Geld für Angebote?
Zeit ist Geld. Die ist allerdings bei den meisten Handwerksbetrieben immer noch kostenlos zu haben. Zumindest was den Aufwand für die Erstellung eines Angebots angeht.
In einer Umfrage äußern sich fünf Unternehmer gegenüber handwerksblatt.de über die Chancen, allein für die Erstellung eines Angebots bereits Gebühren zu erheben oder doch weiterhin nur unter der Rubrik "Service" zu verbuchen.
Ich halte dies eher für ein schönes Wunschbild und für Theorie, da dies nur funktioniert, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Solange keine Standards da sind, an die sich alle halten, wird der Kunde immer zu dem gehen, dessen Angebot nichts kostet. Da wäre eine gezielte Informationsarbeit von Seiten der Verbände, Institutionen, Kammern etc. sicher hilfreich. Auch das in der Öffentlichkeit immer wieder zu pauschal präsentierte Bild vom unkorrekt arbeitenden bzw. abrechnenden Handwerker führt zu einem falschen Bild und damit zu einem gestörten Vertrauensverhältnis. Es fehlen informative und aufklärende Beiträge in den Medien, die die umfassende Kompetenz eines qualifizierten Fachmannes beschreiben und die Wichtigkeit des nötigen Vertrauensverhältnisses zwischen Handwerker und Kunden betonen. Der Aufwand für Angebotserstellung und die immer kompliziertere Ausarbeitung nimmt wahrhaft überhand und bindet mich immer mehr im Büro und mit Verwaltung, statt mir Zeit für Entwürfe und in der Produktion zu lassen. Wir haben über 70 Prozent Stammkunden, denen wir Angebote natürlich nicht berechnen, (oft reichen da eine Skizze und ein Telefonat). Bei Neukunden jedoch ist es in der Regel nicht in ihren Köpfen vorhanden, dass Vorplanung Vorarbeit ist, die Geld kosten könnte. Da nehme ich den Aufwand für die Ausarbeitung eines Angebotes lieber als mein Risiko in Kauf, statt den Kunden möglicherweise schon im Vorfeld zu verschrecken. Auch durch das Internet bedingt haben wir mehr Angebote als früher zu schreiben, oft natürlich ohne zu wissen, ob die Mehrarbeit lohnt. Haben wir früher aus jedem zweiten Angebot einen Auftrag realisiert, so sind das heute vielleicht noch 30 Prozent. Darunter leidet auch die Beratungsqualität. Unsere Metallarbeiten sind oft sehr individuell mit aufwendiger Planung und daher einfach keine Konfektionsware. 80 Prozent der übers Internet eingehenden Anfragen jedoch sind erst einmal nur-Preis-orientiert und führen meist ins Leere, da ein persönliches Gespräch nicht gefragt ist. Wenn aber kein direkter Kundenkontakt entsteht, folgt in der Regel auch kein Auftrag.
Georg Fröhlingsdorf, Schreinermeister, Nik. Freund GmbH, Bau- und Möbelschreinerei
Diesen Punkt immer wieder zur Diskussion zu bringen, ist sicher richtig, jedoch sieht im Alltag die Realität ja meist ganz anders aus. Es wäre sicher wünschenswert, diesen Aufwand bezahlt oder verrechnet zu bekommen; ist aber solange eine schöne Utopie, solange sich da nicht alle im Handwerk einig sind. Als Vorreiter würde man sicher scheitern. Bisher durchsetzbar und von uns auch praktiziert ist lediglich ein kostenpflichtiges Angebot für Kostenvoranschläge bei Versicherungsfällen. Dies wird üblicherweise mit einer Pauschale in Rechnung gestellt und auch akzeptiert. Telefonische Anfragen versuchen wir möglichst kompakt, nicht zu detailliert und möglichst nur mit Grobkalkulationen zu beantworten. Man kann nur immer wieder - und nicht schon am Telefon, sondern erst im persönlichen Gesprächskontakt mit dem Kunden - abfragen, sondieren und ein Gespür für den Kunden bekommen, wie der tickt, ob er lediglich pauschal Preise abfragen will, wie konkret er sich schon mit der Maßnahme beschäftigt hat und wie ernst es ihm damit ist, möglicherweise uns zu beauftragen. Ob der Kunde meinen Rat, mein Wissen, meine Kompetenz dann wertschätzen kann und will, erfahre ich nur im direkten Dialog mit ihm. Davon ausgehend kann ich mich dann entsprechend weiter engagieren oder auch nicht. Ab hier macht dann auch eine differenziertere Aufstellung der Angebotsdetails Sinn. Man kann halt nicht jeden Auftrag bekommen, das muss einem vorab klar sein.
Das ist ein Dauerthema, auch unter den Kollegen in der Innung. Im Prinzip halte ich die Bezahlung von Angebotsleistungen schon für durchsetzbar. Dies bedingt aber einen Bewusstmachungsprozess sowohl in der Branche als auch auf Kundenseite. Schon vor fünfzehn Jahren haben wir Versuche unternommen, bei Angeboten und Projektierungen Beträge von zwei bis drei Prozent der Auftragssumme für die Angebotserstellung in Ansatz zu bringen; dies wurde aber auch damals durchweg nicht akzeptiert, da durch Verbraucherschutzorganisationen, Fernsehberichte und Zeitschriften gestützt auf Kundenseite das Bewusstsein "Angebote sind generell kostenlos" vorherrschte. Wir haben und da also ziemlich schnell wieder von verabschiedet. Heute ist die Situation aber nicht anders. Wenn ich heute sehe, dass bei einer normalen Badrenovierung im Umfang von sagen wir 5.000 bis 7.000 Euro früher zwei bis drei Angebote, heute aber oft zehn bis fünfzehn Angebote vorliegen, dann liegt der Mehraufwand ja auf der Hand. Natürlich muss man differenzieren zwischen dam Aufwand für eine echte individuelle Vermassung und Planung und dem für ein Angebot aufgrund einer "Blankette", bei dem ich nur vorgegebene Positionen einsetzen muss. Aber auch dort hafte ich ja für die fachgerechte Ausführung und kann mich nicht ohne weiteres und ohne Risiko auf die Vorangaben verlassen. Die Tendenz geht zum Kompaktangebot, das im Vorfeld erst einmal weniger detailliert und nicht zu transparent herausgegeben wird, und erst im konkreten Auftragsgespräch dann entsprechend aufgeschlüsselt wird. Ich würde mir je nach Auftragsumfang abgestufte Festbeträge für die Angebotserstellung wünschen, die allgemein akzeptiert sind. Natürlich ist dies branchenindividuell unterschiedlich leicht durchsetzbar. Aber bei uns in der Sanitärbranche haben wir in der Regel keine Mischkalkulation, wie beispielsweise im Möbel- oder Küchenbereich und müssen für jeden Auftrag, jeden Kunden im einzelnen planen, rechnen und kalkulieren. Aber dieses Bewusstsein auf der Kundenseite muss mit der Zeit "wachsen" und lässt sich nicht diktieren.
Sven Wachsmann, Geschäftsführer Geschwister Albers GmbH, Fachbetrieb für Dach- Wand- und Abdichtungstechnik
Dass ein Kunde für eine Angebotserstellung bezahlen soll, findet in der Kundschaft doch keinerlei Akzeptanz. Aber bieten wir klar und offen als Teil unseres Servicegedankens, zum Beispiel auch auf unserer Internetseite, einen für den Kunden kostenlosen Dach-Check an? Dies ist für uns nicht nur Aquisemassnahme und Kundenkontakt, sondern Service- und vor allem auch eine vertrauensbildende Maßnahme. Denn unsere Kompetenz vermitteln wir doch während dieses Dach-Checks und natürlich im anschließenden Beratungsgespräch. Bei umfassenden nötigen Maßnahmen kommt man um Aufmaß, Erstellung eines Leistungsverzeichnisses etc. natürlich nicht herum, das gehört einfach dazu. Diese Arbeit muss man sich leider machen, ob man den Auftrag nachher bekommt oder nicht. Wir differenzieren da aber klar zwischen Endkunden und gewerblichen Kunden. Angebote, die von vornherein erkennbar als nur eines von vielen als Serienanfrage hereingeholt werden, geben wir oft erst gar nicht mehr ab. Unser Credo ist, dass wir unsere Kunden von unserem Know-how und unserer Leistungsfähigkeit überzeugen, dies sauber kalkulieren, saubere Qualität abliefern und gegebenenfalls Garantie auf die von uns ausgeführten Arbeiten geben. Damit zeigen wir Kompetenz. Aber ich kann keinem Kunden vorab kostenpflichtig vermitteln, dass ich etwas kann.
Gerald Wurch, Parkettleger, Gerald Wurch Parkettverlegung
Ja, ich halte dies für durchsetzbar, die Tendenz geht dahin; es ist aber noch keine gelebte Praxis. Es sollte im Grunde ein ethisch-moralisches Prinzip sein, die wenn auch nicht immer klar messbaren Vorleistungen honorierbar zu machen. Meine momentane Auftragsstruktur lässt mich immer mehr darüber nachdenken, wie aufwendig Vorplanung und Angebotserstellung sein können. Künftig werde ich dieses Thema verstärkt in Kundengespräche miteinbeziehen. Im Grunde ist es ja eine vertrauensbildende Maßnahme, die natürlich auch vom Selbstbewusstsein des einzelnen Handwerkers abhängig ist, ab wann er den günstigsten Zeitpunkt einschätzt, den Kunden davon zu überzeugen, dass es für beide Beteiligten Sinn macht, dass "ab jetzt der Gebührenzähler läuft". Wenn ein Kunde im Vorfeld einer Arbeit davon überzeugt werden kann, dass die Handwerkerleistung mehr beinhaltet als Stück-, Stunden-, und Quadratmeterpreise des Endresultats, dann wird dieser auch keine Schwierigkeiten haben, die Vorplanung und Beratung als Leistung zu sehen und deren Honorierung auch akzeptieren – wenn der Auftrag nicht zustande kommt. Die Differenzierung zwischen Masse und Klasse muss bewusster erfolgen, fälschlicherweise wird der Maßstab der Masse zu oft an der Klasse des Handwerks angelegt. Meine Leistung besteht ja wie gesagt nicht nur in einem qm-Preis – was ich einbringe sind mein Know-how, meine Erfahrung, mein Wissen um Materialqualitäten, Pflegeaufwand usw. Wo es aber bei der Erwartungshaltung nur um den möglichst billigen Preis geht, sind Diskussionen um Respekt und Achtung vor der Handwerkerleistung auch im Vorfeld oft sinn- und fruchtlos. Da hat auch der Handwerker eine Verantwortung sich selbst und auch dem Kunden gegenüber, unter Umständen die Abgabe eines Angebotes auch einfach abzulehnen, wenn sich herauskristallisiert, dass die Mentalität des Kunden und seine eigene nicht zueinander passen. Wenn öffentliche Auftraggeber sozusagen in einer Vorbildfunktion die Angebotserstellung grundsätzlich honorieren würden, dann würde dies auch in der Öffentlichkeit bewusst gemacht und angenommen werden können, und dies würde letztendlich auch Bewusstseinsbildung beim Endkunden bewirken.
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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