Tourmanager für Praktika im Ausland
Mobilitätsberaterin Rebecca Hof gehört zu einem weit verzweigten Netzwerk, das Handwerkern ermöglicht, Berufserfahrungen jenseits der deutschen Grenze zu sammeln.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Berufserfahrung im Ausland sammeln
Fast sieben Jahre macht Rebecca Hof schon den Job. Aber das hat die Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer Düsseldorf noch nicht erlebt: "Jemand wie Frau Höppke, die nach ihrer Ausbildung für ein Jahr ins Ausland geht und Praktika in sechs europäischen Staaten plant, ist ein absolutes Novum für mich."
Ihr Tagesgeschäft dominiert ansonsten die Organisation kurzer Austausche oder Gruppenentsendungen von Auszubildenden. Stipendien für eine Delegation von Ausbildern – im Herbst ist eine Reise nach Österreich anvisiert – oder für mehrmonatige Einzelentsendungen von Fachkräften beantragt sie dagegen deutlich seltener. Schade eigentlich, denn das EU-Bildungsprogramm Erasmus+ bietet auch Gesellen ein Stipendium für einen Auslandsaufenthalt bis zu einem Jahr an.
Als Reiseziele kommen im Rahmen von Erasmus+ fast alle europäischen Staaten infrage. "Wir möchten natürlich jeden Wunsch erfüllen, man sollte aber auch zu Kompromissen bereit sein", rät Rebecca Hof. Um sich zu verständigen, reichen in den meisten Ländern ihrer Erfahrung nach solide Englischkenntnisse aus.
Die Planung eines längeren Auslandsaufenthaltes sollte man rechtzeitig angehen. Rebecca Hof empfiehlt, sich allerspätestens drei Monate vor der Abreise bei ihr zu melden. So bleibe den Teilnehmern ausreichend Zeit, selbst eine Unterkunft zu finden (bspw. über Vermittlungsportale wie Airbnb), günstige Reiseverbindungen zu buchen und sich um den Versicherungsschutz zu kümmern. Praktikumsbetriebe können sich die Gesellen selbst suchen oder auf das Netzwerk der Mobilitätsberater bauen.
Gros der Kosten abgedeckt
Pro Land gibt es unterschiedliche Fördersätze. "In der Regel lassen sich über das Stipendium 70 bis 80 Prozent der Fixkosten decken", erklärt Rebecca Hof. Große Löcher in die Reisekasse können vor allem die Unterkunft und Flüge reißen. Wer mit der Unterbringung in einer Gastfamilie zufrieden sei, nicht gerade in eine teure Metropole wie London oder Paris möchte und sich früh genug um günstige Tickets kümmere, könne die Kosten auch komplett aus den Erasmus-Mitteln bestreiten.
"Im Mai werden die Fördersätze um rund zehn Prozent angehoben. Das dürfte für zusätzliche Erleichterung sorgen." Dass die Praktikumsbetriebe keine Vergütung zahlen, sei gewollt. "Erasmus+ ist ein Auslandspraktikum zu Lernzwecken", begründet die Mobilitätsberaterin. Bei mehrmonatigen Trips sei es ratsam, eine finanzielle Reserve einzukalkulieren. "Bei Erasmus+ gibt es zunächst eine Abschlagszahlung von 80 Prozent. Die restlichen 20 Prozent werden nach Abschluss des Aufenthaltes bezahlt. Durch verzögerte Zahlungen kann es schon mal finanzielle Lücken geben, die überbrückt werden müssen."
Mit der Zeit haben die Mobilitätsberater ein gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut. Dessen Finanzierung ist aber nur bis zum Jahresende gesichert. Rebecca Hof geht jedoch davon aus, dass auch die neue Bundesregierung die bewährten Strukturen fördern wird. "Emmanuel Macron setzt sich derzeit stark für die Verbesserung des deutsch-französischen Austausches ein und die Bundesregierung will die Quote der Auslandsaufenthalte von Auszubildenden bis 2020 auf zehn Prozent steigern", nennt die Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer Düsseldorf zwei gewichtige Argumente, um das Projekt "Berufsbildung ohne Grenzen" fortzuführen.
Eines der besten Programme
Für ihren Chef, Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Fuhrmann, ist das Mobilitätsprogramm die beste Schutzimpfung gegen nationale Verblendung und dumpfe Fremdenfeindlichkeit. "Wer den Mut hat, in ein anderes Land zu fahren, um dort zu leben und zu arbeiten, erweitert seinen Horizont und kehrt erfahrungsreich zurück. Und erlebt, dass jedes Land seine handwerklichen Traditionen hat, auf die es zu Recht stolz sein kann."
Fuhrmann hält das Programm für eines der besten, das die Bundesregierung in den vergangenen Jahrzehnten im Bereich der beruflichen Bildung aufgelegt hat. Er hofft sehr, dass die "Mobiberater" auch in den Folgejahren noch anteilig finanziert werden.
Foto: © JasonWinter/123RF.com
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben