Die GmbH liefert im Wesentlichen nur die Waren und schuldet keine Montage. Also handle es sich nicht um einen Werkvertrag, sagt das OLG Schleswig.

Der Hersteller liefert nur die Bauteile, aufbauen (lassen) muss sie der Kunde selbst. Daher handle es sich um einen Kaufvertrag, sagt das OLG Schleswig. (Foto: © David Martyn Hughes/123RF.com)

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Der Kunde hat kein Widerrufsrecht für einen Wintergarten-Bausatz

Ein Hersteller von Wintergärten zur Selbstmontage darf das Widerrufsrecht der Kunden ausschließen. Das hat das Oberlandesgericht Schleswig entschieden.

Wer einen Wintergarten-Bausatz bestellt, der individuell zugeschnitten ist, muss akzeptieren, dass der Hersteller das Widerrufsrecht ausschließt.

Hintergrund: Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen haben Verbraucher ein 14-tägiges Recht zum Widerruf. Nach § 312 g Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)  kann der Verkäufer aber das Widerrufsrecht ausschließen, wenn es sich um Waren handelt, die individuell auf die Bedürfnisse der Vertragspartner angepasst werden, also Sonderanfertigungen.

Der Fall

Eine GmbH verkauft Bausätze für Wintergärten und Glasanbauten, die die Kunden selbst aufbauen oder von einem Handwerker montieren lassen können. Im Bestellformular werden die Kunden darüber informiert, dass die Bestellung "unwiderruflich" ist. Denn die Bauteile würden "nach individuellen Wünschen und Aufmaßen des Kunden hergestellt". Damit sei ein Widerruf, wie er bei Verträgen gilt, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, nicht möglich.

Ein Verbraucherschutzverband kritisierte, der Ausschluss des Widerrufsrechts sei rechtlich unzulässig, denn es ginge um überwiegend vorgefertigte Bausätze. Da die Firma außerdem auf Wunsch auch die Montage der Teile durch Handwerksbetriebe vermittle, handele es hier um Werkverträge. Diese dürften Verbraucher ausnahmslos widerrufen.

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Das Urteil

Das Oberlandesgericht Schleswig stellte sich auf die Seite des Herstellers. Kunden könnten den Wintergarten selbst aufstellen oder einen Handwerker eigener Wahl beauftragen. Die GmbH liefere im Wesentlichen nur die dafür nötigen Waren und schulde keine Montage. Also handle es sich nicht um einen Werkvertrag, sondern um einen Kaufvertrag.

Die zwei wesentlichen Bedingungen für den Ausschluss des Widerrufsrechts seien hier erfüllt. Erstens könne die Firma die für den Kunden angefertigte Ware nur mit unvertretbarem wirtschaftlichem Aufwand wieder in ihre Bestandteile zerlegen. Bei Kunststofffenstern würden die Profile in den Eckbereichen verschweißt – wer sie trenne, zerstöre sie auch.

Zweitens würden die Produkte so für den Aufstellort zugeschnitten, dass die Firma sie gar nicht oder nur mit erheblichen Verlusten weiterverkaufen könnte. Denn der Zuschnitt werde auf die Gegebenheiten des jeweiligen Hauses angepasst. Die Firma setze zwar auch einzelne, vorgefertigte Bestandteile ein. Im Prinzip bestehe ihr Geschäftsmodell aber darin, die Besonderheiten des Aufstellorts einzubeziehen und sich damit vom Vertrieb vorgefertigter Standardbauten abzusetzen, wie sie in Baumärkten angeboten würden. Daher sei es für die Firma wirtschaftlich unzumutbar, den Bestellern ihrer Bausätze ein Widerrufsrecht einzuräumen.

Oberlandesgericht Schleswig, Urteil vom 25. März 2021, Az. 6 U 48/20 

Widerrufsrecht beim Werkvertrag

Seit Juni 2014 gilt das neue Verbraucherschutzrecht. Danach haben Privatkunden unter anderem ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV). Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen ­Vertrag.

In solchen Situationen müssen Betriebe ­Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.

Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12  Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden bereits während der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen. Denn dann muss der Kunde, wenn er den Vertrag widerruft, die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus! 

Der Widerruf hat übrigens nichts mit der Abnahme der Werkleistung zu tun und ist hiervon unabhängig. Die Abnahme hat auf das Widerrufsrecht grundsätzlich keinen Einfluss. Das heißt, der Widerruf kann trotz Abnahme und Zahlung noch erklärt werden, wenn die Belehrung fehlte und der Kunde die Frist (12 Monate und 14 Tage) eingehalten hat.

Kein Widerruf bei Notfalleinsätzen

In Einzelfällen hat der Kunde kein Wider­rufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.

Fazit
Um Ärger mit Widerrufen zu vermeiden, sollten Handwerker Verträge nicht mehr vor Ort beim Privatkunden, auch nicht per Handschlag abschließen. Auch ein Vertrag per ­Telefon, Fax oder E-Mail ist riskant. Wer einen AGV abschließt und direkt mit der Arbeit beginnen will, sollten den Kunden ­neben der Widerrufsbelehrung auch einen Verzicht auf das Widerrufsrecht unter­schreiben lassen.

Praxistipp: Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat Musterformulare für Handwerker erstellt, unter anderem eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher. Alle Muster, Informationen sowie einen Ratgeber zum Thema Verbraucher-Widerrufsrecht finden Sie ­kostenlos zum Herunterladen auf zdh.de
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Text: / handwerksblatt.de

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