Bestatter darf gegen den Friedhofszwang protestieren
Ein Berliner Bestatter geht mit zwei Protest-Plakaten gegen die Bestattungspflicht vor. Ein Konkurrent verlangte, dass sie abgehängt werden. Das Kammergericht sah das aber anders. Die Plakate dürfen bleiben.
Die Protestplakate eines Berliner Bestatters und Aktivisten gegen den Friedhofszwang sind keine wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung, urteilte das Kammergericht Berlin. Es hob damit eine einstweilige Verfügung des Landgerichts auf. Die Plakate seien eine politische Kampagne, keine geschäftliche Aktion, stellten die Richterinnen und Richter klar. Dass ein Unternehmer sie aufgehängt habe, genüge nicht für einen Wettbewerbsverstoß.
Der Fall
In Deutschland gilt grundsätzlich Friedhofszwang, das heißt, eine Urne muss auf einem Friedhof oder einem offiziell zugelassenen Ort beigesetzt werden. In anderen Ländern wie etwa den USA, der Schweiz oder den Niederlanden dürfen Angehörige die Asche unter bestimmten Bedingungen mit nach Hause nehmen.
"Ich gebe die Asche raus und das ist auch gut so!", steht auf einem der Plakate, mit denen Bestatter Trix Hübschmann in Berlin gegen die deutsche Bestattungspflicht protestiert. Das zweite Plakat zeigt eine Urne vor einem Kleinkind mit dem Slogan: "Mein Papi kommt nach Hause!"
Ein Konkurrent beantragte erfolgreich beim Landgericht Berlin II eine einstweilige Verfügung, um diese Aktion verbieten zu lassen. Er war der Meinung, die Plakate seien irreführend und dienten der geschäftlichen Werbung für Hübschmann. Dieser legte Widerspruch ein.
Das Urteil
Das Kammergericht hob die einstweilige Verfügung auf und gab Hübschmann Recht. Die Plakate seine keine irreführende – und deshalb unzulässige – geschäftliche Handlung nach § 5 UWG, stellte es klar. Die Plakataktion sei schon keine "geschäftliche Handlung" in diesem Sinne des Wettbewerbsrechts. Eine Handlung sei nur dann geschäftlich, wenn sie Verbraucher beeinflussen soll, ein Produkt zu kaufen. Verfolge der Aufruf andere Ziele, etwa weltanschauliche oder politische, fehle es an diesem nötigen objektiven Zusammenhang.
Bei den Protestplakaten sei nicht erkennbar, wer für sie verantwortlich sei. Auch bestehe kein auf Anhieb erkennbarer Bezug zu Hübschmanns Bestattungsunternehmen, erklärte das KG. Nur der Hashtag "#DuBistDerBestimmer" sei deutlich erkennbar gewesen. Daraus folge aber auch kein Bezug zu Hübschmanns Firma. Durch die Protestplakate würden Betrachter nur veranlasst, den Hashtag zu besuchen.
Auch ein TikTok-Video, in dem der Bestatter ankündigte, dass er das Plakat bald vor dem Betrieb seines Konkurrenten aufhängen werde, hält das KG für unproblematisch. Der Beitrag enthalte keine konkreten geschäftlichen Aussagen und sei für sich genommen zu vage, um als Werbung gewertet zu werden.
Irreführung ja, aber ohne Belang
Allerdings würden die Plakate Verbraucher in die Irre führen, was das brandenburgische Bestattungsrecht angehe: Entgegen den Behauptungen des Plakats sähe es eine Aushändigung an Angehörige nicht grundsätzlich vor, so das Urteil des KG. Da es sich aber um keine geschäftliche Handlung handelte, war der tatsächlich irreführende Inhalt der Plakate mit dem falschen Hinweis auf die Rechtslage in Brandenburg ohne Bedeutung.
Kammergericht Berlin, Urteil vom 18. Februar 2025, Az. 5 U 18/24
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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