Leiharbeiter darf man nicht als Streikbrecher einsetzen
Ein Betrieb darf keine Leiharbeiter einsetzen, um den Streik seiner Angestellten zu unterlaufen. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt das bestehende Gesetz.
Der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher ist zu Recht verboten, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. Das 2017 verschärfte Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz (AÜG) verletze Arbeitgeber nicht in ihren Grundrechten.
Der Fall
Ein Kinobetreiber hatte Verfassungsbeschwerde gegen eine Regelung im AÜG eingereicht. Er sah sich durch die Norm in seinem Grundrecht auf Koalitionsfreiheit verletzt. Die Vorschrift wurde 2017 reformiert und verbietet, dass Leiharbeitnehmer von dem entleihenden Betrieb als Streikbrecher eingesetzt werden.
Die Entscheidung
Nach Ansicht des höchsten deutschen Gerichts ist die betroffene Regelung des AÜG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Koalitionsfreiheit sei zugunsten anderer Ziele mit Verfassungsrang durch den Gesetzgeber beschränkbar. Hierbei verfüge der Gesetzgeber auch über einen weiten Handlungsspielraum.
So würden die Arbeitgeber durch die AÜG-Norm in ihrer Entscheidung beschränkt, es handle sich dabei aber gerade nicht um ein generelles Verbot, Leiharbeitnehmer im Betrieb einzusetzen. Die AÜG-Regelung sei daher für im engeren Sinne verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber damit das Ziel verfolge, auch Leiharbeitnehmern ein angemessenes Arbeitsverhältnis zu gewähren und eine funktionierende Tarifautonomie zu erhalten. Das seien Ziele von so erheblichem Gewicht, dass sie grundsätzlich geeignet seien, auch gewichtige Grundrechtsbeschränkungen zu rechtfertigen, so die Richter.
Vor dem Verbot oft als Streikbrecher genutzt
Die Arbeitnehmerüberlassung sei vor dem Verbot vielfach eingesetzt worden, um Streiks ins Leere laufen zu lassen. Das habe die Kräfte der Gewerkschaften geschwächt, erklärte das BVerfG. Die Parität zwischen den Tarifparteien sei bedeutend für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie.
Das Gericht hat die Fragen offengelassen, ob der Kinobetreiber als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin in den persönlichen Schutzbereich der Koalitionsfreiheit fällt und ob der Einsatz von Leiharbeitskräften als Streikbrecher überhaupt als Mittel im Arbeitskampf geschützt ist.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. Juni 2020, Az. 1 BvR 842/17
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben