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HWK Koblenz | Dezember 2024
Die meisten "Landesbesten" kommen von der HwK Koblenz
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt zeichnete jahrgangsbeste Absolventen von Meister- und Fortbildungsprüfungen aus.
Wie lassen sich hier Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk begeistern? (Foto: © Wavebreak Media Ltd/123RF.com)
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Digitales Handwerk - Themen-Specials
Februar 2019
In Zeiten des Fachkräftemangels müssen Betriebe neue Wege gehen, um Auszubildende zu finden, denn heute sind junge Menschen vor allem in sozialen Medien aktiv.
Handwerksbetriebe in Deutschland erhalten auf die Ausschreibung ihrer Ausbildungsstellen immer weniger Bewerbungen. Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit von Oktober 2018 blieben im letzten Jahr rund 14 Prozent der bundesweiten Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt. Ein neuer Weg, um Auszubildende zu finden, ist die Suche in sozialen Netzwerken – denn diese gehören für viele junge Menschen mittlerweile zum Alltag. Viele Unternehmen tun sich mit diesem Schritt jedoch schwer: Gerade einmal 24 Prozent der Personalverantwortlichen aus kleinen und mittelständischen Unternehmen nutzen laut einer Bitkom-Studie von September 2018 soziale Netzwerke zur Besetzung freier Stellen. Diese Zahlen sind für Handwerksbetriebe eine große Chance: Denn wer sich jetzt in sozialen Netzwerken engagiert, fällt aufgrund der geringen Wettbewerberzahlen schneller auf.
Kreatives Ausbildungsmarketing
Doch wo lohnt es sich für Handwerksbetriebe besonders, auf Azubisuche zu gehen? Marktführer unter den sozialen Netzwerken ist nach wie vor Facebook mit 32 Millionen deutschen Nutzern. Außerdem beliebt – gerade bei jungen Menschen – sind Instagram, Pinterest, YouTube und Tumblr. Wer diese Plattformen im Rahmen seines Ausbildungsmarketings kreativ nutzt, kann bei jungen Menschen Aufmerksamkeit für Ausbildungsplätze im eigenen Betrieb erzeugen.
Da die meisten Social-Media-Kanäle vor allem über Bilder oder Videos funktionieren, bietet sich als Einstieg zum Beispiel ein Foto- oder Videotagebuch an, in dem Azubis ihren Beruf oder den eigenen Betrieb in allen Facetten vorstellen. Es lassen sich aber auch außergewöhnliche Produkte, tolle Projekte oder lustige Anekdoten in den Mittelpunkt stellen. Die eigenen Veröffentlichungen sollten allerdings nicht den Eindruck einer Werbemaßnahme vermitteln, sondern vielmehr informativ sein und gleichzeitig unterhalten. Wichtige Zutaten sind deshalb Humor und hin und wieder etwas Selbstironie – beides sorgt bei der Zielgruppe für Sympathie. Dies ist natürlich eine Gratwanderung, die jeder Betrieb selbst ausloten muss: Die eigene Professionalität oder Kompetenz sollte niemals infrage gestellt werden. Ein erfolgreiches Beispiel ist das Video der Glaserei Sterz aus Langen, die 2018 per Facebook-Video nach zwei Auszubildenden suchte – und daraufhin fast 40 Bewerbungen erhielt. Der Clip wurde bis heute über vier Millionen Mal aufgerufen.
Wer eigene Videos dreht, sollte bei der Länge nicht übertreiben: Bei einigen Plattformen ist die Laufzeit pro Clip auf 10 bis 60 Sekunden begrenzt. Viel wichtiger ist Kontinuität, sodass regelmäßig neue und interessante Inhalte bereitstehen. Dabei müssen die Fotos oder Videos keinen Hochglanzcharakter haben: In sozialen Netzwerken führt vor allem Authentizität zum Ziel. Außerdem wichtig: Viele Videos werden unterwegs ohne Ton angeschaut, weil andere Menschen nicht gestört werden sollen. Deshalb kann es sinnvoll sein, entsprechende Untertitel in Videos einzufügen. Um dies zu realisieren, gibt es verschiedene leicht zu bedienende Apps.
Wer sich dazu entscheidet, in sozialen Medien aktiv zu werden, sollte vorab ein klares Konzept entwickeln, das alle wichtigen Vorgaben abdeckt. Neben den geplanten Zielen und Verantwortlichen im eigenen Betrieb sollten darin auch alle rechtlichen Vorgaben festgehalten sein, die zu beachten sind. So müssen unter anderem alle Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingehalten werden. Wichtig ist dabei zum Beispiel, dass Social-Media-Apps keinen Zugriff auf das Adressbuch des Smartphones oder Tablets erhalten, sodass Kontakte nicht auslesbar sind. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte ein zusätzliches Gerät anschaffen, das exklusiv für soziale Medien bereitsteht und nicht zum Speichern personenbezogener Daten genutzt wird.
Das Engagement in sozialen Netzwerken ist zwar grundsätzlich gratis, kostet aber trotzdem etwas – nämlich Zeit. Zum einen, um regelmäßig neue und interessante Inhalte zu produzieren, zum anderen, um mit Nutzern zu interagieren. Denn soziale Netzwerke leben vor allem vom Austausch, vom gegenseitigen "liken" und kommentieren anderer Inhalte. Wer diese Zeit nicht aufwenden kann oder will, wird in sozialen Netzwerken keine großen Erfolge erzielen. Deshalb macht der Aufbau einer Social-Media-Präsenz vor allem Sinn, wenn regelmäßig neue Auszubildende gesucht werden.
Um von Anfang an den richtigen Ton in sozialen Netzwerken zu treffen, sollten schon bei der Ideen-Entwicklung eigene Azubis oder junge Mitarbeiter einbezogen werden. Denn diese kennen sich mit der Kommunikation in sozialen Netzwerken oft sehr gut aus und freuen sich, den eigenen Betrieb in diesem Bereich zu unterstützen. Um die Bekanntheit der eigenen Kanäle zu erhöhen, sollten diese außerdem intensiv beworben werden, zum Beispiel auf der eigenen Website, in Mail-Signaturen oder Werbeanzeigen. Mit der Zeit werden die eigenen sozialen Medien so immer bekannter – und erreichen mehr potenzielle Azubis.
Checkliste: Azubi-Ansprache in sozialen Medien
1. Konzept erstellen: Welche Ziele sollen erreicht werden? Und mit welchen Mitteln: Texte, Fotos oder Videos?
2. Welche sozialen Medien sind dafür am besten geeignet? YouTube eignet sich zum Beispiel besonders für Videos, Pinterest und Instagram für Fotos und Facebook für Videos, Fotos und Texte.
3. Verantwortungen festlegen: Wer betreut die Social-Media-Kanäle? Wer ist verantwortlich für Texte und Fotos? Wer beantwortet Kommentare und Fragen?
4. Sprachstil finden: Eigene Texte sollten weder allzu förmlich noch übertrieben jugendlich klingen, sondern locker und authentisch. Allgemein üblich ist bei der Ansprache in sozialen Medien das verbindliche "du".
5. Image aufbauen: Was ist Ihre Firmenphilosophie? Wie können Sie diese über Ihre Postings in sozialen Medien transportieren?
6. Inhalte entwickeln: Welche Inhalte eignen sich, zum Beispiel Foto-/Videotagebücher von Azubis, besondere Projekte, Interviews oder Einblicke in den eigenen Betrieb?
7. Protagonisten auswählen: Lassen Sie auf Ihren Social-Media-Kanälen immer wieder Mitarbeiter und vor allem Azubis zu Wort kommen. So bekommen junge Leser Informationen aus erster Hand von Menschen, die sie für besonders glaubwürdig halten.
8. Längen begrenzen: Die Aufmerksamkeitsspanne im Internet ist meist sehr klein. Deshalb sollten Texte und Videos kurz sein und von Anfang an überzeugen, damit der Nutzer diese nicht wegklickt.
9. Emotionen wecken: Im Internet werden vor allem Inhalte geteilt und weitergeleitet, die emotional berühren, unterhalten oder einfach lustig sind.
10. Updates planen: Wie oft und wann sollen künftig neue Inhalte hochgeladen werden? Entwerfen Sie ein Konzept mit kreativen Ideen.
11. Interaktion starten: Treten Sie in Kontakt mit anderen Nutzern. Kommentieren Sie Texte, Fotos und Videos von anderen Menschen. Beantworten Sie Fragen oder beteiligen Sie sich an fachlichen Diskussionen oder bei Ausbildungsthemen.
12. Gesetze beachten: Berücksichtigen Sie bei Online-Aktivitäten immer alle gesetzlichen Vorgaben, wie die DSGVO, das Urheberrecht und Telemediengesetz.
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