"Ich bin dem Handwerk und seinen Betrieben sehr dankbar. Sie leisten unverzichtbare Arbeit für den Wiederaufbau", sagt Michael Ebling, Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz im Interview mit dem Handwerksblatt.

"Ich bin dem Handwerk und seinen Betrieben sehr dankbar. Sie leisten unverzichtbare Arbeit für den Wiederaufbau", sagt Michael Ebling, Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz im Interview mit dem Handwerksblatt. (Foto: © MdI RLP/Silz)

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Fünf Fragen an Innenminister Michael Ebling

Betriebsführung

Der neue rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling über die Bedeutung des Handwerks bei der Gestaltung des gesellschaftlichen Fortschritts, des Klimaschutzes und beim Wiederaufbau in den Hochwasserregionen.

Im Oktober 2022 hat Michael Ebling das Amt des Innenministers von Rheinland-Pfalz angetreten. Zuvor war er zehn Jahre lang Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz und hatte in dieser Funktion enge Kontakte zum Handwerk. Wir haben ihn zum Wiederaufbau, zum Thema IT-Sicherheit und zur Stärkung des Ehrenamtes befragt. Außerdem wollten wir wissen, wie sein Ministerium den Erhalt lebendiger Innenstädte fördert.

Handwerksblatt (HB): Herr Minister Ebling, Sie haben als einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit den Wiederaufbau im Ahrtal genannt. Handwerksunternehmen und die Handwerksorganisation spielten beim Wiederaufbau von Anfang an eine zentrale Rolle. Was sind hier die Schwerpunkte in den kommenden Monaten, und wie wird Ihr Ministerium die Rahmenbedingungen für die optimale Hilfe durch das Handwerk gestalten?
Michael Ebling
: Das Handwerk hat direkt nach der Flutkatastrophe eine enorme Verantwortung übernommen. In einer nie dagewesenen Dimension mussten und müssen nach wie vor Reparaturen und Wiederaufbaumaßnahmen in die Tat umgesetzt werden. Eine zentrale Herausforderung war und ist die Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage, zwischen den Dienstleistungen der Handwerksunternehmen und den Geschädigten. Über die Internetplattform "handwerk-baut-auf.de" der Handwerkskammern Koblenz und Köln, die wir als Innenministerium unterstützen, bieten fast 2.000 Handwerksbetriebe aus ganz Deutschland ihre Leistungen an. Im Rahmen unserer Kooperation wird die HWK Koblenz bundesweit Handwerkskammern kontaktieren und deren bestehende Netzwerke zu Kreishandwerkerschaften, Innungen und Fachverbänden mit dem Ziel nutzen, das Angebot an Handwerksbetrieben auf der digitalen Plattform noch deutlich zu erweitern. Ich bin dem Handwerk und seinen Betrieben sehr dankbar: Sie leisten unverzichtbare Arbeit für den ­Wiederaufbau der Flutgebiete. Milliarden an Wiederaufbauhilfen helfen nichts, wenn niemand da ist, der die Wände hochzieht und die Dächer deckt.

HB: Immer mehr Unternehmen, auch im Handwerk, sind von Cyberangriffen betroffen. Das Thema wird aber trotzdem vielfach unterschätzt. Wie wollen Sie die Unternehmen für das Thema sensibilisieren und den Firmen bei der Umsetzung von Strategien zur Cybersicherheit zur Seite stehen?
Ebling
: Die Gefahren aus dem Cyberraum werden von den rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden bereits seit Jahren sehr genau beobachtet. Wir sehen, dass Cyberangriffe auf Unternehmen und Behörden zunehmen. Wie gefährlich solche Angriffe sein können, haben wir im Herbst im Rhein-Pfalz-Kreis gesehen. Dort hatten Hacker die IT-Systeme der Kreisverwaltung lahmgelegt, sensible Daten gestohlen und später im Darknet veröffentlicht. Um sich vor Cybersicherheitsvorfällen zu schützen, ist es auch für Handwerksbetriebe unabdingbar, neben technischen Schutzmaßnahmen ein breites ­Bewusstsein für die Maschen von Cyber-Betrügern und für mögliche Einfallstore in die IT-Infrastruktur zu schaffen. Diesen Aufklärungsansatz verfolgen wir mit unserem Informationsportal Cybersicherheit.rlp.de. Speziell für Unternehmen ist zudem beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz die "Zentrale Ansprechstelle Cybercrime" (ZAC) eingerichtet. Sie steht den Betrieben bei Cybercrime-Vorfällen zur Verfügung. Auch der Verfassungsschutz hat seine Angebote zur Cybersicherheit in diesem Jahr stark ausgebaut. Die Expertinnen und Experten unterstützen Unternehmen direkt sowie über das neue Sicherheitsportal "Cyberschutz Rheinland-Pfalz".

HB: Beim Thema Stadtentwicklung geht es künftig auch darum, Leerständen und Brachflächen mit innovativen Ideen zu begegnen. Wie werden Sie das Handwerk unterstützen, das vielerorts immer noch aus den Innenstädten und Wohngebieten an die Ränder getrieben wird?
Michael Ebling
: Um zukunftsfähig zu sein, müssen die Städte von morgen vielfältig und lebendig sein. Was wir brauchen ist ein attraktiver Mix an Angeboten, der sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientiert. Neben Einzelhandel, Wohnen, Kultur und Freizeit ist auch das Handwerk ein unverzichtbarer Bestandteil eines solchen lebendigen Mix. Das gilt ganz besonders für Innenstädte und Stadtteilzentren. Die Bäckermeisterin, den Optiker oder den Sanitärbetrieb um die Ecke zu haben, ist ein gutes Stück Lebensqualität. Mit unserem Modellvorhaben "Innenstadt-Impulse" fördern wir als Innenministerium Vorhaben von Städten, die ihre Innenstädte attraktiver machen wollen und dabei auf innovative Ideen setzen – beispielsweise neue Marketingmaßnahmen oder Aktivitäten und Events. Dafür haben wir allein 2022 rund 4,5 Millionen Euro in 25 Städten zur Verfügung gestellt. Das kommt sicherlich auch den Handwerksbetrieben zugute.

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HB: Beim Katastrophenschutz spielt das Ehrenamt eine wichtige Rolle. Viele Ehrenamtliche sind in Handwerksbetrieben beschäftigt, die diese für ihr Engagement teilweise freistellen. Wie werden Sie das Ehrenamt fördern?
Michael Ebling
: Die handwerklichen Ausbildungsberufe bilden einen Grundstock der ehrenamtlichen Feuerwehrleute, da dieses Ehrenamt in hohem Maß technisch und auch handwerklich geprägt ist. Für die Betriebe, die ihre Angestellten für Feuerwehreinsätze, -übungen und -lehrgänge freistellen müssen, ist das natürlich eine Herausforderung. Sie können deshalb bei der Gemeinde einen Antrag auf Kostenersatz stellen, beispielsweise für die während der Abwesenheit fortgezahlten Löhne. Um die Situation für die Betriebe zu verbessern, wurde gesetzlich klar geregelt, dass die Feuerwehrleute durch die Gemeinde nur für Einsätze herangezogen werden dürfen, für die wirklich feuerwehrtechnisches Fachwissen erforderlich ist und die nicht durch andere Stellen erledigt werden können. Natürlich appelliere ich aber auch an die Betriebe, sich aktiv um das Feuerwehrwesen zu bemühen. Auf die ehrenamtlichen Feuerwehren und deren Einsatzbereitschaft sind wir letztlich alle angewiesen. Eine wohlwollende Freistellung durch Betriebe nützt diesen auch selbst, falls sie einmal die Feuerwehr benötigen sollten.

HB: Was nehmen Sie aus Ihrer Erfahrung als Oberbürgermeister, mit engem Kontakt auch zu Handwerksbetrieben, mit auf die Landesebene?
Michael Ebling
: Mainz war und ist eine wachsende Stadt mit vielen Bauprojekten und einem großen Bedarf an Gebäuden und Neubauten. Ich habe in meiner Zeit als Oberbürgermeister eindrucksvoll miterlebt, wie wichtig und unverzichtbar die Handwerksberufe sind, um den gesellschaftlichen Fortschritt zu gestalten. Das gilt übrigens auch für den Klimaschutz: Alle gesellschaftlichen Bereiche nachhaltig umzubauen gelingt nur, wenn es genug Menschen gibt, die etwas von ihrem Handwerk verstehen und wissen, wie man Dämmungen, moderne Heizungen und Elektroantriebe verbaut. Das Handwerk gehört deshalb für mich in die Mitte der Gesellschaft.

Die Fragen stellte: Kirsten Freund

Nachgefragt: Wie läuft der Wiederaufbau aus Sicht des Handwerks?

Ralf Hellrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz:

"Die ersten Schritte aus dieser Katastrophe und das, was folgte, sind aus Sicht des Handwerks gut gelaufen. Die Angebote des Handwerks stehen, sie sind qualitativ wie auch quantitativ gut hinterlegt. Was verbessert werden kann, ist die Bekanntheit dieser Angebote bei den Betroffenen. Hier haben wir trotz aller Öffentlichkeitsarbeit, aller Ansprache und Bemühungen dazulernen müssen. Eine solche Krise setzt ein Umdenken bei den üblichen Kommunikationsformen voraus. Viele Betroffene waren nicht in der Lage, die zahlreichen Hilfsangebote in ihrem Sinne zu analysieren und anzufordern.

Ich denke mit den heutigen Erfahrungen, dass wir in vergleichbaren Situationen ein vorbereitetes System anbieten müssen, über das Hilfe zentral organisiert und gesteuert wird. Angebote müssen zeitlich und inhaltlich so gegliedert werden, dass sie sich an den Erfordernissen und Bedürfnissen orientieren. Nach der Ahrflut gab es aus unserer Sicht zu viele ungesteuerte Informationen, Plattformen, Kanäle und Initiatoren, was eine Übersichtlichkeit eher erschwerte, als konkrete Hilfe zielgenau zu vermitteln. Minister Ebling nennt unsere Plattform handwerk-baut-auf.de und wir bekräftigen: 2.000 Handwerksbetriebe stehen bereit, den Wiederaufbau voranzutreiben!"

Axel Bettendorf, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Trier:

"Im Kammerbezirk Trier waren etwa 200 Betriebe vom Jahrhunderthochwasser betroffen. Die meisten davon konnte die HWK Trier mit ihrer Betriebsberatung persönlich aufsuchen. Viele Probleme wie etwa der Wiederaufbau, der Neustart der Produktion, die Schadenregulierung oder die Fortsetzung von Ausbildungsverpflichtungen mussten oft zeitgleich angegangen werden. Wichtig waren auch der menschliche Zuspruch und die Ermutigung, trotz der Zerstörungen den Betrieb fortzuführen.

Das Handwerk hat sich solidarisch gezeigt: Zwischen den Betrieben, mit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie gegenüber vielen Privatleuten, die zum Beispiel wegen großer Schäden am Gebäude oder der Heizung dringend auf Handwerker angewiesen waren. In enger Abstimmung mit der Landesregierung konnten großzügige Hilfszahlungen in die Wege geleitet werden. Die meisten Flutopfer aus dem Handwerk können wieder weitgehend normal arbeiten."

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Text: / handwerksblatt.de

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