Digitale Angebote im Handwerk: Hat die Branche den Anschluss verpasst?
Auf der Baustelle bezahlen, auf einem Portal den Baufortschritt anschauen oder Termine online buchen: Nur wenige Handwerksbetriebe setzen auf digitale Lösungen, so das Ergebnis einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Kunden wären offen für mehr digitale Services.
Die Wand ist gestrichen, die Heizung gewartet, die neue Leuchte verkabelt: jetzt einfach die EC-Karte ans Lesegerät halten oder die Handwerker-Rechnung über einen Online-Bezahldienst begleichen? 13 Prozent aller Kundinnen und Kunden in Deutschland hat so schon einmal die Handwerkerleistung bezahlt. Mehr als ein Drittel zwar noch nicht, könnte es sich aber durchaus vorstellen (37 Prozent).
Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die anlässlich der Internationalen Handwerksmesse durchgeführt wurde. Das heißt laut Bitkom auch: Digitale Services würden im Handwerk im Vergleich zu anderen Branchen noch eher selten genutzt: Den Termin beim Handwerksbetrieb hat laut der Umfrage erst jede und jeder Elfte schon einmal online gebucht (neun Prozent), ein Viertel der Deutschen kann sich vorstellen, dies in Zukunft zu tun (27 Prozent).
Nastassja Hofmann ist Referentin Digitale Transformation beim Bitkom. Foto: © BitkomEbenso viele (25 Prozent) halten es für denkbar, ein Angebot zur digitalen Dokumentation der Arbeitsschritte zu nutzen – also beispielsweise statt eines Besuchs auf der Baustelle in einem Online-Portal Fotos des Baufortschritts zu begutachten. Wahrgenommen haben eine solche Möglichkeit bisher erst acht Prozent der Deutschen.
"Tradition, Vertrauen und persönliche Beratung spielen im Handwerk nach wie vor eine große Rolle. Dabei bieten digitale Services viele Vorteile: Online-Terminbuchungen reduzieren den administrativen Aufwand, digitale Zahlungsmethoden beschleunigen den Zahlungsprozess", sagt Nastassja Hofmann, Expertin für die Digitalisierung im Handwerk beim Bitkom. Angesichts des Fachkräftemangels könnten digitale Prozesse helfen, Ressourcen besser zu nutzen und den Arbeitsalltag zu erleichtern.
Eher selten: Die Beratung per Videochat
Ein noch eher weniger genutztes Angebot im Handwerk ist zum Beispiel die Beratung über digitale Kanäle: Die Möglichkeit, den Handwerksbetrieb zum Beispiel per Videochat um eine Einschätzung oder schnell per Messenger um eine Produktempfehlung zu bitten, hat nur jede und jeder Zwanzigste bis jetzt genutzt, etwa jede und jeder Sechste kann es sich immerhin für die Zukunft vorstellen.
Für zwei von zehn der Befragten wäre außerdem eine Visualisierung von Bauvorhaben mittels AR oder VR, also beispielsweise das Ansehen eines Modells mittels einer VR-Brille, denkbar.
In Erwägung ziehen würden einige Kundinnen und Kunden eine Live-Übertragung von Handwerksarbeiten, beispielsweise per Webcam: Jede und jeder Achte könnte es sich für künftige Projekte vorstellen.
Hat das Handwerk den Anschluss verpasst?
Insgesamt findet die Hälfte, dass Handwerksbetriebe oft noch viel zu analog arbeiten. Im Vergleich zu anderen Branchen wird das Handwerk bei der Digitalisierung von den Befragten auch eher am hinteren Ende eingeordnet. 42 Prozent sehen die Handwerksbranche im Mittelfeld, während jede und jeder Fünfte sie unter den Nachzüglern verortet.
Ebenfalls ein Fünftel sagt sogar, die Branche hätte den Anschluss verpasst (22 Prozent) – unter den Vorreitern sieht sie nur etwa eine von zehn Personen (neun Prozent), an der Spitze sogar nur eine aus fünfzig (zwei Prozent).
In einer Sache sind sich sieben von zehn Deutschen aber weitestgehend einig: Die Digitalisierung kann das Handwerk als Arbeitgeber attraktiver machen (70 Prozent). "Wir befinden uns in Zeiten eines Fachkräftemangels, der auch das Handwerk stark betrifft. Vor diesem Hintergrund muss die Branche vor allem jungen Menschen zeitgemäße Anreize für die Berufsentscheidung bieten, um den eigenen Fortbestand zu gewährleisten", sagt Hofmann. "Insgesamt gilt: Wer frühzeitig in Digitalisierung investiert, sichert sich langfristig eine stärkere Marktposition".
Quelle: Bitkom
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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