Nachfolgelotsen helfen Betrieben bei der Übergabe. Ein gelungenes Beispiel bietet Gerüstbauer Andreas Bönninger aus Dortmund.

Nachfolgelotsen helfen Betrieben bei der Übergabe. Ein gelungenes Beispiel bietet Gerüstbauer Andreas Bönninger aus Dortmund. (Foto: © ekarin/123RF.com)

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Doppelt gelungene Betriebsnachfolge

Der Gerüstbauunternehmer Andreas Bönninger hat zwei Unternehmen an seine Kinder übergeben.

Vielen Inhabern fällt es eher schwer, jemand Anderen die Führung ihres Unternehmens zu überlassen. Schließlich geht es doch irgendwie ums Lebenswerk, das weitergegeben werden soll. Beim 1988 gegründeten Familienunternehmen Gerüstbau Bönninger GmbH & Co. KG in Dortmund-Brackel ist dieser Generationswechsel hervorragend gelungen. Die Kinder des Inhabers, Nadine und Christian, wurden schon früh in alles miteinbezogen. Jetzt sind sie, obwohl noch recht jung, am Ruder.

Als 2009 feststand, dass beide Kinder irgendwann in die Fußstapfen der Eltern treten wollen, kaufte Bönninger die Gerüstbau Cieslik GmbH dazu – ein traditioneller Handwerksbetrieb mit jeweils einer Niederlassung in Dortmund und Lünen. Rund 50 Mitarbeiter des Unternehmens, für das kein passender Nachfolger gefunden wurde, konnten so ihre Jobs behalten. Mit seinen 60 Jahren hat Gerüstbauermeister und Inhaber Andreas Bönninger das Rentenalter noch längst nicht erreicht. Dennoch hat er im vorigen Jahr die Geschäftsführung der Gerüstbau Bönninger GmbH & Co. KG in Dortmund-Brackel an seine Tochter (33) übertragen. Seit Juli 2020 ist Sohn Christian Bönninger (27) Geschäftsführer der Gerüstbau Cieslik GmbH.

Übergabe bedeutet Verantwortung

Gelungene Betriebsübergabe (v.l.): Andreas Bönninger, Carmen Bönninger, Nadine Bönninger und Christian Bönninger. Foto: © HWK DortmundGelungene Betriebsübergabe (v.l.): Andreas Bönninger, Carmen Bönninger, Nadine Bönninger und Christian Bönninger. Foto: © HWK Dortmund

Den Weg zur passgenauen Betriebsübergabe haben Andreas und seine Frau Carmen Bönninger, die gute Seele des Familienunternehmens, auch dank der Unterstützung durch die Handwerkskammer Dortmund beschritten. So hat sich die ganze Familie beispielsweise zunächst bei einem Vortrag zum Generationenwechsel umfassend informiert. "Man musst wissen, wie man das Ganze angehen kann. Mit einer Übergabe übernimmt man ja schließlich auch Verantwortung, auch für Familien der Mitarbeiter, die da dranhängen", so Christian Bönninger.

Gemeinsam mit einer Steuerberaterin und der Handwerkskammer Dortmund konnte für die Familie ein passendes Modell für die Übergabe gefunden werden.

Voneinander lernen

Schwer gefallen ist es dem Senior nicht: "Beide Kinder sind sehr engagiert und fachlich versiert. Ich kann den Betrieb nur an jemanden übergeben, der weiß, was er tut." Dass 2020 der richtige Zeitpunkt für die Übergaben war, darin ist sich die Familie einig. Andreas Bönninger steht seinen Kindern bei ihren neuen Aufgaben als Geschäftsführer*in mit Rat und Tat zur Seite.

"Wir halten immer noch Rücksprache mit ihm und sind immer noch ein Team. Es ist ein großer Zusammenhalt", betont Nadine Bönninger. Die beiden jungen Nachfolger bringen frischen Wind und neue Pläne in die zwei Gerüstbauunternehmen. "Die Innovationen der Jungen treffen auf die langjährige, praktische Erfahrung der Älteren. Beide lernen voneinander", sagt Carmen Bönninger.

Ausbildung als Grundlage

Ursprünglich hatte Christian Bönninger vor, Jura oder Betriebswirtschaft zu studieren. Doch es kam anders. Mit der Ausbildung zum Bürokaufmann bei der Gerüstbau Cieslik GmbH, die er 2013 erfolgreich abschloss, legte er eine gute Grundlage für die spätere Nachfolge. "Geschäftsführung ist ja schon sehr wirtschaftslastig. Früher oder später wollte ich dann irgendwie gar nicht mehr weg und es hat mir immer mehr Spaß gemacht." Dass er die Ausbildung im Betrieb seiner Eltern absolvierte, sei von großem Vorteil gewesen, denn er habe in guten wie schlechten Zeiten den Betriebsalltag mitbekommen.

Um fachliches Know-how zu erwerben und dann einen eigenen Betrieb führen zu dürfen, absolvierte er eine Ausbildung zum Gerüstbauer und legte 2016 erfolgreich die Meisterprüfung ab. Als nächstes kurzfristiges Projekt Lkw-Führerschein auf der To-Do-Liste. "Als Geschäftsführer hat man ja eine Vorbildfunktion gegenüber seinen Mitarbeitern und Auszubildenden, deshalb werde ich das noch in Angriff nehmen."

Jüngste Gerüstbauerin Deutschlands

Bis dahin fährt wohl seine Schwester Nadine das Material zur Baustelle oder den Lkw zum TÜV. Im Gegensatz zu ihrem Bruder fühlt sie sich auf der Baustelle wohler als im Büro. 2006 bestand sie ihre Prüfung als Gerüstbauerin – nach einer um ein Jahr verkürzten Ausbildungszeit. Bereits im gleichen Jahr begann sie den Vollzeitlehrgang zur Gerüstbauermeisterin und absolvierte 2007 die Meisterprüfung mit Erfolg. Mit gerade einmal 19 Jahren war sie damals die jüngste Gerüstbauermeisterin Deutschlands. Die "offizielle" Betriebsübergabe steht zwar noch aus, weil die zweifache Mutter damit noch warten möchte, bis ihre Kinder etwas älter sind. Doch alle Zeichen stehen auf Start und sie ist bestens vorbereitet.

Die Eltern, erinnert sich Christian Bönninger, hätten immer gesagt, dass sie einmal machen sollen, was ihnen Spaß macht. "Wenn man nicht mit dem Herzen dabei ist, kann man den Job nicht vernünftig machen. Der Beruf istschließlich auch eine Berufung." Für die Zukunft wollen beide Geschäftsführer ihre Unternehmen weiter nach vorne bringen, innovative Maschinen einführen und neue Bauprojekte realisieren. Nadine Bönninger: "Wir wollen mit der Zeit gehen."

Schenkung ist beliebte Variante

Nachfolge-Expertin Birgit Hemsing, Unternehmensberaterin bei der Handwerkskammer Dortmund. "Bei Nachfolgeregelungen innerhalb der Familie ist die Schenkung eine beliebte Variante", erklärt Hemsing.

Mit einer langfristigen und gezielten Vermögensübertragung durch mehrere Schenkungen könnten in beträchtlichem Umfang Steuern gespart werden, da dem Übernehmer alle zehn Jahre je nach Verwandtschaftsgrad ein steuerlicher Freibetrag zur Verfügung stehe, sagt sie. Daneben gebe es für Unternehmen weitere steuerliche Vergünstigungen, wenn dieser fortgeführt werde.

Hintergrund & InfosHintergrund Im Rahmen der Initiative "Unternehmensnachfolge – Aus der Praxis für die Praxis" fördert das Bundeswirtschaftsministerium das Projekt der Handwerkskammer Dortmund "Nachfolgelots*innen – Übergeber*innen sensibilisieren, potentielle Nachfolger*innen gewinnen" und damit innovative Unterstützungsangebote bei der Unternehmensnachfolge. Ziel des Projekts ist es, Betriebsinhaber frühzeitig für das Thema Betriebsübergabe und die Notwendigkeit der Nachfolgersuche zu sensibilisieren.
Kontakt Nachfolgelotsin Ilka Berg, Tel: 0231-5493450, E-Mail: nachfolge@hwk-do.de und Birgit Hemsing, Betriebswirtschaftliche Beratung, Tel. 0231 5493417, Mobil: 0151 46722140, E-Mail: birgit.hemsing@hwk-do.de.
Internet Betriebsbörse der Handwerkskammer Dortmund nexxt-change (Unternehmensbörse)
Ziele Ziel der beiden kostenfreien Börsen ist es, nachfolgeinteressierte Unternehmer und Existenzgründer zusammen zu bringen. Handwerkskammer-Nachfolgelotsin Ilka Berg berät gerne.

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Text: / handwerksblatt.de

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