Strategische Altersvorsorge in schwierigen Zeiten
Die Börsen sind seit dem Ukraine-Krieg auf Talfahrt. Wie Unternehmer in diesen unsicheren Zeiten ihre finanziellen Altersabsicherung gestalten können, erklärt ein Finanzexperte.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Banken und Kredite: Was Handwerker wissen müssen
Die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine haben auch Betriebsverantwortlichen in drastischer Weise vor Augen geführt, wie schnell Wertpapierbörsen in Verlustzonen geraten können, die vorher kaum denkbar waren. Hinzu kommen Unsicherheiten in der zukünftigen Zinsentwicklung, die ebenfalls ihren Teil dazu beitragen, Unwägbarkeiten auf den Aktienmärkten zu verstärken. Wenn dann noch Anlageformen wie Aktien oder Investmentfonds mit einer entsprechenden Aktiengewichtung einen wesentlichen Baustein zur Ergänzung der späteren finanziellen Altersabsicherung darstellen, stehen Unternehmerinnen und Unternehmer als Anleger und Investoren vor nicht zu unterschätzenden Herausforderungen.
Sechs Fragen für die Bestandsaufnahme
Die sprichwörtliche Patentlösung, mit diesen Unsicherheiten umzugehen oder diese sogar weitgehend zu vermeiden, gibt es zwar auch hier nicht. Dennoch sollten Betriebsverantwortliche über einige grundsätzliche Regeln und Handlungsalternativen nachdenken, um alles dafür zu tun, später trotz finanzieller Unwägbarkeiten einen möglichst reibungslosen Übergang in einen sorgenfreien und weitgehend wirtschaftlich abgesicherten Ruhestand zu erreichen.
Sinnvoll wäre es, hierzu die beteiligten Finanzinstitute wie Banken und Investmentgesellschaften einzuschalten und eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten. So ist eine Bestandsaufnahme der verwahrten Aktien und Investmentfonds mit den Schwerpunkten auf folgende Fragen zu empfehlen:
- Welche derzeit verwahrten Wertpapiere haben über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren eine letztendlich im Ergebnis stabile Wertentwicklung erreicht?
- Werden diese Wertpapiere von renommierten Finanzanbietern angeboten und entsprechend professionell gemanagt?
- Befinden sich die Gesamtkosten wie Verwaltungsgebühren und Ausgabeaufschläge auf einem vertretbaren Niveau oder haben sie die bisher erzielten Wertzuwächse überdurchschnittlich reduziert?
- Befindet sich der Anteil an Aktien, also an der Beteiligung einzelner Unternehmen, in einer vertretbaren Quote zu Investmentfonds, die versuchen, das Anlagerisiko durch die Beteiligung an einer Vielzahl unterschiedlicher Aktien möglichst zu verringern?
- Muss über eine Streuung der bisher bevorzugten Anlagealternativen nachgedacht werden?
Eine solche Streuung kann sich beispielsweise auf eine Erweiterung oder Reduzierung der Ländergrenzen – etwa Aktien oder Investmentfonds von weltweit statt im Inland oder EU-weit operierenden Unternehmen bzw. Fondsmanagern –, der Anlageschwerpunkte (zu herkömmlichen Bereichen alternative Investitionsmöglichkeiten wie Rohstoffe, erneuerbare Energien, medizinische Entwicklungen, Ernährungsaspekte etc.), aber auch auf eine Risikostreuung in unterschiedlichen Währungen anstelle oder in Verbindung mit dem Euro beziehen. - Besitzt der Anleger die Nerven, auch einen Zeitraum fallender Wertpapierkurse sprichwörtlich "auszusitzen" oder zehrt eine Negativentwicklung, die nun einmal dazugehört, letztlich doch zu sehr am eigenen Selbstvertrauen und schürt nahezu täglich eine gewisse Unruhe?
Persönliches Anlageprofil mit Risikostreuung
Ein ebenfalls wichtiger Gesichtspunkt sollte bei der Bestandsaufnahme nicht vergessen werden: Da eine professionelle Risikostreuung einhergehen sollte mit dem jeweils persönlichen Anlageprofil, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Gesamtumfang der Vermögenswerte strukturell ausgewogen ist oder einer Überprüfung bedarf. Grundsätzlich risikobehaftete Geldanlagen wie Aktien und Investmentfonds sollten den persönlichen "Schmerzbereich", in diesen Anlageformen zu investieren, nicht strapazieren.
Wer also später zum Beispiel mit sicheren Renten- oder Pensionszahlungen und/ oder mit Mieteinnahmen kalkulieren kann, dürfte im Ergebnis einen größeren Anteil an risikobehafteten Wertpapieren tolerieren als Betriebsverantwortliche, die nahezu ausschließlich auf Aktien oder Investmentfonds setzen müssen oder wollen. Auch hier kann der persönlichen Risikobereitschaft eine erhebliche Rolle zukommen. Zumeist wird es allerdings dann gefährlich, wenn die persönliche Risikobereitschaft bewusst außer Kraft gesetzt und versucht wird, zusätzliche Renditen durch spekulativere Anlageformen um nahezu jeden Preis zu erzielen.
Wie hoch ist die eigene Risikobereitschaft?
Hier sollte zunächst äußerst sorgfältig abgewogen werden, ob eine solche Bereitschaft tatsächlich besteht oder ob sie lediglich auf Grund der aktuellen oder ähnlich schwieriger Situationen entstanden ist. Das gilt eben umso mehr, wenn mit dem angelegten Geld spätere Altersbezüge in einer gewissen Größenordnung verbunden sind. Es ist im Ergebnis sicherlich nicht einfach, sich diesen Fragen zu stellen. Bevor aber übereilt über Verkäufe auch nur nachgedacht wird, kann es sich durchaus lohnen, die eigene Situation weitgehend nüchtern zunächst einmal zu analysieren und danach mögliche Konsequenzen in die Wege zu leiten.
Eine solche Konsequenz kann also auch durchaus darin bestehen, das meiste so zu belassen wie bisher und auf eine Stabilisierung der jeweiligen Kurse zu setzen. Das soll Betriebsverantwortliche aber auch zukünftig nicht daran hindern, bisher erreichte Wertzuwächse oder Kursgewinne einmal "mitzunehmen", also durch Verkäufe zu realisieren und danach mit der entsprechenden Gelassenheit erneut zu investieren.
Extratipp
Je nach Finanz- und Bankinstitut gibt es die Möglichkeit, den eigenen Aktien oder Investmentfonds vergleichbare Wertpapiere mit ähnlicher Anlage- und Risikostruktur insbesondere bei den Wertzuwächsen und den Kosten gegenüberzustellen. Finanzanbieter verfügen in der Regel über diese technischen Möglichkeiten einer erhöhten Transparenz und können dem Anleger somit weitere interessante Alternativen zu den eigenen Wertpapieren bieten. Diese Vergleiche können natürlich auch vor beabsichtigten Käufen durchgeführt werden.
Finanzen Krise? Auf diese Signal sollten Bankkunden achten! > Hier mehr lesen!DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Michael Vetter /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben