Der Rundfunkbeitrag ist verfassungsmäßig
Das Bundesverfassungsgericht hat vier Verfassungsbeschwerden gegen den Rundfunkbeitrag abgewiesen. Er ist mit dem Grundgesetz vereinbar – außer bei Zweitwohnungen.
Die Pflicht, Rundfunkbeiträge zu zahlen, ist im Wesentlichen mit der Verfassung vereinbar. Nicht vereinbar ist allerdings, dass er auch für Zweitwohnungen verlangt wird. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entschieden.
Die Verfassungsrichter hatten über die Frage zu urteilen, ob es sich bei dem Rundfunkbeitrag um ein zulässiges Finanzierungsmittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk handelt. Die Beitragspflicht ist aber keine verkappte Steuer, sagen sie. Sie bestätigten die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2016 und erklärten nur die gesetzlichen Bestimmungen zur Beitragspflicht für Zweitwohnungen für mit dem Grundgesetz unvereinbar. Der Gesetzgeber muss hierfür bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung treffen.
Keine Steuer
Schon die Verwaltungsrichter waren zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beitrag keine Steuer sei, da er einem rundfunkspezifischen Finanzierungszweck diene und eben nicht in den staatlichen Haushalt fließe. Die Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerden – unter anderem die Firma Sixt – und zahlreiche weitere Kritiker hatten argumentiert, dass den Ländern die notwendige Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung des Beitrags fehle, da es sich bei diesem um eine Steuer handele.
Die Verfassungsrichter stellten nun klar: Der Rundfunkbeitrag ist ein Beitrag im finanzverfassungsrechtlichen Sinne, der für die potenzielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung erhoben wird. Die Leistung sei die Möglichkeit, Rundfunk empfangen zu können. Damit handele es sich um eine nicht-steuerliche Abgabe, für die die Länder die notwendige Gesetzgebungskompetenz hätten, so die Karlsruher Richter.
"Dass es dabei zu unterschiedlich hohen Belastungen kommt, nimmt der Gesetzgeber in Kauf", sagt Gunnar Roloff, Rechtsanwalt bei Ecovis. "Als Bemessungsgrundlage für den Rundfunkbeitrag nimmt er nicht die Anzahl der Beschäftigten eines Unternehmens insgesamt, sondern die Anzahl der Beschäftigten an einer Betriebsstätte", erläutert er. Bitter, so Roloff, ist das Urteil für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge. "Auch künftig muss der Unternehmer für jedes zugelassene Fahrzeug ein Drittel des Rundfunkbeitrags zahlen." Nach wie vor bleibe aber jeweils ein Kraftfahrzeug für jede beitragspflichtige Betriebsstätte des Unternehmers beitragsfrei.
Ungerecht für Handwerker
Andreas Ehlert, Präsident der Dachorganisation des nordrhein-westfälischen Handwerks, Handwerk.NRW, kritisiert die Entscheidung. "Recht ist manchmal anstrengend, wenn Ungerechtigkeit und Rechtsprechung so auseinanderfallen wie beim jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Rundfunkbeitrag. Bleibt der Appell an den Gesetzgeber: Der Karlsruher Richterspruch ist kein Freibrief für die Bundesregierung, sich auszuruhen. Im Gegenteil: Der künftige Rundfunkbeitrag muss ein Unrecht beseitigen, das das Bundesverfassungsgericht sogar mit frischer Kontur versehen, aber leider nicht konsequent zu Ende behandelt hat: Das Argument der Richter, mehrere Beiträge seien zu belastend, muss auch für das typische, ohnehin hoch fixkostenbelastete Handwerksunternehmen gelten, dessen Erlöse vielleicht gerade eben auskömmlich für den Unternehmer und seine Mitarbeiter sind – mehr aber auch nicht. Und der Karlsruher Grundgedanke für eine Beitragsbegrenzung müsste erst recht bei Firmen Anwendung finden, zu deren Geschäftsmodell zwingend die Mobilität gehört. Hier schraubt der Staat nach eigenem Regelungsversagen rund um Dieselgate seine Anforderungen an die betrieblichen Investitionen ohnehin hoch und höher. Während der Lastverkehr den Diesel noch lange braucht, sind Rundfunkgebühren pro Fahrzeug schon längst vor allem dies: ein Auslaufmodell."
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2018, Az. 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17
Hintergrund: Der Rundfunkbeitrag beträgt derzeit 17,98 Euro pro Wohnung. Er ist in einem Staatsvertrag zwischen den Bundesländern geregelt. Jedes einzelne Bundesland hat dazu ein Gesetz erlassen. Im Jahr 2013 wurde ein neues Finanzierungsmodell für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingeführt, der das Modell der GEZ ablöste. Bis dahin gab es eine Rundfunkgebühr, die jeder zahlen musste, der einen Fernseher, ein Radio oder einen PC hatte. Der neue Rundfunkbeitrag knüpft diese Pflicht nicht mehr an die Geräte, sondern an die Wohnung bzw. im gewerblichen Bereich an die Betriebsstätte an. Dort richtet er sich gestaffelt nach der Anzahl der Mitarbeiter. Für betrieblich genutzte Autos gilt: eines pro Betriebsstätte ist frei, für jedes weitere fällt ein Drittel des Rundfunkbeitrags an.
Das Landgericht Tübingen hat europarechtliche Einwände gegen den Rundfunkbeitrag und die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, der noch entscheiden muss.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de