Europa soll bis 2050 klimaneutral werden
Sie ist weniger als zwei Wochen im Amt als Präsidentin der EU-Kommission, und schon legt Ursula von der Leyen eine sehr ambitionierte, aber noch nicht sehr konkrete Klimaschutzstrategie vor - den Green Deal.
"Ich will, dass ihr in Panik geratet." Das sagte die Klimaaktivistin Greta Thunberg beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos Anfang des Jahres mit Blick auf die Politik, die aus ihrer Sicht viel zu wenig für den Klimaschutz tut. Spätestens seit Aufkommen der Fridays-for-Future-Bewegung ist dieses Thema vor allem in der Gesellschaft hochaktuell und gewinnt weiter an Strahlkraft. Und die Politik reagiert.
Von der Leyens Fahrplan für Europa
In Deutschland wurde bereits das Klimaschutzpaket 2030 geschnürt und auch auf europäischer Ebene wurde nun ein Fahrplan vorgelegt, wie Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent gemacht werden soll. Ob das panisch ist, sei mal dahingestellt, aber etwas hektisch wirkt es schon, wenn Ursula von der Leyen keine zwei Wochen nach Amtsantritt als Chefin der Europäischen Kommission eine solche ambitionierte Strategie mit dem Namen "Der europäische Grüne Deal" oder auch "Green Deal" vorlegt.
Was ist geplant? Um das oben genannte Ziel zu erreichen, setzt die Kommission auf einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, der in den kommenden Jahren abgearbeitet werden soll. Dabei geht es auch um Ressourceneffizienz und die Reduktion von Schadstoffemissionen. Der Grüne Deal soll zeigen, wie die Art zu arbeiten und zu produzieren geändert werden muss, um die Unternehmen innovationsfähig zu machen, so von der Leyen. Von einer Umgestaltung ist die Rede, die die europäische Wirtschaft widerstandsfähiger gegen Umweltrisiken machen soll. "Wir werden unserer Wirtschaft dabei helfen, zum globalen Vorreiter zu werden, indem sie vor allen anderen handelt." Betreffen werde das alle Wirtschaftszweige.
Innovationsprogramme sollen Anreize schaffen
Das klingt erst einmal wenig konkret. Die Unternehmen sollen sich modernisieren und so ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und steigern. Investitions- und Innovationsprogramme sollen Anreize schaffen, neue, umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Einige Initiativen will die Kommission schon zu Beginn des kommenden Jahres starten. Im März will sie ein europäisches Klimagesetz vorschlagen, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 rechtlich zu verankern. Damit sollen die Betriebe Rechtssicherheit für ihre Investitionen erhalten. Außerdem will sie einen Aktionsplan zur Förderung einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft vorstellen.
Das Handwerk begrüßt die Pläne der Kommission und lobt sie als Musterbeispiel verantwortungsvoller, nachhaltiger Klimapolitik. "Wir sind daher sehr gespannt auf die Konkretisierung der Ankündigungen zum geplanten Klimaschutzgesetz", erklärt Holger Schwannecke. Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks mahnt aber gleichzeitig, die 24 Millionen kleinen und mittleren Betriebe (KMU) nicht aus den Augen zu verlieren. Sie seien unverzichtbar, damit aus einer Idee ein umsetzungsfähiger Plan wird. KMU dürften nicht mit umweltpolitischen Anforderungen überfrachtet werden, stellt Schwannecke klar. "Auch auf EU-Ebene muss gelten: So viel Innovationswettbewerb durch marktbasierte Lösungen wie möglich, so wenig ökologische Detailregulierung wie nötig."
Zusätzlich 260 Milliarden Euro im Jahr
Die EU-Kommission rechnet mit erheblichen zusätzlichen Investitionen, die mit der Umsetzung der Ziele einhergehen – schätzungsweise 260 Milliarden Euro jährlich, um die derzeitigen Klima- und Energieziele bis 2030 zu erreichen. Sie will dafür sowohl den öffentlichen als auch den privaten Sektor mobilisieren. Dazu will sie Anfang 2020 einen Investitionsplan "für ein nachhaltiges Europa" vorlegen, um zur Deckung der zusätzlich benötigten Mittel beizutragen. Zweckgebundene Finanzierungen sollen nachhaltige Investitionen anstoßen. Mindestens ein Viertel des langfristigen EU-Haushalts soll für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben werden. Das Handwerk hofft dabei, dass die herkömmliche KMU-Förderung nicht auf der Strecke bleibt.
Die Kommission plant Maßnahmen in zehn unterschiedlichen Bereichen:
- Klimaambitionen (EU-Klimagesetz, Anhebung der Klimaziele für 2030),
- saubere,erschwingliche und sicherere Energie (Bewertung der nationalen Klimapläne, Renovierungswelle für den Bausektor, Strategie für Offshore-Windenergie),
- Industriestrategie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft (EU-Industriestrategie, Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft, Rechtreformen im Bereich Abfallwirtschaft),
- nachhaltige und intelligente Mobilität (Strategie für nachhaltige Mobilität, Aufforderung zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobilität, Vorschlag für strengere Grenzwerte für Luftschadstoffemissionen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor),
- Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Agrarpolitik (Verringerung des Einsatzes chemische Pestizide, Düngemittel und Antibiotika),
- Erhaltung und Schutz der Biodiversität (Biodiversitätsstrategie 2030, neue Forststarategie),
- Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt (Null-Schadstoff-Aktionsplan für Luft, Wasser und Boden),
- Einbeziehung der Nachhaltigkeit in alle Politikbereiche (Strategie für nachhaltiges Finanzwesen, Ausrichtung aller Initiativen der Kommission an die Ziele des grünen Deals),
- die EU als globaler Vorreiter (Stärkung des internationalen politischen Rahmens),
- gemeinsam handeln (europäischer Klimapakt, Vorschlag für ein 8. Umweltaktionsprogramm).
Quelle: EU-Kommission
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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