Der Chef darf die Abstandsregeln nicht per Video kontrollieren
Der Unternehmer ist dafür verantwortlich, dass seine Mitarbeiter den Corona-Mindestabstand einhalten. Er darf sie aber nicht ohne Einwilligung mit einer Videokamera überwachen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Datenschutzrecht
Zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie muss der Arbeitgeber arbeitsschutzrechtliche Hygienevorgaben umsetzen – unter anderem einen Mindestabstand. Ob die Belegschaft sich daran hält, darf er aber ohne Zustimmung nicht mit Videofilmen kontrollieren. Vor allem nicht, wenn er diese Daten ins Ausland übermittelt. Dafür muss er den Betriebsrat einbeziehen.
Der Fall
Ein großes Logistikunternehmen überwachte mittels Videokameras seine Arbeitnehmer. So wollte der Betrieb kontrollieren, ob die empfohlenen Sicherheitsabstände in der Covid-19-Pandemie eingehalten werden. Dazu prüfte das Unternehmen Aufnahmen, die es mit der betrieblichen Videoüberwachung erstellte. Sie wurden auf Servern in Irland gespeichert.
Dagegen wandte sich der Betriebsrat in einem Eilverfahren. Sein Mitbestimmungsrecht sei umgangen worden und die Videoüberwachung verletze die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht Wesel sah einen Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Außerdem stehe die Übermittlung der Daten ins Ausland im Widerspruch zu einer Betriebsvereinbarung über die Nutzung von Überwachungskameras.
Die Übermittlung nicht anonymisierter Kameraaufnahmen ins Ausland verletzt die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer schwerwiegend, erklärte das Gericht. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates diene dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer.
Das Unternehmen habe "eindeutig und offensichtlich gegen eine geltende Betriebsvereinbarung verstoßen". Es habe außerdem bereits ausreichende andere Maßnahmen – lokale Kontrollen, Einsatz von Social Distancing Ambassadors – zur Überwachung des Gesundheitsschutzes ergriffen.
Arbeitsgericht Wesel, Beschluss vom 24. April 2020, Az. 2 BVGa 4/20 (nicht rechtskräftig)
Videoüberwachung Arbeitgeber dürfen auch alte Aufnahmen verwenden, wenn sie aus einer offenen Überwachung stammen.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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