Wann ist Umkleidezeit als Arbeitszeit zu bezahlen?
Bestimmen Arbeitsschutzregeln, dass die Mitarbeiter Schutzkleidung anziehen sollen, muss der Chef die Umkleidezeit bezahlen.
Das An- und Ausziehen von Berufskleidung ist vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung anordnet und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Das ist ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Der Fall: In einem Aluminiumwalzwerk mit Gießerei war das Tragen von Arbeitskleidung und persönlicher Schutzausrüstung für die Mitarbeiter Pflicht. Der Arbeitgeber bezahlte die Umkleidezeit nicht und berief sich auf eine Regelung im Manteltarifvertrag.
Das Urteil: Der Arbeitgeber muss die Umkleidezeit bezahlen. Zwar hält das Bundesarbeitsgericht – anders als die Vorinstanz – den Tarifvertrag für wirksam, weil er dem Arbeitnehmer keine Kosten auferlegt und er somit auch nicht gegen das Arbeitsschutzgesetz verstößt.
Aber der Unternehmer ist zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer verpflichtet. Indem er den Mitarbeitern, die sich während einer Schicht umkleiden, die Zeiten vergütet, nicht aber denen, die sich vor oder nach der Schicht umkleiden, verstößt er gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Ungleichbehandlung ist nach Ansicht der Erfurter Richter auch nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Folge ist, dass der Arbeitgeber die Zeiten, die der klagende Mitarbeiter für das An- und Ablegen der Schutzkleidung aufwendet, vergüten muss, ebenso wie die entsprechenden Wegezeiten.
In welchem Umfang die Zeiten dem Kläger gutzuschreiben sind, muss das Landesarbeitsgericht, an das der Fall zurückverwiesen wurde, nun schätzen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Dezember 2016, Az. 9 AZR 574/15
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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