Handwerks-Unternehmer: So erhöhen Sie den Firmenwert
Verkäufer möchten für ihr Unternehmen einen optimalen Preis erzielen. Doch die Vorstellungen über den Preis liegen häufig weit auseinander. Mit einer gezielten und systematischen Vorbereitung kann jeder Handwerks-Unternehmer den Firmenwert und damit den Preis gezielt steigern.
Unternehmer machen es wohl nur einmal in ihrem Leben – ihr Unternehmen zu verkaufen. Meistens dann, wenn es um die Absicherung des Ruhestandes geht, falls es nicht innerhalb der Familie als Erbe weitergereicht wird. Gerade beim Verkauf steht der Chef vor dem schwierigsten Problem: einen angemessenen Preis für sein Lebenswerk zu finden. "Natürlich sind Steuerberater und Rechtsanwälte bei der Verkaufsabwicklung unverzichtbare Experten", sagt Unternehmensberater Wolter Classen aus Essen. "Aber bei der Suche nach dem richtigen Kaufinteressenten sind sie oft überfragt."
Ein wichtiger Punkt, denn ein erfahrener Unternehmensmakler kann schon in der Vorbereitungsphase durch den passenden Interessenten dafür sorgen, den höchsten Kaufpreis herauszuholen. Classen: "Das ist bei Interessenten der Fall, die in der gegenwärtigen Situation den größten Nutzen aus der Übernahme ziehen." Und die Chancen, das Unternehmen zu verkaufen, stehen gut. Käufer sind Private-Equity- oder Investmentgesellschaften, aber auch mittlere und größere inhabergeführte Unternehmen.
Am Anfang steht die Analyse
Ohne eine gründliche Ist-Analyse läuft natürlich gar nichts. Dabei geht es um eine Standortbestimmung des Unternehmens, der Branche sowie die zukünftigen Chancen und Risiken. Auch das persönliche Umfeld des Betriebsinhabers gehört unter die Lupe genommen. Für den Verkauf sind aber viele Punkte wichtig.
Etwa die Inhaberabhängigkeit, wenn ausschließlich der Chef sich um Schlüsselkunden gekümmert hat. Classen: "Schon zwei Jahre vor dem eigentlichen Verkauf gilt es, den Chef erfahrene, loyale und leistungsfähige Vertriebsmanager zu Seite zu stellen, die ihn später ablösen – und zwar ohne, dass die Marktstellung des Unternehmens darunter leidet." Ähnliches gilt, wenn der Chef sich stark in die Produktion und die Produktentwicklung eingebracht hat: schrittweise die Aufgaben auf fähige Mitarbeiter übertragen.
Genauso wichtig ist es, die Schlüsselmitarbeiter im Unternehmen zu halten und ihre Mitarbeit auch nach einem Verkauf zu sichern. "Die Mitarbeiter sollten rechtzeitig über die Verkaufsabsichten informiert und über eine vertrag vereinbarte Prämie am Verkaufspreis beteiligt werden", rät Classen. Die Auszahlung der Prämie sollte aber in zwei Stufen erfolgen. Eine Alternative ist es, hinter jeder Schlüsselkraft eine Nachwuchskraft aufzubauen. "Die kann sich durch anspruchsvolle Projektaufgaben Fach- und Führungskompetenzen erwerben."
Kaufpreis: Immobilie, Personal, Betriebsausstattung
Daran können potenzielle Käufer sehen, dass auch nach dem Weggang des Chefs das Schiff auf gutem Kurs bleiben kann. So gehört in die Verkaufsunterlagen auch eine Übersicht über die Personalstruktur, inklusive Alter, Aus- und Weiterbildungstand sowie eventuelle Pensionsverpflichtung und vertraglich festgelegte, übertarifliche Leistungen.
Nicht nur das Personal, sondern auch die Immobilie und natürlich die Betriebsausstattung sind für den Kaufpreis entscheidend. So gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Firmenwert zu ermitteln und in Euro zu nennen. Was aber erst deutlich wird, wenn der potenzielle Käufer tiefer gräbt, ist der Standard, den diese Zahlen repräsentieren. Also Fragen nach dem Alter des Maschinen- oder des Fuhrparks, ob es Investitionsstaus gibt oder das Unternehmen auch wirklich zeitgemäß ausgestattet ist.
Die Palette muss stimmen
Grundsätzlich gehört auch das Produkt- und Dienstleistungsangebot auf den Prüfstand. Deren Attraktivität beeinflusst ebenfalls den Preis. "Wer serienreife, auf die Marktfähigkeit hin überprüfte und patentgeschützte Neuentwicklungen hat, ist beim Verkauf fein raus." Der Essener Unternehmensberater weiß aus der Erfahrung, dass sich Käufer genau den Produktzyklus und das Alter genau anschauen. Schließlich ist ein wichtiges Kriterium, in welcher Phase sich Produkte befinden und wie viel Neuprodukte zum Betriebsergebnis beitragen.
Tödlich ist die Abhängigkeit von Großkunden. Je breiter die Kunden gestreut sind, desto besser für den Preis. Wer dennoch große Kunden hat, sollte im Vorfeld langfristige Verträge abschließen, die auch nach dem Verkauf des Unternehmens den Kunden als Abnehmer binden.
Mehr dazu: Portal für die Unternehmensnachfolge und Existenzgründung des Bundeswirtschaftsministeriums
Mit in die Mappe für den Unternehmensverkauf gehört die Standortbeurteilung. Wege zum Kunden, das regionale Umfeld, der Zugang zum Arbeitsmarkt sind für Käufer ebenfalls Argumente, den Preis zu drücken - wenn das alles nicht so stimmig ist, wie es sein sollte. Hinzu kämen oft noch verschärfte Umweltauflagen. Die mögliche Erweiterung des Betriebes oder eine Standortverlagerung sollte daher immer offen bleiben.
Käufer schauen ganz genau hin, wie sich die Firma im Wertbewerb positioniert
Gut haben es natürlich die Unternehmen, denen Produkte oder Dienstleistungen eine Alleinstellung im Markt sichern. Schließlich schauen Käufer auch ganz genau hin, wo und wie sich die Firma im Wertbewerb positioniert – egal, ob der Betrieb lokal, regional, überregional oder sogar über die Landesgrenzen hinaus agiert. "Wichtig ist es Marktnischen oder spezielle Marktsegmente, in denen das Unternehmen erfolgreich tätig ist, herauszuarbeiten, und realistische Zukunftsperspektiven aufzuzeigen", rät Classen.
Tatsächlich sind Käufer von kleinen und mittleren Unternehmen vor allem am Kundenstamm, an Patenten oder dem betriebsnotwendigen Anlagevermögens interessiert. "Interesses an der Übernahme aller Aktiva ist in der Regel erst ab einer bestimmten Größenordnung gegeben," sagt Wolter Classen. "Um in diesen Fällen den Verkauf zu erleichtern, bietet sich an, die Gesellschaft vor dem Verkauf in eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft aufzuspalten."
Damit ist eigentlich klar: Ein Firmenverkauf ist viel mehr als nur die Unterschrift auf einem Stück Papier. Unternehmer machten leider immer wieder den Fehler, den Firmenverkauf zu unterschätzen. Bei 60 bis 70 Prozent aller Fusionen haben sich die Vorstellungen der Käufer nicht erfüllt – weshalb potenzielle Übernehmer heute hingehen und so genannten Due-Dilligence-Studien erstellen lassen. Ein neudeutscher Ausdruck dafür, alles genau unter die Lupe zu nehmen und die Folgen einer Übernahme oder eines Kaufs möglichst exakt voraussagen zu können. Käufer gehen daher immer häufiger dazu über, den Unternehmer auch nach dem Kauf vertraglich an den Betrieb zu binden. Classen: "Damit soll der reibungslose Übergang an den Käufer sichergestellt werden."
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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