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Soka-Bau-Abgabe: Warum 900 Euro?

Seit dem 1. April 2015 müssen auch Ein-Mann-Betriebe einen Mindestbeitrag von 900 Euro jährlich an die Soka-Bau als Berufsbildungsabgabe zahlen. Das hat zu heftigen Diskussionen geführt.

Die Nachricht, dass auch die Solo-Selbstständigen 900 Euro jährlich für die Berufsbildung an die Soka-Bau zahlen müssen, hat vor einem knappen Jahr eingeschlagen wie ein Blitz. Der Protest vieler Solo-Selbstständiger formierte sich schnell: Zunächst auf Facebook, die Gruppe "Handwerker gegen Soka-Willkür 2015“ hat mittlerweile über 3.100 Mitglieder. Dann organisierten sich die Widerständler weiter: Im September gründeten sie einen eigenen Verband, den Interessenverband Einzelunternehmer im Baugewerbe (IVEB). Wieviele Mitglieder sie haben, will der Verband noch nicht veröffentlichen, allein in den ersten Wochen sei eine vierstellige Zahl beigetreten, derzeit würden jeden Tag Neuzugänge registriert.

Grund für die Zurückhaltung ist eine Klage, die der IVEB auf den Weg gebracht hat. Damit will er die Vereinbarung kippen, die die Tarifpartner – der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und die IG BAU – ausgehandelt haben. Geklagt wird gegen die sogenannte Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages durch das Bundesarbeitsministerium im Sommer 2015. Sie hat zur Folge, dass alle Baubetriebe die Beiträge zahlen müssen – unabhängig von ihrer Verbandsmitgliedschaft.

Der Vorwurf des IVEB steht im Raum: Die 900 Euro Beitrag, den die Einmann-Betriebe jährlich an die Soka-Bau als Berufsbildungsabgabe zahlen müssen, seien "willkürlich festgelegt“ und "ohne jegliche Berechnungsgrundlage“. Das Deutsche Handwerksblatt hat deshalb den ZDB gefragt, wie die 900 Euro jährlich zustande kommen. Außerdem haben wir den IVEB um eine Stellungnahme dazu gebeten.


Wie sind die Tarifparteien auf die Summe von 900 Euro gekommen?
ZDB: Ein Bauunternehmen zahlt 2,1 Prozent der Bruttolohnsumme seiner gewerblichen Arbeitnehmer. Im Durchschnitt haben die Betriebe 2015 etwa 4.500 Euro entrichtet. Der jährliche Mindestbeitrag der Solo-Selbstständigen von 900 Euro entspricht somit 20 Prozent des durchschnittlichen Beitrages. In diesem Anteil sehen wir eine angemessene und wirtschaftlich vertretbare Beteiligung der Einmannbetriebe.

IVEB: Interessant ist, dass die Tarifpartner Aktionäre der AG Soka-Bau sind. In welcher Form wird denn verhandelt: als Eigentümer oder Tarifpartner? Auf welcher Grundlage erdreistet sich der ZDB zu erklären, dass 20 Prozent des durchschnittlichen Beitrages "angemessen und wirtschaftlich vertretbar“ seien? Wir vertreten eine Vielzahl von vorzeitigen Vollrentnern, die monatlich nur bis 450 Euro hinzuverdienen dürfen, ohne Einbußen hinnehmen zu müssen. Dies sind rund 16,7 Prozent ihres Einkommens, fast das Achtfache dessen, was die großen Bauunternehmen zu entrichten haben. Weitere Beispiele sind Kleinstunternehmer, die sich selbstständig gemacht haben, um Hartz IV zu entfliehen.

ZDB: Die Ein-Mann-Betriebe zahlen nicht nur die Berufsbildungsabgabe, sie bekommen auch Zuschüsse für die Ausbildung. 2015 waren 700 Solo-Selbstständige unter den Empfängern, das sind fünf Prozent aller Ausbildungsbetriebe, sie haben insgesamt neun Prozent aller Gelder bekommen. Dadurch erscheint der Mindestbeitrag in der festgelegten Höhe gerechtfertigt, weil je Lehrling bis zu 30.000 Euro erstattet werden. Derzeit gibt die Soka-Bau circa 300 Millionen Euro pro Jahr aus, um die Ausbildungsbetriebe von den Ausbildungskosten zu entlasten.

IVEB: Selbst, wenn wir von der falschen und offensichtlich absichtlich niedrig gehaltenen ZDB-Zahl von 40.000 Solo-Selbstständige ausgehen, bekommen doch nur 700 von ihnen Leistungen aus der Ausbildungsabgabe. Das würde die Soka-Bau sieben Millionen Euro im Jahr kosten. Die Soka-Bau möchte aber von 40.000 Solo-Selbstständigen im Jahr 36 Millionen Euro an Beiträgen für die Berufsbildung einziehen. Außerdem wurden auch Betriebe aus Gewerken angeschrieben, die die Ausbildungsabgabe gar nicht bekommen können, zum Beispiel Maler und Lackierer (eigene Maler-Kasse, keine Soloabgabe), Dachdecker, (eigener Solobeitrag) oder Elektroberufe (sie sind laut Tarifvertrag keine Soka-Bau Bau Betriebe).

Warum gibt es keine Staffelung des Mindestbeitrags oder eine Härtefallregelung?
ZDB: Die Staffelung eines Mindestbeitrages sei schon begriffsmäßig nicht möglich, sagt der ZDB. Für eine Staffelung müsste man Kennzahlen wie Umsatz oder Gewinn zugrunde legen, diese müssen ermittelt und überprüft werden. Der bürokratische Aufwand für die Darlegung und Überprüfung solcher Kennzahlen dürfte in keinem Verhältnis zu der Höhe des Mindestbeitrags stehen. Zahlen müssen außerdem nur die Ein-Mann-Betriebe, die aktiv am Markt auftreten, aber nicht solche Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb nachweislich ruht oder aufgegeben wurde.

IVEB: An einem Begriff aus linguistischen Gründen festzuhalten, empfinden wir als Hohn. Im Gegenzug ist es ja begriffsmäßig für einen Ein-Mann-Betrieb auch nicht möglich, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen – dann wäre der Betrieb ja kein Ein-Mann-Betrieb mehr. Außerdem machen im Bauhandwerk Mindestbeiträge anhand von Durchschnittswerten keinen Sinn, denn die Schere des Einkommens klafft dort viel zu weit auseinander.

Wieviel der eingenommen Beiträge fließen tatsächlich in die Berufsausbildung?
ZDB: Sämtliche Beiträge werden ausschließlich zur Finanzierung der Berufsausbildung verwendet. Wir erwarten, dass durch die Zusatzeinnahmen der Beitrag für alle Betriebe sinken wird. Derzeit gibt die Soka-Bau circa 300 Millionen Euro pro Jahr aus, um die Ausbildungsbetriebe von den Ausbildungskosten zu entlasten.

IVEB: Wie viel Millionen Euro werden mit der Ausbildungsabgabe eingenommen? Warum äußert sich die Soka-Bau nicht dazu?

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Warum müssen auch diejenigen Solo-Selbstständigen zahlen, die gar nicht ausbilden können oder dürfen?
ZDB: Die Beitragspflicht zur Soka-Bau hängt nicht davon ab, ob ein Betrieb ausbilden darf oder will. Die Berufsbildungsabgabe ist eine solidarische Branchenfinanzierung der Ausbildung, die von allen Baubetrieben getragen werde.

IVEB: Dies hat nichts mit Solidarität zu tun, sondern mit Willkür. Einen Beitrag für eine Leistung zu verlangen, von der bestimmte Berufsgruppen grundsätzlich nicht profitieren könne, hat nichts mehr mit Solidarität zu tun.

ZDB: Schon jetzt sind unter den über 70.000 Baubetrieben, die die Berufsbildungsabgabe zahlen, nur circa 15.000 Ausbildungsbetriebe.

IVEB: Was hauptsächlich daran liegt, dass es keine Bewerber für die Bauberufe gibt. Einige unserer Mitgliedsbetriebe suchen seit Jahren händeringend Auszubildende – ohne Chance.

ZDB: Außerdem haben bisher auch Solo-Selbstständige den Zuschuss für die Ausbildung erhalten, ohne dass sie einen Beitrag entrichten mussten. Zudem profitieren Ein-Mann-Betriebe auch dadurch von der Ausbildungsförderung, indem sie entweder selbst einmal in einem Baubetrieb ausgebildet wurden oder einen Arbeitnehmer beschäftigt haben, der mit Fördermitteln der Soka-Bau ausgebildet worden ist.

IVEB: Insbesondere für die Berufe, die keine Ausbildungsberufe sind, gilt dies nicht. Nach unserer internen Statistiken haben eine große Zahl von Solo-Unternehmer weder in der Vergangenheit von der Soka-Bau profitiert, noch werden sie es in der Zukunft tun.

Text: / handwerksblatt.de

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