"Handwerkspolitik ist eine Daueraufgabe"
Der nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Handwerksminister Garrelt Duin spricht mit dem DHB über den von der Landesregierung erstmals veröffentlichten Handwerksbericht.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat zum ersten Mal einen Handwerksbericht veröffentlicht und gibt damit einen Überblick über die Fördermaßnahmen für das Handwerk in NRW. Demnach stellte das Land im vergangenen Jahr etwa 20 Millionen Euro an eigenen Mitteln und Geldern der Europäischen Union für die Förderung des Handwerks bereit. Der Bund beteiligte sich mit mehr als 18 Millionen Euro. Insgesamt wurden 49 Maßnahmen mit Gesamtkosten in Höhe von rund 74 Millionen Euro unterstützt. Der Eigenanteil des Handwerks lag bei etwa 36 Millionen Euro. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sprach mit dem DHB über den Bericht.
Herr Duin, mit dem Handwerksbericht gibt die Landesregierung erstmals einen Überblick über die Maßnahmen für das Handwerk in Nordrhein-Westfalen. Im Mai ist die Landtagswahl. Starten Sie mit dem Bericht den Wahlkampf im Handwerk?
Duin: Handwerkspolitik ist eine Daueraufgabe, die sich nicht an Legislaturperioden orientieren sollte. Mit dem Handwerksministerium haben wir in Nordrhein-Westfalen einen politischen und institutionellen Schwerpunkt gesetzt. Der ressortübergreifende Bericht dokumentiert nun erstmals die vielen Politikbereiche, die für das Handwerk relevant sind. Gleichzeitig belegen die Zahlen den hohen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Stellenwert des Handwerks für NRW. Wir wollen detailliert und an Fakten orientiert zeigen, dass Handwerkspolitik mehr ist als Handwerksrecht und -förderung. Der Bericht bildet die Grundlage dafür, die Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem Handwerk ganzheitlich zu betrachten und das gemeinsame Verständnis für unser Tun zu schärfen. In den kommenden Jahren soll er fortgeschrieben und inhaltlich weiterentwickelt werden.
Laut dem Bericht hat die Landesregierung mit 38,1 Millionen Euro aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln 49 Maßnahmen, von denen viele konkret auf das Handwerk ausgerichtet waren, gefördert. Welche Maßnahmen waren die erfolgreichsten?
Duin: Ein herausragendes Beispiel ist die Meistergründungsprämie, die es seit 1995 gibt. Alleine zwischen 2007 und 2015 wurden rund 5.500 Fälle mit etwa 22.000 Arbeitsplätzen gefördert. Ein weiteres Erfolgsbeispiel sind die Bildungsstätten des Handwerks. In 2015 konnten wir die Fachkräfteausbildung im Dualen System mit über sieben Millionen Euro unterstützen. Insgesamt hat das Wirtschaftsministerium im vergangenen Jahr rund elf Millionen Euro Fördermittel bereitgestellt, das Arbeitsministerium weitere acht Millionen Euro.
Gab es auch Flops?
Duin: Mir sind keine Flops bekannt. Wir stimmen unser Handeln im Rahmen der Handwerksinitiative eng mit dem Handwerk ab, um stets bedarfsgerecht zu fördern.
Den Technologie-Transfer-Ring Handwerk NRW und den Innovationsgutschein Handwerk NRW gibt es seit dem letzten Jahr nicht mehr. Im Bericht kündigt die Landesregierung an, die Inhalte mit einer neuen Maßnahme aufzunehmen, in der es auch um Digitalisierung gehen soll. Gibt es schon konkrete Pläne für diese Maßnahme und deckt diese auch die Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Wissenschaft ab?
Duin: Wir haben unsere Förderarchitektur im Dialog mit dem Handwerk umgestellt. Die Anträge des Handwerks für ein Nachfolgekonzept zum Technologie-Transfer-Ring Handwerk liegen bereits vor. Zentrales Thema soll dabei die Digitalisierung sein. Die neuen Strukturen sind also noch in der Entstehung.
Die Enquete-Kommission zur Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW soll neue Impulse setzten. Ist eine neue Handwerksinitiative in Sicht, die auch das Thema der der Entbürokratisierung und einen vereinfachten Zugang der Handwerksbetriebe zu Fördermaßnahmen in Aussicht stellt?
Duin: Der Landtag NRW arbeitet intensiv und mit großem Einsatz an den aktuellen Fragen, die sich handwerkspolitisch stellen. Die Landesregierung sieht den Ergebnissen mit großem Interesse entgegen. Für den Haushalt des Wirtschaftsministeriums habe ich für die Jahre 2018 bis 2020 zusätzlich eine Million Euro beantragt, um Vorschläge der Enquete-Kommission auch umzusetzen zu können. Vor diesem Hintergrund wird auch die Zusammenarbeit mit dem Handwerk in der Handwerksinitiative fortgesetzt.
Nach welchen Kriterien bestimmen die einzelnen Ministerien die Bereiche, in die Fördergelder fließen sollen?
Duin: Jedes Ressort ist entsprechend seiner Aufgaben in der Geschäftsverteilung der Landesregierung und nach seinen politischen Schwerpunkten tätig. Ausschlaggebend ist, dass wir mit dem Handwerk gemeinsam Maßnahmen entwickeln, die das Handwerk selbst als sinnvoll und richtig ansieht.
Ihr Ministerium hatte 2015 den kleinsten Anteil bei den Ausgaben im Landeshaushalt im Vergleich mit den übrigen Ministerien. Das ist laut Haushaltsplan auch in diesem Jahr so – der Prozentsatz ist von 1,25 Prozent im Jahr 2015 auf 0,81 Prozent 2016 gefallen. Das nordrhein-westfälische Handwerk sieht mit Sorge auf den seit Jahren schwindenden Stellenwert des Wirtschaftsministeriums. Wünschen Sie sich manchmal mehr Landesmittel, um mehr Einfluss nehmen zu können?
Duin: Solche Klagen aus dem NRW-Handwerk habe ich nicht gehört. Der Stellenwert eines Ministeriums bemisst sich nicht nach seinen Ausgaben. Die große wirtschaftliche Bedeutung Nordrhein-Westfalens ist unbestritten. Die Landesregierung arbeitet über Politikfelder hinweg an gemeinsamen Herausforderungen wie der digitalen Transformation, dem demographischen Wandel und der Energiewende. Diese Aufgaben erfordern ein koordiniertes Handeln aller Ressorts. In der Rückschau ziehe ich ein sehr positives Fazit unserer Arbeit und ich wünsche mir, dass wir diesen Weg auch in Zukunft weiter gehen – mit dem nordrhein-westfälischen Handwerk.
Die Fragen stellte Lars Otten.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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