Dem Kunden bei einer Reparatur gleich eine neue Heizung anbieten? Keine gute Idee, denn der kann es sich später noch anders überlegen. (Foto: © Alexander Raths /123RF.com)

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Widerrufener Vertrag: Heizungsbauer geht leer aus

Ein Hausbesitzer kann seinen Werkvertrag mit einem Heizungsmonteur wirksam widerrufen, hat das Landgericht Coburg entschieden.

Das ist noch nicht allen bekannt: Private Kunden haben auch bei Werkverträgen ein Widerrufsrecht – vorausgesetzt, sie haben diesen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen vereinbart. Das musste ein Heizungsinstallateur zu seinem Ärger vor Gericht erfahren.

Der Fall

Beim Füllen des Öltanks war im Keller eines Einfamilienhauses Öl ausgelaufen. Das erfuhr ein Heizungsbauer von dem Ölhändler. Der Installateur schickte zwei Mitarbeiter zu dem Haus, um den Tank zu prüfen. Sie unterbreiteten dem Kunden dabei auch Angebote für eine neue Heizungsanlage, Kostenvoranschläge inklusive, auch für die Umstellung von Öl auf Gas. Ein paar Tage später führten Monteure der Firma im Keller des Hauses Arbeiten an der Ölheizung durch, bis der Hausherr sie bat, die Arbeiten einzustellen.

Nach einigen Wochen meldete der Hausbesitzer sich bei der Handwerksfirma und widerrief vorsichtshalber einen etwa erteilten Auftrag für eine neue Heizung. Das ignorierte der Heizungsbauer und verlangte den Werklohn: Der Hausbesitzer habe ihn verbindlich damit beauftragt, die Heizung von Öl auf Gas umzustellen, argumentierte er.

Der Hausherr sah das anders. Er schulde dem Handwerker nichts: Erstens habe er keine neue Heizungsanlage in Auftrag gegeben. Und für den Fall, dass er zweitens doch so etwas in diese Richtung gesagt haben sollte, habe er den versehentlich akzeptierten Werkvertrag ausdrücklich widerrufen.

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Das Urteil

Das Landgericht Coburg gab dem Hausbesitzer Recht und wies die Zahlungsklage des Heizungsbauers ab. Selbst wenn man hier das Zustandekommen eines  Werkvertrags annehmen würde: Der Kunde habe ihn jedenfalls wirksam widerrufen, erklärten die Richter.

In seiner Entscheidung setzte sich das Gericht detailliert mit den Voraussetzungen für den Widerruf eines Werkvertrages auseinander. Ein solches Widerrufsrecht stand dem Hausherrn deshalb zu, weil der fragliche Vertrag zwischen ihm als Privatperson (Verbraucher) und dem Handwerker außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden wurde, nämlich im Heizungskeller des Familienhauses.

Dabei komme es auch nicht darauf an, ob der Kunde die Installationsfirma zu sich bestellt habe oder ob er im Gespräch "überrumpelt" worden sei. Auch die von dem Handwerker bemühten Ausnahmeregelungen, nach denen ein Widerrufsrecht in einzelnen Fällen nicht besteht, ließ das Gericht nicht gelten: Zwar gebe es kein Widerrufsrecht für dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, die auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers durchgeführt werden sollen. Diese Reparaturen haben stattgefunden und diese muss der Kunde auch bezahlen.

Im eigentlichen Streit ging es aber um eine – von der Reparatur unabhängige – Installation einer neuen Gas-Heizungsanlage.

Keine ordentliche Belehrung über Widerrufsrecht

Der Unternehmer habe es auch versäumt, den potentiellen Kunden ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren. Deshalb habe die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen begonnen. Daher habe der Hausherr sogar ein Jahr und 14 Tage Zeit gehabt, den Widerruf zu erklären. Damit sei sein Widerruf wirksam und der Hausbesitzer schulde keinen Werklohn für die neue Anlage.

Auch ein Anspruch auf Wertersatz für die schon geleisteten Arbeiten stehe der dem Handwerker schon allein deshalb nicht zu, weil der Kunde diese Arbeiten nicht ausdrücklich vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt habe.

Landgericht Coburg, Urteil vom 9. August 2018, Az. 21 O 175/18

Widerrufsrecht beim Werkvertrag


Seit Juni 2014 gilt das neue Verbraucherschutzrecht. Danach haben Privatkunden unter anderem ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV). Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen ­Vertrag.

In solchen Situationen müssen Betriebe ­Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.

Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12  Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden bereits während der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen. Denn dann muss der Kunde, wenn er den Vertrag widerruft, die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus! 

Der Widerruf hat übrigens nichts mit der Abnahme der Werkleistung zu tun und ist hiervon unabhängig. Die Abnahme hat auf das Widerrufsrecht grundsätzlich keinen Einfluss. Das heißt, der Widerruf kann trotz Abnahme und Zahlung noch erklärt werden, wenn die Belehrung fehlte und der Kunde die Frist (12 Monate und 14 Tage) eingehalten hat.

Kein Widerruf bei Notfalleinsätzen

In Einzelfällen hat der Kunde kein Wider­rufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.

Fazit: Um Ärger mit Widerrufen zu vermeiden, sollten Handwerker Verträge nicht mehr vor Ort beim Privatkunden, auch nicht per Handschlag abschließen. Auch ein Vertrag per ­Telefon, Fax oder E-Mail ist riskant. Wer einen AGV abschließt und direkt mit der Arbeit beginnen will, sollten den Kunden ­neben der Widerrufsbelehrung auch einen Verzicht auf das Widerrufsrecht unter­schreiben lassen. (Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.)

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat Musterformulare für Handwerker erstellt, unter anderem eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher. Alle Muster, Informationen sowie einen Ratgeber zum Thema Verbraucher-Widerrufsrecht finden Sie ­kostenlos zum Herunterladen auf > zdh.de.

Text: / handwerksblatt.de

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