Maßnahmen statt Fahrverbote
Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge droht in Nordrhein-Westfalen. Das Handwerk ist alarmiert. Mit einem Dieselverbot würden die Fuhrparks quasi stillgelegt.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Gezerre um Fahrverbote
80 bis 90 Prozent der leichten Nutzfahrzeuge im Handwerk sind mit Dieselmotoren ausgestattet. Ihnen droht ein Fahrverbot in NRW. Hintergrund ist eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. September zur Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid. In seiner Urteilsbegründung hatte das Gericht gefordert, besonders Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu prüfen und abzuwägen. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe.
Die Landesregierung hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Nun soll das Bundesverwaltungsgericht klären, ob ein Dieselfahrverbot für Ende 2017, Anfang 2018 tatsächlich angeordnet werden kann. "Eine kurzfristige Verbannung des Diesel würde das Handwerk massiv treffen", warnt der Düsseldorfer Kammerpräsident Andreas Ehlert vor der Presse. Gerade erst hätten die Betriebe unter erheblichen Anstrengungen ihre Fahrzeuge umgerüstet oder neue angeschafft, um die grüne Plakette zu bekommen.
Handwerk ist bereit, in Alternativen zu investieren - wenn es diese gäbe
Die Betriebe würden auch deshalb auf Dieselmotoren setzen, weil nur wenige Hersteller vergleichbare robuste Nutzfahrzeuge vom Sprinter-Typ mit Gas- oder Elektrobetrieb anbieten, sagt Dr. Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf. Gäbe es solche Modelle für alle Gewichtsklassen, würden sie im Handwerk auch nachgefragt. Allerdings bräuchten die Betriebe Zeit und vor allem mehr Investitionssicherheit. "Das Handwerk ist für Gesundheitsschutz, aber Fahrverbote sind das völlig falsche Mittel, dies durchzusetzen."
Die Handwerksbetriebe seien bereit, in Alternativen zum Diesel zu investieren, betonte Axel Fuhrmann. Der beste Beweis seien diejenigen Betriebe, die ihre Lieferwagen bereits komplett oder teilweise auf Gas oder Elektro umgestellt hätten. Die Düsseldorfer Bäckerei Schüren zum Beispiel habe ausschließlich Elektrofahrzeuge und Erdgas-Transporter im Einsatz. Allerdings würden sie mit Brot und Gebäck auch vergleichsweise leichte Ware transportieren. Fahrzeuge von Monteuren müssten auch im untertourigen Bereich mehr Kraft haben.
Es müsste auch mehr Stromtankstellen geben
Das Düsseldorer SHK-Unternehmen von Kay Schwenzer hat bereits vier leichte Fahrzeuge im Gasbetrieb. Zehn weitere Transporter laufen noch mit Diesel, davon zwei Kleinlieferwagen mit Aggregaten nach der Euro-6-Norm, "obwohl die Hersteller mit massiven Preisvorteilen für ihre Euro-V-Vehikel geworben haben", so der Geschäftsführer des Familienbetriebs mit 30 Mitarbeitern. "Ich würde gerne nach und nach auf Elektrofahrzeuge umstellen. Dafür braucht es aber erst einmal entsprechend ausgestattete Handwerkerfahrzeuge vom Sprinter-Typ, und viel mehr Stromtankstellen," betont Schwenzer. Das drohende Dieselfahrverbot Mitte 2017, Anfang 2018 sei für Handwerker sehr bedenklich.
Das sind die Maßnahmen, die das Handwerk fordert:
Um die Stickstoffdioxidbelastung in den betroffenen Städten abzusenken, empfielt die Handwerkskammer Düsseldorf eine zügige Umrüstung der Busse und der Fahrzeug-Flotte von Stadt und Stadtwerken auf Batterie- und Wasserstoffhybrid-Antrieb. Außerdem die Umstellung des ruhenden Schiffsverkehrs auf Stromversorgung. Dies sei schon geeignet, bis zu 20 Prozent der derzeitigen NOX-Emissionen zu reduzieren, so Präsident Ehlert.
Weitere Empfehlungen des Handwerks:
- die Verkehrsverflüssigung durch Grüne Welle und bessere Verkehrsleitung;
- eine "wirksamere Gewerbe-Bestandspflege der Stadtplanung und Wirtschaftsförderung", um Standorte für Handwerk und Handel in Innenstadtlagen zu erhalten und dadurch als Stadt der kurzen Wege unnötige Verkehre zu vermeiden;
- den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge;
- einen "nicht nur punktuellen, sondern systematischen" Ausbau des Radwegenetzes;
- einen neuen, durchgreifenden Impuls zur Förderung Erneuerbarer Energien im Neubau – etwa im künftigen Glasmacherviertel – sowie bei der Energetischen Gebäudesanierung im Baubestand – das Ganze im Sinne einer Sektorkopplung.
"Wir wollen mehr Gesundheitsschutz", so der Kammerpräsident, "und wissen die Stadt bei der Suche nach einer tragfähigen Lösung auch für die Versorgung und Beschäftigung auf unserer Seite. Aber das Problem betrifft nicht nur Düsseldorf. Eine einzige, simple Lösung gibt es nicht. Nur eine breite, gemeinsame."
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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