Harald Elster ist Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes und des Steuerberaterverbandes Köln.

Harald Elster ist Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes und des Steuerberaterverbandes Köln. (Foto: © Steuerberater-Verband e.V. Köln)

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Steuerberater: Begleiter auf dem Weg durch die Krise

Bund und Länder haben schnell und flexibel reagiert, sagt Harald Elster, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes und des Steuerberaterverbandes Köln, im Interview zu den steuerlichen Soforthilfen in der Corona-Krise. Nachbesserungsbedarf sieht er bei den weiteren Steuerplänen der Großen Koalition.

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Harald Elster aus Reichshof im Bergischen Kreis ist seit 2008 Präsident des Steuerberater-Verbandes e.V. Köln und seit 2013 Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. (DStV)

Im Interview mit dem Deutschen Handwerksblatt (DHB) lobt er die schnelle Hilfe von Bund und Ländern in der Corona-Krise. Wäre da nicht der "föderalistische Flickenteppich". Kritisch sieht Elster die aktuellen Steuerpläne der Großen Koalition. Zum Teil würde der Mittelstand wieder außen vor bleiben.

DHB: Herr Elster, momentan beschäftigt die Corona-Krise die Unternehmen. Wie beurteilen Sie die steuerlichen Liquiditätshilfen, die die Bundesregierung geschnürt hat. Sind die Maßnahmen aus Ihrer Sicht sinnvoll und ausreichend?
Harald Elster: Ich war und bin begeistert, wie schnell und flexibel Bund und Länder reagiert haben. Die eröffneten Instrumente wie die Stundung von Steuern oder die Rückzahlungen von Vorauszahlungen können zügig frische Liquidität liefern. Allerdings macht sich hier auch ein föderalistischer Flickenteppich bemerkbar. Ein Beispiel: Die Erstattung der umsatzsteuerlichen Sondervorauszahlung setzte sich zuerst in Hessen und NRW durch. Die anderen Länder zogen nur schrittweise nach. Auch höre ich aus der Praxis, dass die Finanzämter die Anträge nicht überall gleichermaßen großzügig bewilligen. Das ist gerade für kleine Unternehmen bedrohlich. Ein weiterer sinnvoller Beitrag aus dem Werkzeugkasten des untergesetzlich Möglichen ist die aktuelle Entscheidung des BMF, prognostizierte Verluste aus 2020 auf Antrag mit Gewinnen aus 2019 zu verrechnen. Dies wird eine Erstattung der Vorauszahlungen für 2019 kurzfristig ermöglichen und kann im Zuge der Steuererklärungen 2019 / 2020 glattgezogen werden.   

DHB: Wie können die Steuerberater Selbstständigen und Unternehmern in der aktuellen Situation zur Seite stehen?
Harald Elster: Die derzeitige Situation ist für alle eine große Belastung. Zu gesundheitlichen Ängsten treten auch – wirtschaftliche – existenzielle. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene einen Ansprechpartner haben, der sie in dieser Zeit unterstützt. Hier kommt der Steuerberater ins Spiel. Gemeinsam mit dem Mandanten analysieren wir, welche Hilfen für ihn in Frage kommen und unterstützen ihn. Sei es im Hinblick auf die soziale Sicherung mittels Kurzarbeitergeldes oder Soforthilfen oder bei der Wahl der steuerlichen Hilfsmaßnahmen. Wir sind damit wichtige Begleiter auf dem Weg durch die Krise und natürlich auch darüber hinaus.

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DHB: Auch in der Krise arbeitet die Große Koalition (GroKo) weiter an steuerpolitischen Maßnahmen für die Zukunft. Anfang März hat man sich in der Koalition darauf geeinigt, das Wirtschaftswachstum durch steuerpolitische Maßnahmen zu steigern. Die GroKo möchte zum Beispiel eine "Veranlagungsoption" für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer einführen. Die unterschiedlichen Besteuerungsformen können heute zu einer höheren Steuer für Personenunternehmer führen. Das soll vermieden werden. Sie haben sich zu dem Optionsmodell kritisch geäußert. Warum?
Harald Elster: Die Überlegungen zur Einführung der "Veranlagungsoption" dürften sich an den Ausführungen zum "Optionsmodell" des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland orientieren. Bereits die Vorbemerkung des Papiers deutet an, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Option möglicherweise nicht nutzen würden, weil sie unpraktikabel erscheint. Als Vertreter von kleinen und mittleren Steuerberatungskanzleien erlaube ich mir, die Einschätzung des IDW zu KMU auf ein Gros des Berufsstands zu übertragen: Die Ausgangsidee des Optionsmodells – die Fiktion einer Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach dem Umwandlungssteuergesetz - zählt nicht zum alltäglichen Beratungsfeld kleiner und mittlerer Kanzleien. Wie soll die "Veranlagungsoption" so in der Breite der Unternehmerschaft ankommen? Zumal das Modell Einzelunternehmen explizit ausschließt.

DHB: Sie fordern stattdessen, die bereits bestehende Thesaurierungsbegünstigung nach Paragraf 34a EStG und deren Öffnung für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) auszubauen. Wie würde das den kleinen und mittleren Betrieben des Handwerks helfen?
Harald Elster: Die Thesaurierungsbegünstigung hat der Gesetzgeber eingeführt, um die Eigenkapitalquote großer Unternehmen zu stärken. So sollte die Investitionsfähigkeit verbessert werden. Auch sollte die Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften angeglichen werden. Diese positiven Wirkungen kommen bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht an. Die Begünstigung lohnt sich aufgrund der derzeitigen Ausgestaltung für sie nicht. Ein Beispiel: Gegenwärtig wird ein Gewinn, der nicht ausgeschüttet wird, nur einem Steuersatz von 28,25 Prozent unterworfen. Schüttet der Unternehmer später aus, kommen 25 Prozent hinzu – unabhängig von dem tatsächlichen Steuersatz des Unternehmers. So liegt die finale Steuerlast aktuell höher als bei den meisten KMU. Damit das Instrument auch für kleine und mittlere Betriebe des Handwerks attraktiv wird, muss der Gesetzgeber etwa den Nachversteuerungssatz deutlich absenken.

Mit dem Elektrofahrzeug steuerliche Vorteile einfahren

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DHB: Zum Jahreswechsel gab es viele steuerpolitische Neuerungen, etwa die Förderung der Elektromobilität. Wie beurteilen Sie die Entwicklung und welche Rolle spielt dabei der Steuerberater für die Unternehmen?
Harald Elster: Eine Reduktion des CO2-Ausstoßes ist mit Blick auf den Klimawandel zweifelsohne geboten. Daher ist die Förderung durchaus gerechtfertigt. Jedoch dürfte sie allein nicht zum Ziel führen. Zumal die Klimabilanz von Elektrofahrzeugen umstritten ist. Wir als Deutscher Steuerberaterverband haben daher eine technologieoffene Förderung angeregt. Schließlich können auch alternative Antriebsarten (zum Beispiel Wasserstoff) förderlich für eine umweltverträgliche Mobilität sein. Aber für Unternehmer, die über die Anschaffung neuer Firmenwagen nachdenken, lohnt die Rücksprache mit dem Steuerberater allemal. Hier können sie, je nach Modell, mit einem Elektrofahrzeug spürbare steuerliche Vorteile einfahren.

DHB: Der ZDH kritisiert die wachsende Bürokratie im Steuerrecht. Stichwort Gutscheine. Was sagen Sie dazu?
Harald Elster: Ja, beim Thema Bürokratieabbau sind wir sicher noch nicht am Ende des Möglichen. Aber immerhin bewegen wir uns schrittweise in die richtige Richtung. So begrüßen wir als DStV beispielsweise die Anpassung der umsatzsteuerlichen Istbesteuerungsgrenze an die verfahrensrechtliche Buchführungsgrenze. Unternehmen mit Umsätzen zwischen 500.001 und 600.000 Euro profitieren nun von vereinfachten Aufzeichnungspflichten. Auch die Anhebung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmergrenze war sicherlich eine sinnvolle Maßnahme zum Bürokratieabbau. Wir werden uns aber natürlich weiterhin für noch mehr Bürokratieabbau, etwa im Zusammenhang mit handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen, einsetzen.

Zeitnahe Betriebsprüfung sollte allen Betrieben offenstehen

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DHB: Beim Thema Außenprüfung haben Sie kürzlich mehr Rechtssicherheit für kleine und mittlere Unternehmen gefordert. Etwa eine zeitnahe Betriebsprüfung für alle und die Möglichkeit der freiwilligen Vorauszahlung. Wie genau werden KMU hier benachteiligt und wird sich das in absehbarer Zeit ändern?
Harald Elster: Es gibt in Deutschland bereits das Instrument der zeitnahen Betriebsprüfung. Die Landesfinanzverwaltungen nutzen es aber bislang überwiegend nur für große Konzerne. Das heißt, während große Unternehmen in den Genuss von zeitnaher Rechtssicherheit kommen, müssen kleine und mittlere Unternehmen darauf oftmals lange warten. Bei einer Steuernachzahlung ist das bei einer Verzinsung von 6 Prozent per anno kein Spaß. Deshalb sollte die zeitnahe Betriebsprüfung für alle offenstehen. Denkbar wäre, ein Antragsrecht für Steuerpflichtige einzuführen, dass nur in begründeten Fällen abgelehnt werden darf. Noch zeichnen sich bedauerlicherweise keine konkreten Reformpläne in diese Richtung ab. Der Deutsche Steuerberaterverband bleibt aber hartnäckig dran, dass auch KMU früher als bisher Rechtssicherheit erhalten.

DHB: Die Grundsteuer ist ja auch immer noch ein zentrales Thema. Wie ist da Ihre Position?
Harald Elster: Mit Spannung warten wir auf die Reaktionen der Länder, die ihnen durch die Länderöffnungsklausel zustehen. Führen etwa zwei aneinandergrenzende Länder unterschiedliche Regelungen ein, befürchten wir, dass es zu Friktionen und Rechtsunsicherheiten kommt. Das gilt es, für Bund und Länder zu vermeiden. Ebenso ist zu befürchten, dass die Kommunen künftig an der Steuerschraube drehen, um sich zu sanieren. Da müssen wir dagegenhalten.

Erwartungshaltungen der Betriebe an "ihren Steuerberater" wandeln sich

DHB: Zum Schluss eine ganz praktische Frage: Laut einer aktuellen Umfrage der Datev kommt die Digitalisierung im Handwerk voran. Wie verbessert die Digitalisierung die Abläufe für Betriebsinhaber und was müssen sie aus Sicht eines Steuerberaters dafür tun?
Harald Elster: Mit der fortschreitenden Digitalisierung hat sich auch die Erwartungshaltung der Betriebe an "ihren" Berater immer mehr gewandelt. Das spüren wir Steuerberater deutlich. Wir verstehen dies vor allem als Bestätigung der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit unseren Mandanten. Die digitalisierten Kanzleien haben die IT-gestützten Prozesse auch in den Betrieben ihrer Mandanten deutlich vorangebracht. Dabei geht es heute längst nicht mehr allein um Steuererklärungen, Buchhaltung und Jahresabschlüsse. Hinzu kommen immer mehr auch betriebswirtschaftliche und strategische Beratungsleistungen. Im Fokus steht hier die Unterstützung bei Investitions- und Personalentscheidungen, die Erstellung von Planungsrechnungen und Liquiditätsübersichten bei Finanzierungsfragen oder die Erarbeitung von Kalkulationsgrundlagen für die Angebotsbearbeitung. Viele Mandantenbetriebe profitieren bereits heute konkret davon, dass ihre Berater mit IT-Unterstützung beispielsweise aus den betrieblichen Unternehmenszahlen schnelle und greifbare Handlungsempfehlungen entwickeln. Ich wünsche mir, dass noch mehr Betriebe ihre Steuerberater nicht allein als Steuerfachleute wahrnehmen, sondern zugleich als Coaches im Bereich Betriebswirtschaft und Digitalisierung. Denn Betriebe und Berater verbindet doch eines: der wirtschaftliche Erfolg als gemeinsames Ziel.

Die Fragen stellte Kirsten Freund

Text: / handwerksblatt.de

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