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HWK Koblenz | Dezember 2024
Die meisten "Landesbesten" kommen von der HwK Koblenz
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt zeichnete jahrgangsbeste Absolventen von Meister- und Fortbildungsprüfungen aus.
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Oktober 2015
Arbeitgeber sind zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement verpflichtet, wenn ihre Mitarbeiter längere Zeit arbeitsunfähig sind. Acht Tipps für die Praxis.
Arbeitgeber müssen ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Ziel ist es, Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen oder zu überwinden und den Arbeitsplatz zu erhalten. Die zuständigen Interessenvertretungen müssen beteiligt werden. Das BEM muss übrigens auch durchgeführt werden, wenn eine Kündigung nicht angedacht ist.
Für wen gilt das BEM? Das BEM gilt für alle Arbeitnehmer und ist nicht auf Behinderte beschränkt.
Arbeitgeber sind zur Durchführung eines BEM verpflichtet, wenn der Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Die Pflicht besteht also auch, wenn mehrere kürzere Phasen in der Summe mindestens sechs Wochen ergeben. Entscheidend sind dabei nicht das Kalenderjahr, sondern die letzten zwölf Monate. Die sechs Wochen entsprechen 42 Tagen. Alle Tage der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber bei der Berechnung berücksichtigen, also auch Kuren und Rehabilitationsmaßnahmen. Auch Feiertage und Wochenenden werden dabei einbezogen. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss nicht vorliegen.
Das Gesetz sieht lediglich die Durchführung des BEM im konkreten Einzelfall vor, weitere Voraussetzungen legt es nicht fest. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer Entscheidung die Anforderungen konkretisiert: "Es ist ein nicht formalisiertes Verfahren, das den Beteiligten jeden denkbaren Spielraum lässt." Ziel sei ein "faires und sachorientiertes Gespräch", dessen Verlauf und Ergebnis sich nach „den Erfordernissen des jeweiligen Einzelfalles zu richten haben" (Az.: 2 AZR 198/09). Damit bleibt es dem Arbeitgeber überlassen, ob er ein formalisiertes BEM einführen will, etwa mit einer Betriebsvereinbarung.
Beteiligt werden müssen der Arbeitgeber, der erkrankte Mitarbeiter, der Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretung (wenn schwerbehinderte Personen betroffen sind), betriebsinterne Stellen (etwa Vertreter anderer Unternehmensbereiche, Arbeitssicherheitskraft), externe Partner (Rehabilitationsträger wie die Agentur für Arbeit und die Rentenversicherung), Reha-Kliniken, Einrichtungen der beruflichen Reha, Integrationsämter und örtliche Fürsorgestellen bei schwerbehinderten Menschen sowie Integrationsfachdienste.
Wer eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen will, muss vorher kein BEM durchführen, sagt das BAG. Allerdings könnte er in einem Arbeitsprozess Probleme bei der Beweislage bekommen. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihm seien keine alternativen Einsatzmöglichkeiten bekannt.
Rehabilitationsträger und Integrationsämter geben Prämien und Boni für die Einführung eines BEM.
Ist der Mitarbeiter lange Zeit erkrankt oder häufig kurz erkrankt und will der Unternehmer ihn kündigen, sollte er vorher unbedingt das BEM durchführen. Ein gescheitertes BEM und eine Weigerung des Betroffenen stärken seine Position in einem Arbeitsgerichtsprozess. Bei einer Kündigung in der Probezeit muss übrigens kein BEM durchgeführt werden.
Tipp: Alle Vereinbarungen und Maßnahmen sollten Arbeitgeber zum Beweis für einen möglichen Kündigungsschutzprozess schriftlich festhalten.
Autoren: Dr. Nicolai Besgen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Oliver Krämer, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn Rhein-Sieg
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