Meisterbrief nicht antasten
Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster, bezieht Position gegen Vorschläge der EU-Kommission.
Die Handwerkskammer Münster sorgt sich um den Meisterbrief und die duale Ausbildung. Hintergrund ist das vorgeschlagene Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission mit dem Ziel, Berufsreglementierungen generell abzubauen. Das betrifft auch die Meisterprüfung als Zulassungsvoraussetzung für die Selbstständigkeit.
"Auch das Handwerk bekennt sich klar zum Europäischen Binnenmarkt, stellt sich aber gegen das grundsätzliche Aushebeln von Berufsreglementierungen und die Aushöhlung der Gesetzgebungskompetenz nationaler Gesetzgeber", betonte Kammerpräsident Hans Hund in einem Pressegespräch. Der Meisterbrief dürfe nicht angetastet werden.
Starkes duales System der Berufsausbildung
Knut Heine, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, ergänzte: "Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Deutschland vergleichsweise so gering wegen des starken dualen Systems der Berufsausbildung mit Praxis in Betrieben und Theorie in Berufsschulen. Im Handwerk ist der Meisterbrief Garant für die betriebliche Ausbildung."
Die Handwerkskammer verwies auf die Entwicklung nach der Reform der Handwerksordnung in 2004, als 53 Handwerke zulassungsfrei wurden. "Die Hoffnungen der damaligen Befürworter haben sich nicht erfüllt: Es kam nicht zu mehr Beschäftigung und Ausbildung in diesen Berufen", so Hund. Zwar habe es einen Gründungsboom zumeist kleiner Betriebe mit kurzer Lebensdauer gegeben, insbesondere durch Soloselbstständige, von denen viele aus Mittel- und Osteuropa stammten (die Zahl der Betriebe in den zulassungsfreien Gewerken im Kammerbezirk Münster stieg seitdem um 130 Prozent, in den zulassungspflichtigen Gewerken dagegen um drei Prozent).
Reform der Handwerksordnung: Massiv gesunkenes Qualitätsniveau
Das habe zu einer massiven Absenkung des Qualifikationsniveaus und einem Verlust von Ausbildung und letztlich auch Verbraucherschutz in der Region geführt. 2004 bildete jeder "meisterpflichtige" Betrieb statistisch 0,84 Lehrlinge aus. 2016 waren es 0,76 Lehrlinge je Betrieb. Der Rückgang spiegelt den demografischen Wandel und den Trend zum Studium wieder. Bei den zulassungsfreien Betrieben sackte der Wert von Auszubildenden pro Betrieb von 0,43 auf 0,17 ab. Ausbildung finde in diesen Berufen fast nur noch in den meistergeführten Altbetrieben statt. Diese würden mit der Zeit aber immer weniger werden, weil auch immer weniger Fachkräfte nachwüchsen, so Hund.
Dieser Trend schlägt sich auch in der Beschäftigung nieder: Während in den "meisterpflichtigen" Betrieben zwischen 2008 und 2015 die Zahl der Beschäftigten pro Betrieb von 9 auf 9,4 zunahm, sank sie im selben Zeitraum in den zulassungsfreien Berufen von 5,9 auf 4,3.
Negative Folgen für den Verbraucherschutz
Knut Heine verwies auf die negativen Folgen für den Verbraucherschutz. Die Anfragen nach Sachverständigen in den zulassungsfreien Berufen seien zwischen 2004 und 2016 von 114 auf 211, also um 85 Prozent gestiegen. Daran ließe sich ablesen, dass eine zunehmende Zahl von Kunden mit den handwerklichen Leistungen in diesen Berufen, in denen jedermann tätig werden dürfe, unzufrieden seien.
"Weniger Bildung ist ein Irrweg", unterstrich Hund, "wir brauchen stattdessen mehr Bildung und eine Stärkung der Berufsqualifikation."
Foto: © Peter Leßmann
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben