Das Holz, aus dem die Tischler sind
Thomas Radermacher bleibt gern am Ball. Der Tischlermeister und Fan des 1. FC Köln spielt gleich auf mehreren Feldern – abwechselnd. Am 30. November will er Präsident des Tischlerverbands werden.
"Mein Vater hat mich direkt nach meiner Geburt erst beim FC angemeldet und dann erst beim Standesamt. Das prägt", schmunzelt der 57-Jährige, der selbst "bis Anfang 30" Fußball gespielt hat. Nach dem Abitur habe er zwar kurz studiert, wollte Sportjournalist werden. "Aber das war nichts für mich. Die Tischlerlehre war besser, ich bin ja schon im Betrieb aufgewachsen." Keine untypische Karriere im Handwerk. 1990 übernahm Radermacher den Betrieb in Meckenheim bei Bonn in dritter Generation.
Nachwuchs zu finden – "und vor allem zu halten" –, ist auch bei Tischlern ein Megathema. "Ich empfehle den Kindern im Freundeskreis gern den Weg ins Handwerk und in die Selbstständigkeit. Wir brauchen Leute, die Betriebe übernehmen können, Mutige haben große Chancen", prognostiziert Radermacher, der seine Meisterprüfung 1989 in Bad Windungen ablegte. Eine der Hürden auf dem Weg dorthin sieht der (auch noch mit vielen Ehrenämtern) gut beschäftigte, eloquente Rheinländer neben dem Fachkräftemangel auch in der Risikobereitschaft. Er glaubt: "Wir haben keine Kultur des Scheiterns. Scheitern ist leider mit einem Stigma behaftet." Da gelte es nachzujustieren.
Tischler-Nachwuchs gewinnen
Darum möchte er die ganze Bandbreite des "spannenden und so schönen Tischlerhandwerks" noch bekannter machen und die drei Tischler-Disziplinen – Möbeltischler und Innenausbauer, Bauschreiner, Treppenbauer – bei der Nachwuchswerbung stärker fokussieren. Zudem könnten Auszubildende durch Hospitanzen in kooperierenden Betrieben Praxis erlangen und so besser in den Unternehmen gehalten werden. "Es gibt mancherorts schon Handgelder für den Wechsel von Mitarbeitern, fast wie im Fußball", zählt zu Radermachers "erstaunlichen Erfahrungen".
Im Blick hat er auch den Fachkräftemangel der Branche. Sein Credo: "Wir müssen mehr ausbilden. Und mehr tun, um Frauen langfristig an die Betriebe zu binden." Gerade sie würden trotz ihrer häufig exzellenten Noten leider die Werkbank Richtung Studium verlassen.
Wie er das ändern will? "Ich denke da zum Beispiel an weitere Qualifizierungsstufen zwischen Geselle und Meister." Auch für die Auszubildenden, deren fehlende Grundfertigkeiten und zuweilen auch mangelnde Schulbildung die Betriebe zunehmend ausgleichen müssten, bleibt Radermacher rheinländisch-optimistisch: "Das kriegen wir in den Griff."
Das kriegen wir in den Griff!
Immer wieder klingelt das Telefon an diesem Vormittag während des Gesprächs. Immer sind es Kunden mit neuen Aufträgen. Es geht um einen neuen Kleiderschrank, ein größeres Umbauprojekt in einem mittelständischen Betrieb, neue Fenster im 80er-Jahre Bungalow und Reparaturen. Radermachers Rat und Arbeit sind sehr gefragt. Das unterscheidet ihn nicht von den meisten seiner Tischlerkollegen.
Qualität spielt aus seiner Beobachtung oft eine größere Rolle als der Preis. Wem Durchschnitt nicht reicht, beauftragt Tischler gern mit individuellen Lösungen. "Betreuung, Qualität und Zuverlässigkeit sind hier enorm wichtig. Das ist zwar anspruchsvoll, macht aber auch Spaß", lächelt Radermacher.
Er wechselt im Gespräch immer wieder gekonnt zwischen den aktuellen Herausforderungen seines 15-Mann-Betriebes und den politischen Anliegen der Tischler. Der langjährige Kreishandwerksmeister ist gerade erst zurück von einer Tagung der Landesinnungsmeister in Berlin. Kurz vorher war er als Vorstandsmitglied der HWK Köln noch acht Tage in Togo, half dort bei der Errichtung von Kammerstrukturen. Da konnte er auch seine Französischkenntnisse gut nutzen. "Zweimal war ich auch schon in Uganda. Ehrenamtlich", schiebt er gleich nach.
Da können wir besser werden
In seiner Verbandsarbeit treibt den versierten Firmenchef ein Thema ganz besonders um. "Normung und Regelwerke – da können wir besser werden", ist sich Radermacher, seit 1996 öffentlich bestellter Sachverständiger, sicher. Das Handwerk sei teilweise nicht präsent genug, hier fehlten finanzielle und personelle Ressourcen. Das will er ändern.
Deshalb hat er für den 30. November einen ganz besonderen Plan. Da kandidiert er für die Präsidentschaft des Tischlerverbands, will "die erfolgreiche Arbeit nach nicht so einfachen Jahren fortführen." Radermacher geht es vor allem um die Mitglieder: Ihnen will er die Leistungen des Bundesverbands sichtbarer machen, will mehr kommunizieren. Gern nach dem Motto: "Tue Gutes und rede drüber."
Text:
Michael Block /
handwerksblatt.de
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