Soloselbstständige: Allein, aber glücklich?
Eine aktuelle Studie zeigt: Viele Soloselbstständige sind mit ihrer Situation zufrieden, selbst wenn sie wenig verdienen. Warum sich der Kontakt zur Kammer trotzdem lohnen kann und wie Solisten sich richtig absichern:
Die Soloselbstständigen sind auf dem Vormarsch. Zwischen 1991 und 2012 stieg ihre Zahl um 82,4 Prozent auf 2,5 Millionen, meldet das Institut für Mittelstandsforschung. Eine aktuelle Studie vom Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh) geht davon aus, dass über 40 Prozent der Handwerksbetriebe Ein-Personen-Unternehmen sind. Eine Größe, mit der man rechnen muss.
Die Studie basiert auf den Ergebnissen einer Sonderauswertung der Handwerkszählung, auf der ZDH-Strukturumfrage von 2013 und etwa 30 Interviews mit soloselbstständigen Handwerkern. Und sie zeigt: Die Einzelkämpfer lassen sich nicht über einen Kamm scheren. Zu verschieden sind ihre Unternehmenskonzepte, sozialen Umstände und Einstellungen. Die Bandbreite reicht vom Rentner, der etwas dazuverdient, über die Hausfrau, die ihren Friseursalon drei Tage in der Woche öffnet und sich sonst um die Kinder kümmert, bis hin zum Restaurator, der über 50.000 Euro im Jahr erwirtschaftet. Die Solisten sind also keineswegs nur sogenannte "Kümmerexistenzen", die nicht genug zum Lebensunterhalt verdienen und denen Altersarmut droht, wie viele Untersuchungen nahelegen.
Geringerer Verdienst als bei Unternehmern mit Angestellten
SZwar zeigt auch die ifh-Studie, dass die Soloselbstständigen im Handwerk im Vergleich weniger verdienen als Unternehmer mit Angestellten. 40 Prozent von ihnen fallen unter die Kleinunternehmerregelung mit einem Umsatz von weniger als 17.501 Euro im Jahr, nur etwa sieben Prozent erwirtschaften mehr als 125.000 Euro Umsatz. Dennoch ist die Mehrzahl der Befragten zufrieden. Das liegt meist daran, dass es noch andere Einkommensquellen gibt, etwa eine Rente oder das Gehalt des Partners. Der Anteil der Teilzeit-Selbstständigen liegt laut Studie bei 20 Prozent.
Besonders für die hauptberuflichen Ein-Personen-Unternehmer, die mehr verdienen oder ihr Geschäft ausweiten wollen, lohnt sich der Kontakt zur Kammer. "Viele bleiben alleine, weil sie zwar ihre Arbeit gern machen, aber die Beschäftigung mit Berufsgenossenschaften, Löhnen, Arbeitsrecht oder Umsatzsteuer scheuen. Da können die Kammern unterstützen", sagt Dr. Klaus Müller vom ifh, der maßgeblich an der Studie beteiligt war.
Kammer kann beim Wachstum helfen
"Die Qualifizierung der Soloselbstständigen ist das Wichtigste. Viele wissen gar nicht, was es bedeutet, selbstständig zu sein", so Müller. Auch die kaufmännische Weiterbildung sei wichtig, weil längst nicht alle der Solisten eine Meisterschule besucht und einen Meistertitel erworben hätten. Die Studie empfiehlt den Handwerkskammern, "sich bei bestimmten Angeboten explizit an handwerkliche Kleinstbetriebe zu wenden und dies auch so zu kommunizieren".
Das könnten spezielle Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen für Kleinstunternehmer sein oder die Förderung ihrer Vernetzung etwa mit Erfahrungsaustausch-Gruppen oder über Internetplattformen. Nur könnten die Kammern die Ein-Personen-Unternehmer nicht erkennen und darum nicht direkt ansprechen. Darum müssten die Soloselbstständigen selbst aktiv werden und sich bei den Kammern melden, rät Müller.
Gründungsbetrag nutzen
"Auch Soloselbstständige sollen sich beraten lassen", meint Kai Hambüchen, Betriebsberater von der Handwerkskammer Düsseldorf. Infoveranstaltungen und Workshops der Startercenter NRW könnten angehende Gründer als Basisinformation nutzen. "Die Businessworkshops klären über Chancen und Risiken auf, denn nicht jeder ist zum Unternehmer geboren und nicht jedes Geschäftskonzept geeignet", sagt Hambüchen. Auch die Kammer Düsseldorf bietet eine Prüfung zur Tragfähigkeit der geplanten Selbstständigkeit an. Da Einzelkämpfer in der Regel nur tatsächlich geleistete Stunden verkaufen könnten, rechnet er etwa aus, wie viele Stunden der Unternehmer produktiv tätig sein kann und welcher Monats- und Jahresumsatz dadurch möglich ist.
Auch die Planung der Kosten sei machbar. Bei Handwerksunternehmen ist das unternehmerische Risiko allgemein hoch, betont der Betriebsberater. Sie müssen die Krankenkasse komplett zahlen, dazu kommen eventuell die freiwillige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung, die Beiträge für Berufsgenossenschaft und natürlich die Steuern. Sie müssen ihren Arbeitsausfall, die Altersvorsorge und die Berufsunfähigkeit versichern. Hambüchen scheut auch nicht davor zurück, eine geplante Existenzgründung ganz in Frage zu stellen: "Wenn die geplanten Erträge die betrieblichen Kosten, die soziale Absicherung sowie die Kosten der Lebenshaltung nicht spätestens im zweiten Jahr decken, sehe ich das nicht als erfolgversprechendes Vorhaben an und rate ab."
Text:
Melanie Dorda /
handwerksblatt.de
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