im Landkreis Havelland stehen u. a. aktuell der Neubau eines Gymnasiums in Wustermark und Schulerweiterungen in Nauen, Friesack und Rathenow auf der Investitionsliste.
Haushaltssperre verhängt
Der Landkreis Märkisch-Oderland hat bereits in diesem Jahr eine Haushaltssperre verhängen müssen. "Der Landkreis wird mit all seinen Möglichkeiten den Haushalt 2025 vorbereiten, und wir werden nicht um Entscheidungen umhinkommen, uns von gewünschten Projekten und Ausgaben zu verabschieden", so Kämmerer Rainer Schinkel. Im Landkreis sollen dennoch zwei neue Schulen in Strausberg und in Altlandsberg sowie ein neues Feuerwehrtechnisches Zentrum errichtet werden.
"Sämtliche kommunalen Haushalte stehen derzeit vor großen Herausforderungen", heißt es auch aus der Stadtverwaltung Frankfurt (Oder) auf Anfrage des Deutschen Handwerksblatts. In der Oderstadt soll die Flussinsel Ziegenwerder bis 2028 umfangreich umgestaltet werden. Allerdings vorbehaltlich einer Förderung im Umfang von 2,9 Millionen Euro. Auch der Neubau der Brücke Markendorfer Straße wird bis Ende 2025 eine Großbaustelle in Frankfurt bleiben. In die Universitätsstadt Cottbus fließen zwar umfangreich Mittel für den Strukturwandel. Gleichzeitig liegt der Investitionsstau in der sozialen und verkehrlichen Infrastruktur der Stadt mittlerweile bei gut einer Milliarde Euro.
Und so wirkt sich die Unsicherheit über die künftigen finanziellen Spielräume im Land und in den Kommunen unmittelbar auf die Auftragslage des Handwerks aus. "Der ein oder andere Kollege sorgt sich schon, ob angesichts der knappen Kassen die öffentlichen Vorhaben noch wie geplant umgesetzt werden", sagt Mathias Borchert, Obermeister der Elektro-Innung Ostprignitz-Ruppin. Die Auftragslage sei zwar noch gut, wenn auch nicht mehr auf dem Niveau wie etwa noch vor zwei Jahren. Für das Elektro-Handwerk bieten sich aber etwa durch den Aufbau der Ladesäulen-Infrastruktur, der Digitalisierung oder den Ausbau der Erneuerbaren Energien auch neue Geschäftsfelder. Auch Hanno Büttner, Obermeister der Elektroinnung Oderland, sieht gegenwärtig noch eine gute Auftragslage. Viele Betriebe in der Innung kämen aufgrund ihrer geringen Größe für öffentliche Aufträge aber auch nicht in Frage, so Büttner. Für Innungsobermeister Andreas Schumann von der Baugewerbeinnung Elster-Spree liegt in der Finanzierung der öffentlichen Projekte bei weitem nicht das einzige Problem. Vielmehr schreckten immer mehr Handwerksbetriebe angesichts überbordender Bürokratie und langwieriger, unkalkulierbarer Bewilligungsverfahren vor der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ohnehin zurück.
Die Steuereinnahmen sprudeln bereits im laufenden Jahr nicht wie gewünscht - die Landesregierung rechnet mit Mindereinnahmen in Höhe von 259 Millionen Euro. Auch für die kommenden Jahre sehen die Prognosen eher schlecht aus.
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Text:
Karsten Hintzmann /
handwerksblatt.de
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