Von Bankenvertretern über Bürgermeister und Bundestagsabgeordnete bis hin zum Botschafter und Bischof: Mehr als 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Gesellschaft verabschiedeten sich in der Handwerkskammer Trier von Rudi Müller. Stark vertreten war auch das Handwerk selbst. Zahlreiche Präsidenten, Vizepräsidenten und Hauptgeschäftsführer anderer Kammern waren ebenso unter den Gästen wie Vertreter der Innungen und Kreishandwerkerschaften. Der 73-jährige Schreinermeister aus Pluwig blickt auf 20 Jahre Präsidentschaft zurück – Jahre, in denen er das Handwerk prägte wie kaum ein anderer. "Dass so viele Gäste der Einladung gefolgt sind, zeigt die außerordentliche Wertschätzung, die Rudi Müller genießt", sagte dessen Amtsnachfolger, Bernd Elsen. Müller war von 2004 bis 2024 als Kammerpräsident im Einsatz. Dabei hatte der passionierte Segler das Steuer auch bei Wind und Wetter stets fest in der Hand.
Mit einer Mischung aus Humor, Bodenständigkeit und Weitblick war es Müller in seiner Amtszeit zwischen 2004 und 2024 gelungen, die Kammer zu modernisieren und gleichzeitig die Werte des Handwerks hochzuhalten. Bernd Elsen brachte es in seiner Ansprache auf den Punkt: "Rudi Müller brennt für das Handwerk. Er hat über den eigenen Betrieb hinausgeschaut und dem gesamten Handwerk Impulse gegeben. Konflikte hat er nicht gescheut, aber immer mit Respekt ausgetragen." Denn Rudi Müller, das wurde an diesem Tag einmal mehr deutlich, ist immer "ein Volks-Präsident geblieben", wie Elsen es ausdrückte, "ohne Allüren, aber mit umso mehr Herz".
"So sieht kein Präsident aus!"
Dass Müller als Präsident bodenständig geblieben ist, illustrierte er in seiner Abschiedsrede mit einer Anekdote aus den Anfängen seiner Amtszeit. Kurz nach seiner Wahl parkte er mit seinem Firmenwagen auf dem für den Präsidenten reservierten Parkplatz gegenüber der HWK. Zwei Azubis an der Bushaltestelle kommentierten das: "Der darf doch da nicht parken!"
Müller, inzwischen aus dem Werkstattkittel in Hemd und Krawatte samt Sakko geschlüpft, erwiderte: "Moment mal, vielleicht bin ich ja der Präsident!" Die Lehrlinge konterten: "Nee, nee, so sieht kein Präsident aus!" Die Geschichte sorgte bei den Gästen für Schmunzeln und Gelächter, war aber auch typisch für Müller: Er wollte nie abgehoben wirken, sondern immer nah an den Menschen bleiben.
Pionier und Gestalter …
Die Festreden zeigten, wie außerordentlich groß und vielfältig sein Wirken als Präsident war. Ministerpräsident Alexander Schweitzer bezeichnete ihn als Pionier, der früh erkannt habe, welche Chancen in der nachhaltigen Produktion mit Holz stecken. "Den ersten Ökoaudit-Betrieb im rheinland-pfälzischen Schreinerhandwerk zu führen, war Ende der 90er Jahre etwas ganz Besonderes und Innovatives", sagte er. Der Neubau des Bildungszentrums "Campus Handwerk" in Passivhausbauweise sei ein Meilenstein, der ohne Müllers Einsatz nicht denkbar gewesen wäre, betonte Schweitzer. Als Präsident müsse man täglich Entscheidungen treffen und "Leitplanken" setzen, sagte er – damit das Handwerk weiterhin goldenen Boden habe, auch wenn es sich täglich neu beweisen müsse. "Wer aus solchem Holz geschnitzt ist, übernimmt auch gerne Verantwortung", sagte er und bezeichnete den Pluwiger mit Blick auf dessen überregionales und internationales Engagement treffend als "in der Region verwurzelt und mit vielen Ästen in der Welt verzweigt".
Das deutsche Handwerk hatte seinen höchsten Repräsentanten entsendet: Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, war zur Verabschiedung aus Dresden angereist. Auch er fand wertschätzende Worte und verglich Müllers Wirken in Anspielung auf dessen Faible für Wassersport mit der Binnenschifffahrt, in der Arbeit und Leben untrennbar miteinander verwoben sind. Er dankte Müller für das, was er für die Handwerksfamilie geleistet habe. "Rudi Müller hat sich ohne Eitelkeiten in den Dienst der Gesellschaft gestellt,", sagt er. "Solche Persönlichkeiten brauchen wir!"
… mit Weitblick und Visionen
Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt war direkt von der "Grünen Woche" aus Berlin angereist, um Rudi Müllers Lebensleistung zu würdigen und ihm Respekt zu zollen. Sie charakterisierte ihn als "verwurzelt, geerdet und vernetzt". Er sei ein Vorbild und habe anderen Menschen Orientierung gegeben. Und es sei ihm hervorragend gelungen, einer kleinen Kammer wie der HWK Trier dennoch großes Gehör zu verschaffen. "Mit dem Bau des Campus Handwerk hat Rudi Müller ein Leuchtturmprojekt geschaffen, das weit über die Region hinausstrahlt. Der erste überbetriebliche Bildungsstandort im Passivhausstandard setzt Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit des Handwerks", sagte die Ministerin. Der Neubau habe "Leuchtturmfunktion mit überregionaler Strahlkraft" und somit auch zum Imagewandel im Handwerk beigetragen. Zudem würdigte Schmitt Müllers Engagement für Europa. Mit seinem Weitblick und seiner Weltoffenheit habe er stets "die richtigen Impulse gesetzt".
Einer der bewegendsten Momente für Rudi Müller war die Videobotschaft des Präsidenten der Nepal Youth Foundation. Som Paneru bedankte sich für Müllers Engagement, das jungen Menschen in Nepal neue Lebensperspektiven eröffne. Bereits in seiner Amtszeit hatte Müller Projekte in Nepal und auch Ruanda unterstützt, die ausbildungsbenachteiligten Jugendlichen zugutekommen. Aus diesem Grund hatte er anstelle von Abschiedsgeschenken um Spenden für die Nepal Youth Foundation gebeten.
Abschied mit Herzblut
Rudi Müller fiel der Abschied sichtlich schwer. "Meine Präsidentschaft war für mich eine wichtige Zeit, in der sich viel getan und verändert hat", sagte er. "Mit unserer Geschäftsführung, den engagierten Mitarbeitern, unseren Ausbildungsmeistern und Dozenten und unseren Kollegen aus dem Ehrenamt haben wir vieles erreicht. Herzlichen Dank, Euch allen!" Seine Worte wurden mit stehenden Ovationen quittiert – ein unübersehbarer Beweis der Wertschätzung für einen Mann, der sich mit Leidenschaft, Vision und Menschlichkeit für das Handwerk eingesetzt hat. Der Handwerksfamilie bleibt er nun als Ehrenpräsident erhalten.
Ein letztes Mal am Ruder, verabschiedete er sich mit dem gleichen Herzblut, das seine Arbeit all die Jahre prägte.
Stimmen zum Abschied
Hauptgeschäftsführer Axel Bettendorf: "Ich werde an Rudi Müller seine menschenfreundliche, emphatische und sehr humorvolle Art vermissen, verbunden mit seiner Fähigkeit, Menschen mitzunehmen und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Rudi Müller hat die Handwerkskammer Trier seit über 20 Jahren mitgeprägt und dabei an verantwortlicher Stelle mitgeholfen, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Mir persönlich war er immer ein offener Ansprechpartner, der immer die Interessen des regionalen Handwerks nach vorne gestellt hat."
Andrea Dany-Kramp, Assistentin der Geschäftsführung: "Sein außergewöhnlicher Einsatz, seine dynamische und visionäre Art sowie seine menschliche Führung haben mich nachhaltig geprägt und inspiriert. Rudi Müller war stets ein Präsident, der die Menschen und den persönlichen Kontakt in den Mittelpunkt stellte. Er war und ist immer einer von uns. Mit seiner Gelassenheit und seinem immer offenen Ohr war er für mich ein Vorbild und ein äußerst respektierter Vorgesetzter. Seine unermüdliche Energie und seine beeindruckende Ausstrahlung wird er als Ehrenpräsident sicher beibehalten."
Helmut Gosert, ehemaliges Vollversammlungsmitglied und Ex-Landesinnungsmeister SHK: "Rudi Müller ist nicht nur ein avantgardistischer Visionär, der wegweisende Entwicklungen vorangetrieben hat, sondern auch ein echter Leitwolf – zielstrebig, durchsetzungsstark und zugleich empathisch, hilfsbereit und stets dem Teamgedanken verpflichtet. Er handelt stets mit klarem Blick und fundierter Überzeugung. Seine Art, Verantwortung mit einer Mischung aus Stärke und Menschlichkeit zu tragen, hat uns inspiriert und geprägt. Er ist ein Dirigent, der die Richtung vorgibt, ohne dabei ultimativ zu sein. Ich wünsche ihm für seinen weiteren Weg alles erdenklich Gute und danke ihm von Herzen für sein unermüdliches Engagement."
Bilder: Verabschiedung Rudi MüllerHier gibt es zahlreiche Bilder zum Abschied von Rudi Müller.
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Text:
Constanze Knaack-Schweigstill /
handwerksblatt.de
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