Weiterbildung: Gut für Mitarbeiter und Betrieb
Qualifizierung ist der Schlüssel zum Erfolg für Arbeitnehmer, aber auch für ihre Unternehmen. Wer sich wie fortbilden kann und was das Recht dazu sagt, erklären wir hier.
Die Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten macht Arbeitnehmer persönlich zufriedener. Doch wie sieht es mit dem rechtlichen Rahmen aus? Haben Mitarbeiter einen Anspruch auf Weiterbildung? Und worauf kommt es bei der Auswahl von Maßnahmen an? Hier finden Sie einen Überblick.
Recht auf Bildungsurlaub
Die Deutschen liegen beim Thema betriebliche Weiterbildung unter dem Durchschnitt der EU-Länder. Trotz des Rechtsanspruchs auf Weiterbildung haben im Jahr 2022 lediglich acht Prozent der 25- bis 64-Jährigen an einer solchen Maßnahme teilgenommen. Andere Studien sprechen sogar von nur 3,5 Prozent. Zurückgeführt wird dies auf unzureichende Informationen oder die Sorge vor negativen Reaktionen des Chefs. Dabei bieten fast drei Viertel aller Unternehmen Weiterbildung an. Das Interesse an diesen Maßnahmen ist in den letzten Jahren sogar tendenziell gesunken.
Bereits seit den 1970er Jahren besteht in Deutschland das Recht auf Bildungsurlaub, der jedoch streng genommen als Bildungsfreistellung bezeichnet werden sollte. Denn es geht hierbei nicht um klassischen Urlaub, sondern darum, an zusätzlichen weiteren freien Tagen an Weiterbildungen teilzunehmen. Diese können von Sprach- und Studienreisen über Kurse zu Kreativitätstechniken oder Social Media bis hin zu Seminaren zur Förderung von Gesundheit und Stressbewältigung oder Workshops in Kunst und Kultur reichen. Die Fortbildung muss aber einen Bezug zum eigenen Beruf, zur politischen Weiterbildung oder zum Ehrenamt haben.
Angebote sind vielfältig
Ein umfassender Überblick über mögliche Angebote ist auf dem Deutschen Bildungsserver des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation zu finden. Zudem ist es wichtig, dass die Qualität der Weiterbildung gesichert ist. Der Anbieter der Maßnahme sollte anerkannt und qualifiziert sein, da der Arbeitgeber die Zustimmung zur Weiterbildung verweigern kann, wenn Zweifel an der Qualität des Anbieters bestehen.
Je nach Land unterschiedlich
Das Recht auf Bildungsurlaub ist in Deutschland Ländersache, was bedeutet, dass es je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen gibt.
- In Bayern und Sachsen beispielsweise ist dieses Recht bisher gesetzlich nicht verankert.
- In Rheinland-Pfalz hängt der Anspruch von der Unternehmensgröße ab: Bei Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern kann der Arbeitgeber die Freistellung verweigern.
- In Nordrhein-Westfalen wird die Zustimmung zur Freistellung erst ab einer Mitarbeiterzahl von zehn erforderlich.
- Grundsätzlich sieht das Gesetz in vielen Bundesländern einen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Kalenderjahr vor. In Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz sind jedoch bis zu zehn Tage innerhalb von zwei Jahren möglich.
Das Übertragen von nicht genommenem Bildungsurlaub ins folgende Jahr ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich. In einigen Bundesländern ist dies einmalig erlaubt, jedoch nicht in allen. So ist es beispielsweise in Baden-Württemberg ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht jedoch in allen Ländern: Wenn der Arbeitgeber die Maßnahme ursprünglich genehmigt hat, die Zustimmung jedoch später zurückzieht, kann man die Tage ins nächste Jahr übertragen, sofern die Weiterbildung erst dann stattfinden kann.
Antrag schriftlich einreichen und Frist beachten
Wenn man eine geeignete Weiterbildung gefunden hat, darf man diese aber nicht einfach buchen. Der Mitarbeiter muss den Antrag zur Freistellung schriftlich beim Chef einreichen. Dieser sollte Nachweise über die Anerkennung der Maßnahme sowie Details zum Seminarinhalt und -ablauf enthalten. Die Fristen, die dabei einzuhalten sind, variieren je nach Bundesland und betragen in der Regel zwischen sechs und acht Wochen vor Beginn der Weiterbildung.
Es ist wichtig, dass der Arbeitgeber ausdrücklich zustimmt, da er die Freistellung auch ablehnen kann. Ein solches Veto ist zum Beispiel gerechtfertigt, wenn die Abwesenheit wegen besonderer Umstände – etwa ein wichtiger Großauftrag oder Krankheit im Team – den Betriebsablauf erheblich stören würde. In solchen Fällen kann der Chef den Mitarbeiter auch darum bitten, einen alternativen Zeitraum vorzuschlagen.
Wer sich Bildungsurlaub wünscht, muss ihn selbst bezahlen
In Deutschland ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die Kosten für betriebliche Fortbildungen zu übernehmen, wenn diese der beruflichen Weiterentwicklung des Mitarbeiters und den Unternehmenszielen dienen. Dies umfasst neben den Teilnahmegebühren auch mögliche Reise- und Materialkosten.
Bei Fortbildungsmaßnahmen, die auf Initiative des Mitarbeiters beruhen, müssen die Kosten jedoch in der Regel selbst getragen werden. Dies schließt auch Reise- und Unterbringungskosten ein. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, das Gehalt während der Abwesenheit des Mitarbeiters weiterzuzahlen.
Positive Effekte für beide Seiten
Eine aktuelle Studie zeigt, dass Bildungsurlaub sowohl für die Gesundheit der Mitarbeiter als auch für die Attraktivität des Unternehmens von Vorteil ist. 55 Prozent der Befragten berichteten von einer Verbesserung ihrer Gesundheit, 43 Prozent gaben an, weniger krank zu sein. Bildungsurlaub steigert außerdem die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen: 78 Prozent der Teilnehmer empfinden Firmen, die Bildungsurlaub anbieten, als attraktiver, und 62 Prozent fühlen sich emotional stärker an den Arbeitgeber gebunden.
Quelle: ARAG
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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