Meisterbetriebe überleben länger
Wichtige volkswirtschaftliche Gründe sprechen für die Ausweitung der Meisterpflicht. Zu dem Ergebnis kommen Wissenschaftler in einer Studie zur Novellierung der Handwerksordnung.
Meisterbetriebe bleiben länger am Markt. Die Meisterpflicht als qualifikationsbedingte Berufszugangsreglementierung habe großen Anteil daran, dass sie länger überleben. Außerdem minimiert sie schädliche Preis- und Qualitätsentwicklungen und fördert den Verbraucherschutz. Das ist das Ergebnis des Gutachtens von Alexander Haucap und Alexander Rasch vom Düsseldorfer Institute for Competition Economics der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. In Auftrag gegeben hatte es der Zentralverband des Deutschen Handwerks.
"Ökonomische Aspekte der Novellierung der HwO 2004" lautet der Titel des Gutachtens. Sie untersucht unterschiedliche ökonomische Aspekte der Liberalisierung der Handwerksordnung. Im Rahmen der Liberalisierung standen Fragen eines vereinfachten Marktzutritts im Fokus. "Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, die grundsätzlichen ökonomischen Wirkungsmechanismen sowie die Anreize der verschiedenen Marktteilnehmer zu diskutieren", heißt es in dem Gutachten.
Die beiden Wissenschaftler unter Berücksichtigung der speziellen, ökonomischen Merkmale des Handwerks folgende Schlussfolgerungen:
- Bei den B1-Handwerksbetrieben ist im Vergleich zu den A-Handwerksbetrieben seit Beginn der Liberalisierung eine Verringerung der Bestandsfestigkeit zu beobachten.
- Handwerksleistungen werden vielfach persönlich sowie individualisiert erbracht und stellen sogenannte Erfahrungs- beziehungsweise Vertrauensgüter dar.
- Derartige Güter sind durch Informationsasymmetrien zwischen Anbieter und Kunde gekennzeichnet, die aufgrund des Wissensvorsprungs des Anbieters (Experten) für gewöhnlich zu ineffizienten Marktergebnissen führen.
- Das Erfordernis eines Befähigungsnachweises (Meisterbriefs) trägt als Sicherung einer Mindestqualität zur Überwindung der Informationsprobleme bei und führt zu Effizienzverbesserungen. Dies gilt insbesondere dann, wenn etwaige Qualitätsmängel erst mit deutlich zeitlicher Verzögerung erkennbar sind.
- Im Falle nur zeitverzögert erkennbarer Qualitätsmängel ist eine Gewährleistung besonders bedeutsam, für welche wiederum der Fortbestand beziehungsweise Bestandsfestigkeit des leistungserbringenden Betriebes wichtig ist.
- Auch Reputationssysteme (wie etwa Bewertungsportale) versagen schnell, wenn Qualitätsprobleme erst mit Zeitverzögerung zu erkennen sind.
- Im Lichte der höheren Bestandsfestigkeit bei den A-Handwerksbetrieben scheint dieses Erfordernis gegenüber anderen, marktendogenen Maßnahmen besser geeignet, Informationsprobleme abzumildern.
- Ein Vergleich der Auszubildenden zeigt einen stärkeren Rückgang in den B1-Handwerken als in den A-Handwerken, wenn gleich sich eine wirkliche Diskrepanz erst in den letzten fünf bis zehn Jahren ergeben hat und die Entwicklung auch zwischen den einzelnen Gewerken sehrunterschiedlich ist.
Ein Befähigungsnachweis könne als Sicherung einer Mindestqualität besser dazu beitragen,Marktineffizienzen zu überwinden als andere Mechanismen, schreiben Haucap und Rasch. "Insbesondere bei Handwerksleistungen, deren Qualität erst zeitverzögert erkennbar ist, versagen andere qualitätssichernde Mechanismen wie etwa Bewertungsportale." Vor allem in den letzten zehn Jahren sei in den zulassungsfreien Handwerken ein stärkerer Rückgang der Ausbildungsleistungen zu beobachten als in den zulassungspflichtigen Handwerken, in denen zudem seit 2015 eine Stabilisierung der Ausbildungszahlen zu beobachten sei, während die Anzahl in den B1-Handwerken weiter rückläufig sei.
Statement: Hier gibt es online ein Statement von Manfred Todtenhausen, Vorsitzender der AG Handwerk der FDP-Bundestagsfraktion, zur Ausweitung der Überprüfung der Meisterpflicht zu lesen.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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