Die bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen werden bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Die bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen werden bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. (Foto: © ginasanders/123RF.com)

Vorlesen:

Entlastungen für das Handwerk: Was kommt und was ist noch zu tun?

Betriebsführung

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gibt einen vertieften – und kritischen – Überblick über die Pläne der Bundesregierung zur Entlastung der Betriebe.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) stellt dar, wo das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung konkrete Entlastungsperspektiven für das Handwerk aufzeigt, wo nachgebessert werden muss und um welche Themen der Verband sich aktuell besonders kümmert.

Abfederung der Energiepreissteigerungen

Eine Maßnahme, für die sich der ZDH immer wieder stark gemacht hat, ist die vollständige Abschaffung der EEG-Umlage. Bislang ist diese seit 1. Juli 2022 – befristet bis Jahresende – nicht mehr zu zahlen. Diese Befristung soll ab 1. Januar 2023 aufgehoben werden.

Entlastung soll auch die sogenannte Strompreisbremse bringen. Mit ihr soll für kleine und mittlere Betriebe mit Versorgertarif (d. h. Standardlastprofil) eine gewisse Menge Strom ("Basisverbrauch") zu einem vergünstigten Preis bezogen werden können. Konkrete Details werden im Entlastungspaket allerdings nicht genannt, sodass unklar ist, wie für KMU ein Basisverbrauch festgelegt werden soll (denkbar wäre etwa ein prozentualer Anteil ihres Verbrauchs) und woran sich der vergünstigte Preis orientieren soll. Wichtig ist auf jeden Fall eine schnelle Ausarbeitung der notwendigen Details.

Ähnlich vage bleibt die Regierungskoalition bei der Dämpfung der steigenden Stromnetzentgelte. Dies ist als Maßnahme grundsätzlich richtig, immerhin gehören die Netzentgelte zu den starken Kostentreibern. Es ist geplant, aus den "abgeschöpften Strommarkt-Zufallseinnahmen" Zuschüsse zu den Übertragungsnetzentgelten zu zahlen. Jedoch wird weder eine Zuschusshöhe genannt, noch wird deutlich, wie stark die Dämpfung der Netzentgelte tatsächlich ausfallen soll und wann mit dieser zu rechnen ist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Preisbremsen für Gas

Zur Eindämmung der Gaspreise soll eine Expertenkommission zeitnah klären, welche Preisdämpfungsmodelle für den Wärmemarkt in Deutschland oder Europa realisierbar sind. Die Kommission muss ihre Arbeit zügig aufnehmen, schnell Ergebnisse liefern und dabei den Blick insbesondere auf Mittelstand und Handwerk richten. Als Preismechanismus empfiehlt sich das ZDH-Konzept einer "Energiepreisbremse", bei der bei Beibehaltung des Preismechanismus die Energiekosten und ihr Anstieg bereits auf der Ebene der Großhandelspreise vor Einspeisung in das Marktsystem und die Netze "abgebremst" werden. Auch hier sollten möglichst schnell operable Lösungsansätze erarbeitet und umgesetzt werden.

Keine Entlastung als vielmehr ein Kostenaufschub in die Zukunft stellt die Verschiebung der CO2-Preiserhöhung vom für den 1. Januar 2023 auf den 1. Januar 2024 dar. Vorgesehen ist die Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne im Brennstoffemissionshandel. Die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 sollen sich dann ebenfalls entsprechend um ein Jahr verschieben.

Unternehmenshilfen für energieintensive Unternehmen und Betriebe

Im Rahmen des Entlastungspakets soll ein Programm für energieintensive Unternehmen aufgelegt werden, welche die Steigerung ihrer Energiekosten nicht weitergeben können. Zudem sollen Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen unterstützt werden. Die bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen (KfW Sonderprogramm Ukraine, Belarus, Russland, Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme zur kurzfristigen Sicherstellung von Liquidität sowie das Energiekostendämpfungsprogramm) werden bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Aus Sicht des ZDH gehen diese Pläne zum großen Teil an der Realität der Betriebe vorbei, etwa die Verlängerung des wegen seiner Anlehnung an das risikogerechte Zinssystem für notleidende Betriebe unattraktive KfW-Förderprogramms sowie die bisher nicht nachgefragten erweiterten Bürgschaftsprogramme. Es gehe nicht darum, dass sich die Betriebe verschulden, sondern dass ihre Liquiditätsengpässe gedeckt würden. Hierfür benötigten sie direkte Zuschüsse, fordert der ZDH.

Ein großer Erfolg für die Handwerksorganisationen sei die geplante Erweiterung des Energiekostendämpfungsprogramms auf weitere Unternehmen, die bislang nicht auf der sogenannten KUEBLL-Liste stehen. Ihnen soll jetzt endlich mithilfe erweiterter Kriterien, die die Belastung durch hohe Energiepreise zur Grundlage haben, Unterstützung gewährt werden. Jetzt komme es darauf an, diese Härtefallhilfe schnell umzusetzen, sodass betroffene Betriebe sie in diesem und im nächsten Jahr nutzen können.

ZDH hat weitere Ideen für Entlastungen

Der ZDH werde sich weiterhin für spürbar entlastende Maßnahmen zur Abfederung der Energiepreissteigerungen einsetzen, betonte er. Als Beispiel nannte er die Energiesteuersätze für in Produktionsprozessen verwendete Energieträger und der Stromsteuersatz, die auf die jeweiligen europarechtlich zulässigen Mindeststeuersätze gesenkt werden müssten.

Um die steigenden Preise in den Griff zu bekommen, sei es entscheidend, für eine Angebotserhöhung auf dem Energiemarkt zu sorgen. Hierfür sollten alle zur Verfügung stehenden Energieträger genutzt werden. Parallel dazu müsse aber auch das Strommarktdesign angepackt werden, um systemisch bedingte Reaktionen zu verhindern, die zu zusätzlichen Preisanstiegen führen.

Steuerliche Entlastungen

Im Rahmen einer Anpassung des Tarifentlastungsgesetzes sollen die negativen Wirkungen der sogenannten kalten Progression abgemindert werden. Dies war im Vorfeld eine zentrale Forderung des ZDH. Durch die kalte Progression kommt es zu einer schleichenden Steuererhöhung, wenn zwar höhere Einkünfte erzielt werden, die jedoch durch die Inflation entwertet werden. Dieser Effekt ist im Handwerk sowohl für die Arbeitnehmer als auch für viele Unternehmer von Bedeutung. Denn Handwerksbetriebe sind überwiegend Einzelunternehmen oder Personengesellschaften, bei denen die Einkommensteuer im Ergebnis die Unternehmenssteuer ist.

Der Regierungsentwurf eines Tarifentlastungsgesetzes wurde im Kabinett Mitte September beschlossen. Das parlamentarische Verfahren muss wie geplant zügig durchlaufen werden, da anderenfalls die Gehaltsabrechnungen für Arbeitnehmer in den ersten Monaten des Jahres 2023 rückwirkend zu korrigieren wären, weil der Lohnsteuerabzug entsprechend angepasst werden muss. Dies würde zu erheblichen bürokratischen Belastungen in den Betrieben führen.

Steuerfreie 3000 Euro für Mitarbeiter

Bei der vom Bund in Aussicht gestellten Steuerfreiheit bei zusätzlichen Zahlungen der Unternehmen an Arbeitnehmer von bis zu 3.000 Euro sei unbedingt darauf zu achten, dass eine rückwirkende Anwendung der Steuerfreiheit vermieden wird, mahnt der ZDH. Daher sollte umgehend eine entsprechende gesetzliche Regelung zur Steuerfreiheit geschaffen werden. Nur so könnten rückwirkende und für die Betriebe aufwendige Korrekturen der Gehaltsabrechnungen vermieden werden.

Senkung der Umsatzsteuer für mehrere Branchen gefordert

Die geplante Fortführung der Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent hilft auch den betroffenen Unternehmen des Handwerks. Umsätze verschiedener Gewerke des Handwerks könnten nach den europäischen Vorgaben des Umsatzsteuerrechts (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) ebenfalls mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden. Hier sollt nach Ansicht des Handwerksverbands eine umfassende Reform des Katalogs der begünstigten Branchen geprüft werden.

Umsatzsteuersenkung auf Gas führt nicht zur Entlastung

Dagegen führe die geplante Senkung der Umsatzsteuer auf Gas bei allen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen zu keiner Entlastung, da die Umsatzsteuer im Ergebnis für diese Unternehmen ein "durchlaufender Posten" ist. Unternehmen, die Gas einsetzen, werden neben den stark gestiegenen Gaspreisen zusätzlich mit der zum Oktober angekündigten Gasumlage zusätzlich belastet, ohne dass es bisher wirksame Entlastungen für Unternehmen gibt.

Geplant ist zudem die Verlängerung des Spitzenausgleichs bei der Strom- und der Energiesteuer um ein weiteres Jahr. Den Regierungsentwurf eines entsprechenden Gesetzes hat das Bundeskabinett Mitte September 2022 beschlossen. Der ZDH hat in seiner Stellungnahme eindringlich für eine Verlängerung sowohl der Regelungen zum Spitzenausgleich um zwei Jahre (für die Antragsjahre 2023 und 2024) als auch für die korrespondierenden Verlängerungen der Entlastungstatbestände für Betriebe des Produzierenden Gewerbes geworben.

Der Verband begrüßt die angekündigte nochmalige Ausweitung des Verlustrücktrags. Da jedoch durch die Corona-Jahre die letzten Jahre bei vielen Betrieben kein Verlustverrechnungspotenzial bieten, muss eine Ausweitung des Rücktrags auf fünf Jahre erfolgen.

Maßnahmen für den Arbeitsmarkt

Im Rahmen des Entlastungspaketes ist geplant, die Midijob-Grenze zum 1. Oktober 2022 von 1.300 Euro auf 1.600 Euro und zum 1. Januar 2023 auf 2.000 Euro anzuheben. Aus Ar-beitgebersicht sei dies abzulehnen, so der ZDH, weil es eine Abkehr vom Grundsatz der Parität sei und die Beschäftigung durch die Anhebung im unteren Übergangsbereich erheblich verteuert.

Positiv bewertet das Handwerk, dass wesentliche erleichterte Zugangsbedingungen zum Kurzarbeitergeld (Absenkung des Mindesterfordernisses der vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten auf 10 Prozent und Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden), die bis 31. September 2022 befristet waren, weiter verlängert werden. Das entlaste Betriebe un-mittelbar und sichere in Zeiten des Fachkräftemangels Beschäftigung.

Darüber hinaus wird sich der ZDH im Fall des Weiterbestehens der Energiekrise dafür einsetzen, dass über die jetzt beschlossenen Maßnahmen hinaus auch die Sozialversicherungsbeiträge beim Kurzarbeitergeld wieder erstattet werden, um von der Krise betroffene Betriebe finanziell spürbar zu entlasten.

Maßnahmen zur beruflichen Bildung 

Um auch Auszubildende im Rahmen des Entlastungspaketes zu unterstützen, ist bei der geplanten Ausweitung des Wohngeldanspruchs zu berücksichtigen, dass Azubis in der Regel keinen Anspruch auf Wohngeld haben, wenn sie Berufsausbildungsbeihilfe beziehen. Daher verlangt der ZDH, dass die Berufsausbildungsbeihilfe analog zur Klima- sowie Heizkostenkomponente angepasst werden.

Die geplante Einführung eines kostenreduzierten bundesweiten ÖPNV- Tickets begrüßt der Verband sehr, um insbesondere auch Azubis zu unterstützen. Ein Ticket für Azubis sollte bundesweit gültig sein, fordert er.

Im Entlastungspaket sind die beruflichen Bildungsstätten des Handwerks, die massiv von steigenden Energiekosten betroffen sind, nicht berücksichtigt. Wenn die Berufsbildungs-stätten die gestiegenen Energiekosten an die Betriebe weitergeben würden, würde die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe gehemmt, was in der aktuellen Situation kontraproduktiv sei. Deshalb bruchten nach Ansicht der Handwerks die Berufsbildungsstätten eine Entlastung von Energiekostensteigerungen – zumal die Energiekosten bei Universitäten, Hochschulen, beruflichen und allgemeinbildenden Schulen gänzlich vom Staat übernommen werden. Insofern sollten die Berufsbildungsstätten des Handwerks unter den "Unternehmenshilfen" mit aufgenommen oder auf anderweitigem Wege entlastet werden.

Positiv wertet der ZDH in diesem Zusammenhang , dass Bund und 15 Bundesländer ab August 2022 ihre Zuschüsse in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung erhöhen. Dies führt zu Entlastungen der Betriebe von Ausbildungskosten. Um das Ausbildungsengagement angesichts der anhaltenden Herausforderungen für die Betriebe aufrecht zu erhalten, sei der Gesetzgeber aufgerufen, die Ausbildungsbetriebe zu fördern und sie von den Kosten der betrieblichen Ausbildung durch eine steuerliche Förderung zu entlasten. Dafür sollten unter anderem Personalkosten für Auszubildende und Ausbilder, Kosten für Lehr- und Lernmaterialien, externe Weiterbildungskurse, als förderfähige Aufwendungen steuerlich zu berücksichtigen sein.

Gelockertes Insolvenzrecht

Die Bundesregierung will für Erleichterungen bei der Insolvenzantragspflicht sorgen, damit Unternehmen, die im Kern gesund und auch langfristig unter den geänderten Rahmenbedingungen überlebensfähig sind, ihre Geschäftsmodelle anpassen können. Diese Maßnahme ist sehr allgemein formuliert und lässt nicht erkennen, wie diese Erleichterungen ausgestaltet sein sollen. Die Ankündigung erinnert jedoch an die während der Coronapandemie eingeführte und für einen begrenzten Zeitraum befristete Sonderregelung, dass die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung/ Zahlungsunfähigkeit nach § 15 InsO ausgesetzt wurde.

Ein vergleichbare Maßnahme bezweifelt der ZDH in ihrer Wirksamkeit. Denn anders als die unmittelbaren wirtschaftlichen Ausfälle wegen des coronabedingten, temporären Lockdowns seien die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten vielschichtiger und absehbar nicht kurzfristiger Art. Eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht würde insofern nicht zu einer Vermeidung, sondern lediglich zu einer Verzögerung von Insolvenzen führen. 

Der ZDH fordert daher weiterhin schnelle, wirksame und unbürokratische Entlastungen für die Betriebe und Beschäftigten des Handwerks.

Quelle: ZDH

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: