Entsenderichtlinie: Lob und Kritik aus dem Baugewerbe
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB, kritisiert die Neuregelung zur Entsenderichtlinie. Die Baugewerblichen Verbände sehen in der neuen Richtlinie einen Schritt in die richtige Richtung.
Die neuen Regelungen seien in der Praxis schwer zu kontrollieren, sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), zu den Beschlüssen des EU-Ministerrats zur Neuregelung der Entsenderichtlinie. "Ursprünglich war es Ziel der Entsenderichtlinie, den 'Arbeitnehmern ein Mindestmaß an Schutz' zukommen zu lassen. Nun sollen neben dem Mindestlohn weitere Vergütungsbestandteile in die Richtlinie einbezogen werden." Dies stünde dem ursprünglichen Ziel der Richtlinie entgegen.
"Wir stellen in der Praxis fest, dass der Zoll und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) bereits heute nicht in der Lage sind, die Einhaltung des Mindestlohns flächendeckend zu kontrollieren. Wie wird das erst aussehen, wenn die FKS die Einhaltung weiterer Vergütungsbestandteile wie zum Beispiel Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge kontrollieren soll? Wir sind sehr dafür, dass entsandte Arbeitnehmer zu denselben Lohnkosten auf deutschen Baustellen arbeiten wie unsere heimischen Facharbeiter." Da aber die Sozialabgaben wie auch die Steuerbelastung für ausländische Arbeitnehmer weiterhin deutlich niedriger seien als für deutsche Beschäftigte, würde dieser Zustand auch mit der geänderten Entsenderichtlinie nicht erreicht werden.
Einigkeit bei der Ablehnung der Dienstleistungskarte
Wer eine wirkliche Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer am Bau erreichen und damit Lohndumping und unfairem Wettbewerb effektiv Grenzen setzen will, müsse sich für die von der EU-Kommission jetzt vorgelegte Neuregelung der Entsenderichtlinie einsetzen, fordert Lutz Pollmann, Hauptgeschäftsführer der Baugewerblichen Verbände. Er würde am liebsten sogar über die aktuelle Vorlage hinausgehen: Eine tatsächliche Gleichbehandlung für alle Anbieter von Bauleistungen am Markt machten es erforderlich, Sozialleistungen wie Krankenkassenbeiträge oder den Arbeitslosenbeitrag in die Entsenderichtlinie einzubeziehen. Erst dann würden aus dem Ausland entsandte Beschäftigte wirklich zu denselben Kosten auf deutschen Baustellen arbeiten wie die heimischen Mitarbeiter und die konkurrierenden Unternehmen hätten vergleichbare Kalkulationsgrundlagen.
Schon heute seien Zoll und Finanzkontrolle Schwarzarbeit wegen Personalmangels nicht in der Lage, die Einhaltung des Mindestlohns oder zum Beispiel Scheinselbstständigkeiten flächendeckend zu überwachen. Die Ausweitung der Entsenderichtlinie würde demnach die Behörden vor noch größere Vollzugsprobleme stellen, sofern nicht die mehrfach zugesagte Aufstockung der Mitarbeiterzahl endlich umgesetzt werde, so Pollmann. Eine klare Absage erteilen die Baugewerblichen Verbände dagegen der Absicht der Europäischen Kommission, eine elektronische Dienstleistungskarte einzuführen. "Wenn die EU-Kommission den Schutz entsandter Arbeitnehmer wirklich ernst meint, sollte sie die geplante Dienstleistungskarte zumindest für die Baubranche nicht weiter verfolgen", stimmt Pakleppa zu. Hiermit werde der Scheinselbständigkeit und damit dem Unterlaufen von Mindeststandards Tor und Tür geöffnet.
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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