Handwerkliche Produkte: EU-Kommission schlägt Herkunftslabel vor
Mit einem neuen europäischen Qualitätssiegel will die EU-Kommission regionale Handwerksprodukte schützen. Besonders kleine und mittlere Betriebe sollen von dem Herkunftslabel profitieren.
Die Europäische Kommission hat eine neue Verordnung für handwerkliche und industrielle Produkte zum Schutz des geistigen Eigentums vorgeschlagen. Mit neuen geografischen Angaben will die Kommission Regionen und Hersteller im europa- und weltweiten Wettbewerb stärken.
Für traditionelle handwerkliche und industrielle Produkte wie Natursteine, Schmuck, Textilien, Spitzen, Besteck, Glas und Porzellan ist ein Schutz der Produktbezeichnung auf europäischer Ebene vorgesehen. Bisher gibt es ein entsprechendes Herkunftslabel nur für Lebensmittel. Dazu gehören etwa Schwarzwälder Schinken oder Spreewälder Gurken.
Sichtbarkeit von Produkten erhöhen
"Europa verfügt über ein außergewöhnliches Erbe an handwerklichen und industriellen Produkten von Weltruf. Es ist an der Zeit, diesen Herstellern – wie Lebensmittel- und Weinerzeugern – ein neues Recht des geistigen Eigentums zu verleihen, das das Vertrauen in ihre Produkte sowie deren Sichtbarkeit erhöht, indem es für ihre Authentizität und ihren Ruf bürgt", erklärt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton.
Die Kommission hofft, dass durch die Regeln der neuen Verordnung besonders in kleinen und mittleren Unternehmen qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen werden können. Außerdem sollen sie zur Entwicklung des Tourismus, auch in den ländlicheren oder wirtschaftlich schwächeren Gebieten, beitragen.
Mit der Verordnung will die Kommission Folgendes erreichen:
- Einführung eines EU-weiten Schutzes geografischer Angaben für handwerkliche und industrielle Produkte, damit Hersteller die mit ihren Produkten verbundenen Rechte des geistigen Eigentums in der gesamten EU schützen und durchsetzen können. Die neue Verordnung wird auch das Vorgehen gegen gefälschte Produkte, einschließlich solcher, die online verkauft werden, erleichtern. Sie wird der derzeitigen Zersplitterung abhelfen, die durch den Teilschutz auf nationaler Ebene besteht.
- Ermöglichung einer einfachen und kostengünstigen Eintragung geografischer Angaben für handwerkliche und industrielle Produkte durch Einführung eines zweistufigen Antragsverfahrens. Die Hersteller müssten die Eintragung einer geografischen Angabe bei den benannten Behörden der Mitgliedstaaten beantragen, welche anschließend erfolgreiche Anträge zur weiteren Bewertung und Genehmigung an das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) weiterleiten würden. Wenn ein Mitgliedstaat kein nationales Bewertungsverfahren eingerichtet hat, können Anträge auch direkt beim EUIPO gestellt werden. Der Vorschlag verschafft Herstellern auch die Möglichkeit, ihre Produkte selbst für konform mit den Produktspezifikationen zu erklären, wodurch das System flexibler und kostengünstiger wird.
- Vollständige Kompatibilität mit dem internationalen Schutz des geistigen Eigentums, indem Hersteller handwerklicher und industrieller Produkte mit eingetragener geografischer Angabe in die Lage versetzt werden, ihre Produkte in allen Unterzeichnerländern der Genfer Akte über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) zu schützen, der die EU im November 2019 beigetreten ist und die geografische Angaben für handwerkliche und industrielle Produkte abdeckt. Zugleich wird es nun möglich, entsprechende geografische Angaben aus Drittländern in der EU zu schützen.
- Unterstützung der Entwicklung von Europas ländlichen Gebieten und Regionen, indem Herstellern, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, Anreize geboten werden, in neue authentische Produkte zu investieren und Nischenmärkte zu schaffen. Die vorgeschlagene Verordnung wird auch dazu beitragen, einzigartige Fertigkeiten zu erhalten, die ansonsten möglicherweise verloren gehen, insbesondere in den ländlichen und weniger entwickelten Regionen Europas. Die Regionen würden vom Ansehen der neuen geografischen Angaben profitieren. Dies kann hilfreich sein, um Touristen anzuziehen und in den Regionen neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, wodurch ihre wirtschaftliche Erholung angekurbelt wird.
Damit Produkte geschützt werden können, müssen sie drei Kriterien erfüllen, die sich auf "geografisch verwurzelte Produktqualität" beziehen: Sie müssen ihren Ursprung in einem abgrenzbaren Ort, Region oder Land haben. Ihre Eigenschaften müssen wesentlich auf seinen geografischen Ursprung zurückzuführen sein und mindestens ein Produktionsschritt muss in dem bestimmten geografischen Gebiet erfolgen.
Hersteller der in Frage kommenden Produkte können mittels eines zweistufigen Antragsverfahrens ein Qualitätslabel beantragen, um ihre Produktbezeichnungen zu schützen. Verwaltungsaufwand und die Befolgungskosten sollen dabei so gering wie möglich gehalten werden.
Zweistufiges Antragsverfahren
In einem ersten Schritt übermittlen die Erzeuger ihren Antrag an die Behörden der Mitgliedstaaten. Die Behörden auf nationaler Ebene prüfen den Antrag, führen das nationale Einspruchsverfahren durch und reichen nach einem positiven Ergebnis der Prüfung einen Unionsantrag beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ein.
Danach prüft das EUIPO Anträge, führt ein weltweites Einspruchsverfahren durch und trifft eine Entscheidung über die Gewährung oder Verweigerung des Schutzes. Sobald die Entscheidung über die Eintragung getroffen ist, trägt das Amt im Unionsregister den eingetragenen Namen, die eingetragene Klasse und die eingetragenen Ursprungsländer des Produkts ein.
Besserer Schutz auf Drittmärkten
Dann können Hersteller mit der geschützten geografischen Angabe werben und sie mit einem Logo auf der Produktkennzeichnung anbringen. Außerdem soll die Verordnung einen besseren Schutz der Hersteller in der EU auf Drittmärkten wie China besser schützen, indem ehrgeizigere Bestimmungen über geografische Angaben in bilateralen Handelsabkommen der EU festgelegt werden
Der Vorschlag der Kommmission basiert auf dem Aktionsplan für geistiges Eigentum. Sie kommt damit Aufrufen von Herstellern, regionalen Behörden sowie des Europäischen Parlaments und des Ausschusses der Regionen nach, die die Kommission aufgefordert hatten, einen Rechtsrahmen für den Schutz handwerklicher und industrieller Produkte zu schaffen.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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