Nicht strafbar macht sich derjenige, der dem Mitarbeiter nachträglich das Bußgeld erstattet.

Nicht strafbar macht sich derjenige, der dem Mitarbeiter nachträglich das Bußgeld erstattet. (Foto: © dolgachov/123RF.com)

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Darf oder muss der Chef die Knöllchen der Mitarbeiter zahlen?

Wer beruflich oft mit dem Fahrzeug unterwegs ist, kann schnell mal einen Strafzettel kassieren. Viele Arbeitgeber übernehmen die Geldbuße. Ein Experte erklärt, was rechtlich und steuerlich gilt.

Wer beruflich mit dem Auto unterwegs ist und dabei einen Verkehrsverstoß begeht, muss grundsätzlich selbst das Bußgeld oder die Strafe bezahlen", erklärt  auf dem Rechtsportal refrago. "So sieht es das Bundesarbeitsgericht: Sinn und Zweck einer Geldstrafe oder einer Geldbuße bestehen darin, dass die verhängte Sanktion in eigener Person aus eigenem Vermögen aufgebracht wird".

Es gebe demzufolge keine Pflicht des Arbeitgebers und keinen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Übernahme von Geldbußen durch die Firma. Auch eine generelle vertragliche Zusage des Arbeitgebers, Bußgelder, beispielsweise wegen Verstößen im Straßenverkehr oder Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz zu übernehmen, kann wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein. Das hat das Bundesarbeitsgericht schon vor Jahren entschieden. 

Der Fall

Ein Kraftfahrer hatte einen so engen Terminplan, dass ihm das Einhalten der kurz hintereinander geschalteten Anlieferungstermine unmöglich gewesen wäre, wenn er nur die gesetzlich zulässigen zehn Stunden am Tag gefahren wäre. Er verlangte die Erstattung seiner Bußgelder vom Arbeitgeber und argumentierte, dieser habe sämtlichen Beschäftigten immer wieder zugesichert, dass er die Zahlung übernehme.

Das Urteil

Das Bundesarbeitsgericht wies seine Klage ab. Er habe keinen Entschädigungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Ein vertraglicher Anspruch auf Erstattung der Geldbuße scheitere bereits an der Unwirksamkeit dieser Zusage des Arbeitgebers. Denn diese sei regelmäßig als Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB nichtig, weil sie jedenfalls dem Zweck von Straf- und Bußgeldvorschriften zuwiderliefen und geeignet seien, die Hemmschwelle des Arbeitnehmers, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu begehen, herabzusetzen (Bundesarbeitsgericht, Az. 8 AZR 465/00).

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BGH: Erstattung ist nicht verboten

"Allerdings ist die Erstattung einer vom Täter schon bezahlten Geldstrafe oder Geldbuße nicht grundsätzlich verboten, also nicht strafbar", betont Rechtsanwalt Böhm. Selbst derjenige, der dem Täter im Voraus die zur Zahlung der Strafe oder Geldbuße erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stelle, mache sich nicht etwa wegen Strafvereitelung strafbar, habe der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Nur wer die Strafe direkt für den Verurteilten einzahle oder ihm den entsprechenden Betrag vor der Bezahlung schenke, kann laut BGH bestraft werden. Nicht der Strafvereitelung strafbar mache sich hingegen derjenige, der dem Verurteilten nachträglich einen entsprechenden Betrag erstatte oder ein vorher im Hinblick auf die Geldstrafe gewährtes Darlehen erlasse (Bundesgerichtshof, Az. 2 StR 439/90).

Übernommene Bußgelder sind steuerpflichtiger Lohn

"Der Arbeitgeber kann die Zahlung demnach freiwillig übernehmen. In diesem Fall muss er darauf achten, dass dies als Arbeitslohn versteuert wird", weiß der Experte. Dies gehe aus einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2013 hervor. In diesem Fall zahlte eine internationale Spedition die gegen ihre Fahrer verhängten Bußgelder. Die Lohnsteuer ließ sie aber weg. Das Finanzamt forderte diese nach.

Die Spedition verlor ihre Klage vor dem Bundesfinanzhof. Die Richter urteilten, dass Verstöße gegen die Rechtsordnung, die mit Bußgeldern belegt sind, nicht zu den "notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen" zählen. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber die Fahrer angewiesen habe, Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten. Die Zahlungen der Bußgelder seien Vorteile im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetzes (EStG) und somit steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn (Bundesfinanzhof,  Az. VI ZR 36/12).

Gegen den Arbeitgeber selbst gerichtete Bußgelder: Kein Arbeitslohn

"In einem anderen Urteil hat der Bundesfinanzhof seine Auffassung differenziert", weiß Rechtsanwalt Böhm: "Werden die Bußgelder direkt gegen den Arbeitgeber als Halter des Fahrzeug erhoben, zahlt der das Verwarnungsgeld wegen einer ihm nach § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld." Die Zahlung führe dann grundsätzlich nicht zu einem Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat, da keine geldwerte Einnahme i.S. des § 19 EstG vorliege. Demzufolge sei dann keine Lohnsteuer abzuführen.

Habe der Arbeitgeber aber wegen des Verkehrsverstoßes einen – vertraglichen oder gesetzlichen – Regressanspruch gegen den Arbeitnehmer und diesen mit Kenntnis und Einverständnis des Arbeitnehmers nicht geltend gemacht, liege auch darin ein geldwerter Vorteil und damit zu versteuernder Arbeitslohn i.S. des § 19 EstG (Bundesfinanzhof, Az. VI R 1/17). 

Fazit

Bußgelder und Strafen müssen grundsätzlich selbst gezahlt werden. Es ist nicht strafbar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Geld dafür freiwillig zahlt. Einen Anspruch darauf hat der Arbeitnehmer aber nicht. Vom Arbeitgeber gezahlte Bußgelder und Geldstrafen sind ein geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer und müssen versteuert werden.

Quelle: refrago.de

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Text: / handwerksblatt.de

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