Gerd Benzmüller

Gerd Benzmüller (Foto: © Foto Braitsch)

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Jetzt die Chancen der Digitalisierung erkennen und nutzen!

Mit innovativen Tools effizienter arbeiten und Zeit gewinnen: Gerd Benzmüller plädiert für mehr Strukturen und Prozesse.

Gerd Benzmüller, Kreishandwerksmeister der Innungen in Trier-Saarburg, wurde als neues Mitglied in den HWK-Vorstand gewählt. Im Interview spricht der Inhaber von Elektro Benzmüller GmbH & Co. KG in Saarburg darüber, wie Betriebe die Auswirkungen der Coronakrise abfedern können.

DHB: Herr Benzmüller, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Ausbreitung werden in den kommenden Wochen voraussichtlich weiter zunehmen. Wie haben Sie die Krise bislang erlebt?
Benzmüller: Für mich persönlich liegt die größte Veränderung in der Entschleunigung. Ich hatte sogar mehr Zeit für mich, weil zum Beispiel viele An- und Abfahrten zu Terminen wegfielen, die durch Videokonferenzen ersetzt wurden – sogar solche, die sonst auf der Baustelle stattgefunden hätten. Als Kreishandwerksmeister treibt mich aber auch die Sorge um Betriebe um, denen die Krise stark zusetzt. Für deren Belange setzen sich die Kreishandwerkerschaften und die Handwerkskammer jetzt besonders ein.

DHB: Wie können die Betriebe wieder durchstarten?
Benzmüller: Wir müssen jetzt durchhalten und fortsetzen, was wir bislang aus der Krise gelernt haben. Die Betriebe haben gezeigt, dass sie flexibel sind und auf Veränderungen schnell reagieren können. Vor allem haben sie die Chancen der Digitalisierung erkannt und genutzt. Das sollten wir unbedingt beibehalten und weiter ausbauen!

DHB: Was hat die forcierte Digitalisierung in Ihrem Betrieb ausgelöst?
Benzmüller: Die Coronakrise hat sich auf das Elektrohandwerk wie auf die Bau- und Ausbaugewerke generell vergleichsweise gering ausgewirkt. Wir hatten 2020 sogar Rekordumsätze! Andere dagegen hat es stark getroffen – etwa Friseure, Fotografen und Messebauer. Aber auch wir mussten Distanz halten. Also haben wir Berührungsängste abgebaut und mit Erfolg neue Tools ausprobiert, die zum Beispiel Abläufe bei der Auftragsabwicklung stärker automatisieren. Oder nehmen wir den innovativen Einsatz von Kameras auf der Baustelle: Auch dadurch ist unsere Arbeit effizienter geworden. Es ist absehbar, dass sich der Digitalisierungs- und Innovationsschub in den Betrieben etablieren und bewähren wird.

DHB: Jahr für Jahr bleiben rund 500 Lehrstellen im regionalen Handwerk offen. Was können wir tun, damit sich wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden?
Benzmüller: Wir müssen uns mehr öffnen. Mehr Praktika anbieten, mehr in Schulen gehen, die duale Ausbildung noch stärker bewerben. Und den alten Zopf abschneiden, dass ein Handwerksberuf viel Staub und Dreck bei wenig Einkommen bedeutet. Eine ausgelernte Fachkraft verdient mehr als ein studierter Taxifahrer: Damit sollten wir provokanter werben! Wenn wir den Fachkräftemangel nicht eindämmen können, wird eine Handwerkerstunde in zehn Jahren 90 Euro kosten und qualifizierte Handwerker zur Mangelware werden. Kommen dann viele Handwerker aus Osteuropa, die ebenfalls sehr fleißig sind, dürfen wir keine Angst davor haben. Zugleich müssen wir noch mehr in den eigenen Reihen für das Handwerk werben – bis es alle es verstanden haben!

DHB: Erfolgsfaktor Qualifizierung: Was raten Sie den Handwerkern?
Benzmüller: Sich für Neues zu öffnen und Strukturen zu verbessern, vor allem: sich mehr mit Prozessdenken zu befassen. Wie
erstelle ich Prozesse? Welche brauche ich? Wie bediene ich sie? Immer gleiche Arbeitsabläufe lassen sich durch effizientere Strukturen und entsprechende Software optimieren – von der Ausschreibung bis hin zur Abrechnung. Das entlastet Fachkräfte. So finden sie mehr Zeit, ihr Handwerk auszuüben.

DHB: In Ihrer Doppelfunktion als Kreishandwerksmeister und HWK-Vorstandsmitglied: Wie wollen Sie die beiden Organisationen stärker verzahnen?
Benzmüller: Das Schlüsselwort lautet "Kommunikation". Gerade jetzt in der Coronakrise muss man sich noch mehr abstimmen als bisher. Das ist übrigens auch in anderen Bereichen das A und O: Sei es auf der Baustelle, unter Mitarbeitern, im Team oder im Kundengespräch. Kammer und Kreishandwerkerschaft tauschen sich wieder regelmäßig aus. Aktuell sind wir dabei, gleichartige Angebote der verschiedenen Organisationen zu sichten, auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu bündeln. Ich finde, Handwerker sollten ihre Interessen stärker kommunizieren und auch politisch noch mehr mitmischen. Deshalb habe ich mich für die Landtagswahl am 14. März aufstellen lassen. Das Handwerk muss an einem Strang ziehen, um seine Ziele zu erreichen. Wir Handwerker sind Mitspieler und keine Konkurrenten – weder in den Institutionen, noch in den Betrieben!

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Text: / handwerksblatt.de

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