Muss ich ans Telefon gehen, wenn der Chef im Urlaub anruft?

Muss ich ans Telefon gehen, wenn der Chef im Urlaub anruft? (Foto: © ermarca/123RF.com)

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Muss ich im Urlaub für den Chef erreichbar sein?

Endlich Ferien! Aber was tun, wenn die Arbeit einen bis in den Urlaub verfolgt? Ein Arbeitsrechtsexperte erklärt, was das Gesetz dazu sagt.

Es ist Ferienzeit und viele Arbeitnehmer kennen das: Während man schon auf den Flieger wartet oder im Zug sitzt, klingelt das Handy. Der Chef braucht noch schnell eine Information oder verlangt, eine Aufgabe über E-Mail oder Kurznachricht zu erledigen. Dies kommt meistens ungelegen. Dann stellt sich die Frage: Muss der Arbeitnehmer ständig erreichbar sein? Was zu beachten ist, erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel.

Das Recht auf Nichterreichbarkeit 

Grundsätzlich kommt es bei der Erreichbarkeit darauf an, was im Arbeitsvertrag geregelt ist. Sind dort bestimmte Arbeitszeiten vereinbart, so muss der Arbeitnehmer im Grundsatz auch nur dann erreichbar sein. Das heißt für den Arbeitnehmer, dass er in seiner Freizeit – also auch während seines Urlaubs – nicht verpflichtet ist erreichbar zu sein, es sei denn, etwas anderes ist vertraglich – und in zulässiger Weise – vereinbart. So entschied auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein und bezeichnete das Recht auf Nichterreichbarkeit als eines der vornehmsten Persönlichkeitsrechte (Az. 1 Sa 39 öD/22).

Auch Führungskräfte sind Arbeitnehmer 

Auch Führungskräfte sind nach deutschem Recht Arbeitnehmer. Auch für sie gilt, dass sie im Grundsatz nur während ihrer Dienstzeit erreichbar sein müssen. In der Regel erfüllen Führungskräfte auch in ihrer Freizeit – dann aber freiwillig – dienstliche Aufgaben.

Was passiert, wenn ich nicht erreichbar bin? 

Da es keine Pflicht zur dauerhaften Erreichbarkeit des Arbeitnehmers gibt, dann kann die Nichterreichbarkeit in der Freizeit auch keine Pflichtverletzung sein. Dementsprechend haben Arbeitnehmer im Grundsatz auch keine – ordentliche oder außerordentliche – Kündigung zu befürchten.

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Etwas anderes gilt dann, wenn eine Erreichbarkeit im Arbeitsvertrag verankert ist. In dem Fall kommt es in der Regel aber auch nicht sofort zu einer verhaltensbedingten Kündigung. Denn diese wäre im Grundsatz ohne vorherige Abmahnung unwirksam.

Der europäische Gesetzgeber wird aktiv

Bereits am 21. Januar 2021 beschloss das Europäische Parlament einen legislativen Initiativbericht und forderte die Kommission auf eine entsprechende Richtlinie, die ein Recht auf Nichterreichbarkeit beinhaltet, auf den Weg zu bringen. Dabei hatten die Abgeordneten vor allem den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer im Blick, die durch ständige Erreichbarkeit unter Druck geraten. Eine entsprechende Richtlinie muss allerdings noch verabschiedet und von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.

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Text: / handwerksblatt.de

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