Notfallordner: Gerüstet für den Fall der Fälle
"Einmal im Jahr sollte man probesterben", sagt Roland Brökelschen. Der Optikermeister aus Moers macht sich Gedanken darüber, "was wäre, wenn mir etwas passiert".
In warmem Rot gestrichene Wände, Designerlampen, einladende Ledersofas, eine offene Werkstatt – erst kürzlich hat Roland Brökelschen sein Optik-Geschäft in der Moerser Altstadt gemeinsam mit seiner Partnerin Eva van Dieken geschmackvoll renoviert. (Einblicke unter: www.der-optiker.info)
Jetzt hat der Augenoptikermeister und Opticstylist auch seinen Schreibtisch in Ordnung gebracht, alle privaten und geschäftlichen Papiere sortiert: Der Firmenchef hat eine Notfallmappe angelegt. Einen Ordner, in dem er sämtliche Daten zu Versicherungen, Bankverbindungen, Verträgen und Schlüsselnummern zusammengetragen hat, die gebraucht werden, sollte der Chef plötzlich ausfallen.
Nur die wenigsten Unternehmer sorgen für die Ernstfall vor
Als Ulrich Lippe, Betriebsberater der Handwerkskammer Düsseldorf, den Anruf von Roland Brökelschen bekam und um Hilfe bei der Notfallmappe gebeten wurde, war er erst einmal baff. "Wir predigen immer wieder, dass jeder Unternehmer eine solche Mappe braucht. Aber dass sich jemand wirklich freiwillig mit dem Ernstfall beschäftigt, das kommt in der Praxis so gut wie nie vor."
Das genaue Gegenteil sei der Alltag. Der Chef hat einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder Motorradunfall, und weder der Partner noch die Mitarbeiter wissen das Passwort des Computers, Löhne können nicht weitergezahlt werden, weil es keine Vollmachten gibt und die Pins und Tans für die Bank sind natürlich versteckt. Was ja auch richtig ist – aber im Erstfall sollte mindestens der Partner, der Steuerberater oder der Notar Zugang zu den Unterlagen haben. Dazu kommt: Gerade in einer solchen Extremsituation, wo es ohnehin kaum möglich ist, einen klaren Kopf zu bewahren, ist es hilfreich, wenn man nicht auch noch die Papiere zusammensuchen muss.
"Auch bei einem Skiunfall in den Bergen müssen die Geschäfte weiterlaufen"
"Ich bin kerngesund und quicklebendig", versichert Roland Brökelschen. "Doch ich verbringe als Berufspendler jeden Tag schon mindestens zwei Stunden auf der Autobahn. Außerdem reise ich gerne und viel", so der Unternehmer. "Es muss ja nicht gleich das Schlimmste passieren. Aber selbst wenn ich ,nur’ nach einem Skiunfall länger im Krankenhaus liegen würde und/oder nicht ansprechbar wäre, müsste das Geschäft auch ohne mich weiterlaufen."
Dazu kommt, dass Roland Brökelschen und Eva van Dieken für ihre Lebensgemeinschaft das ,amtliche Dokument’ fehlt. Also benötigen sie für den Fall der Fälle eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung – was sich übrigens in jedem Falle empfiehlt, damit die Wünsche des Betroffenen auch wirklich umgesetzt werden. Diese Unterlagen sind jetzt neben Kopien von Bankunterlagen, Versicherungsverträgen, Mitgliedsnummern bei HwK, IHK und Berufsgenossenschaft, dem Leasingvertrag für den Firmenwagen bis hin zum Vertrag mit dem Telefonanbieter in besagtem Notfallordner abgeheftet. Ein Exemplar befindet sich im privaten Safe, eines wird beim Steuerberater hinterlegt.
Der Inhalt der Mappe muss bei Veränderungen aktualisiert werden
Welche Unterlagen in solch einen Ordner gehören, hat Roland Brökelschen gemeinsam mit HwK-Betriebsberater Ulrich Lippe erarbeitet. Was sich allerdings nur nach ein bisschen Kopieren und Abheften anhört, ist so einfach nicht. "Drei Wochen habe ich Unterlagen sortiert und zusammengestellt", berichtet der Optikermeister, der seit 1992 selbstständig ist. "Und auf diesem Weg Ordnung in alle Papiere gebracht." Und für die Zukunft heißt das natürlich, dass der Inhalt der Mappe bei Veränderungen aktualisiert werden muss.
Interessante Information für die Hausbank
"Auch für die Hausbank ist eine Notfallmappe eine interessante Information, die man ruhig dem Firmenkundenberater vorlegen sollte", rät Ulrich Lippe, denn ein umsichtig und kompetent geführtes Unternehmen – wozu auch Vorsorge für einen Notfall gehört – wird im Rating positiver bewertet. Roland Brökelschen nennt einen weiteren positiven Nebeneffekt: "Ich habe mich dadurch intensiv mit allen innerbetrieblichen Abläufen beschäftigt und jeden Bereich durchleuchtet." Ergänzend wird er jetzt mit Hilfe der Handwerkskammer auch noch das Controlling optimieren und fühlt sich insgesamt für alle kommenden Herausforderungen gut aufgestellt. Sein Fazit: "Das kann ich nur jedem Kollegen empfehlen, man fühlt sich richtig gut nach so einer umfassenden freiwilligen Innenrevision!"
Kirsten Freund
Foto: © stylephotographs/123RF.com
Plan B - Der Notfallordner, der sich anpasst
Um dem Unternehmer ein praktisches Hilfsmittel an die Hand zu geben, haben die Volksbanken Raiffeisenbanken den Notfallordner "Plan B" entwickelt. Der Notfallordner richtet sich insbesondere an Inhaber von Personengesellschaften. Dort ist im Notfall unmittelbar auch die Privatsphäre betroffen, und das wird im Notfallordner berücksichtigt.
"Plan B – der Notfallordner" will einen doppelten Nutzen bieten: Zum einen ist die beiliegende CD-Rom ein "Werkzeugkasten", der Module zur Lösung von organisatorischen und finanziellen Problemstellungen im betrieblichen und privaten Bereich bereithält. Zum anderen kann er als praktischer Büroordner genutzt werden, beispielsweise für das Abheften von Rechtsdokumenten (Beurkundungen, Beglaubigungen, Vollmachten etc.). Sämtliche Instrumente auf der CD liegen im MS-Word-, MS-Excel- oder MS-Power-Point-Format vor. Parallel dazu können die PDF-Dateien als Druckvorlage verwendet werden.
Der Ordner soll damit nicht nur der Risikovorsorge dienen, sondern gleichzeitig ein Gestaltungsinstrument sein, mit dem der Unternehmer Einfluss auf den langfristigen Erfolg seines Unternehmens nehmen kann. Und ein weiterer Vorteil: die Risikoprävention kann zu einer besseren Rating-Einstufung durch die Hausbank führen.
Bei Interesse wenden Sie sich an einen Kundenberater der örtlichen Volksbank Raiffeisenbank. (Gegen Schutzgebühr).
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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