Kündigung: Bitte mit Auslieferungsbeleg!
Der Einlieferungsbeleg des Einwurf-Einschreibens nebst Sendestatus reichte nicht als Beweis, dass eine Kündigung angekommen war. Das Bundesarbeitsgericht verlangt einen Auslieferungsbeleg.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Eine Arbeitnehmerin wird entlassen und will die Kündigung nie erhalten haben. Der Arbeitgeber beruft sich auf den Einlieferungsbeleg. Das reicht dem Bundesarbeitsgericht aber nicht.
Der Fall
Die Angestellte einer Augenarztpraxis sollte wegen Fehlverhaltens gekündigt werden. Die Chefin schickte ihr dazu ein Einwurf-Einschreiben. Die Sprechstundenhilfe erhob daraufhin Kündigungsschutzklage.
Schon das Landesarbeitsgericht (LAG) hielt die Kündigung mangels Auslieferungsbeleg für unwirksam. Vor allem ging es um die Frage, ob die außerordentliche Kündigung vom 26. Juli 2022 zugegangen war. Die Sprechstundenhilfe bestritt, diese je erhalten zu haben. Daraufhin legte ihre Arbeitgeberin als Beweis den Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens bei der Deutschen Post vom 26. Juli 2022 um 15.35 Uhr samt Sendungsnummer vor. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Einlieferungsbeleg ein Anscheinsbeweis für die Zustellung.
Das Urteil
Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte sich auf die Seite der Sprechstundenhilfe. Es urteilte, dass die Kündigung nicht wirksam zugegangen und daher das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden sei.
Die Arbeitgeberin hätte den Zugang der Kündigung darlegen und beweisen müssen. Das konnte sie aber nicht. Der Einlieferungsbeleg und der Sendungsstatus reiche nicht aus, so das BAG. Vielmehr hätte die Arztpraxis einen Auslieferungsbeleg benötigt. Der fehlte jedoch und er konnte wegen der abgelaufenen Aufbewahrungsfrist auch nicht mehr angefordert werden. Dass sie diesen Beleg nicht zeitnah beantragt habe, sei das Risiko der Arbeitgeberin, so die Richterinnen und Richter.
Kein Anscheinsbeweis
Auch ein Anscheinsbeweis zugunsten der Arztpraxis besteht laut BAG nicht. Der Einlieferungsbeleg und der Sendungsstatus seien kein ausreichender Beweis für den Zugang. "Da durch die Absendung eines Schreibens nicht der Nachweis seines Zugangs erbracht werden kann, ist der Einlieferungsbeleg für die Frage des Zugangs ohne Bedeutung", so das Urteil des BAG wörtlich.
Der Postbote konnte nicht ermittelt werden und fiel damit als Zeuge aus.
Der Sendungsstatus bietet nach Auffassung der Erfurter Richterinnen und Richter keine ausreichende Aussage für einen Zugang und lasse nicht erkennen, an wen die Zustellung erfolgt sein soll – persönlich an den Empfänger, an eine andere Person in dessen Haushalt oder Einwurf in den Hausbriefkasten? Ohne einen Auslieferungsbeleg bestehe praktisch keine Möglichkeit, den Anscheinsbeweis zu führen.
Praxistipp
Am sichersten ist der Einwurf in den Hausbriefkasten durch persönlich bekannten Boten, der dann als Zeuge auftreten kann. Das erklärte das LAG in seinem Urteil: "In der Tat läuft die hier vertretene Auffassung darauf hinaus, dass die rechtssicherste Zustellungsform nach wie vor der Einwurf in den Hausbriefkasten des Empfängers durch persönlich bekannte Boten ist, die dann problemlos als Zeugen benannt werden können."
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Januar 2025, Az.2 AZR 68/24
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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