Agenturen lassen sich deshalb immer wieder neue Abenteuer für Mitarbeiter und Führungskräfte einfallen, um sie zu echten Teamplayern zu formen. Sind das Spielerei oder gutes Werkzeug, um auch Mitarbeiter in Handwerksbetrieben zusammenzuschweißen und zu motivieren?
Die Agentur Domset aus Köln bringt tierischen Einsatz, um Teamarbeit und Kommunikation ihrer Kunden zu verbessern. Sie schickt Gruppen etwa auf die Weide, um ihre Teamfähigkeit zu testen. Beim Hüten von Schafen sind Zusammenarbeit und Kommunikation gefragt. Wie sonst sollen Menschen, die im Alltag in Büros oder Werkstätten arbeitet, die eher trägen Tiere dirigieren? Die Teams sollen Aufgaben mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden lösen: die Tiere unter einen Busch treiben, die Herde teilen oder sie durch ein enges Tor führen.
Die Übungen werden von professionellen Coaches begleitet, die das Verhalten der Teilnehmer unter die Lupe nehmen. In der anschließenden Besprechung werden die Ergebnisse und die Erfahrungen der Teilnehmer aufgearbeitet. Hier soll die Brücke zum Arbeitsalltag geschlagen werden. Dreimal hätten sie das Schafe-Hüten bislang als Maßnahme durchgeführt, berichtet Oliver Malat, Kreativdirektor und Marketingleiter von Domset. Bis zu vier Stunden dauerten die Übungen. "Eines der Teams hat vorher theoretisch Führungsleitlinien erarbeitet. Danach wurden die Mitarbeiter überraschend zu den Schafen gebracht." Dort konnten sie ihre Leitlinien gleich in der Praxis erproben.
Im Alltag fällt die Kommunikation seitdem leichter
Goli Hager von der Vivento Interims Service GmbH hat ein solches Teambuilding mitgemacht äußert sich begeistert. Nach einer Reorganisation der Fima sollte sich eine Gruppe von etwa 20 Führungskräften, mit vielen Neuzugängen, bei der Veranstaltung besser kennenlernen. Die Gruppe wurde geteilt, und während die eine Hälfte die Schafe zu führen versuchte, schaute die andere zu und gab Rückmeldung. Voller Elan habe sich ihre Gruppe auf die Aufgaben gestürzt, ohne sich vorher abzustimmen oder eine Strategie zu entwickeln, erzählt die Managerin. Das Ergebnis: Schon bei der zweiten Aufgabe scheiterten sie kläglich und mussten erschöpft aufgeben, denn das laute Blöken machte spontane Abstimmung auf Zuruf unmöglich.
"Das war lehrreich und ließ sich auf Projektsituationen übertragen", so Hager. "Man nimmt sich zu wenig Zeit für die Planung, will sofort loslegen. Aber wenn die Aufgaben am Anfang nicht festgelegt werden, wird es nachher schwierig." Sie hätten immer wieder innehalten und sprechen müssen, resümiert die Managerin. Das gemeinsame Erlebnis habe sie emotional verbunden. Im Alltag falle die Kommunikation seitdem leichter. Die Gruppe war sich einig diese Erfahrung einmal im Jahr bei einer ähnlichen Veranstaltung auffrischen zu wollen. Laut Goli Hager kann das für jedes Unternehmen funktionieren: "Es geht um menschliche Interaktion, und die brauche ich schließlich überall." Wichtig sei Offenheit für die Erfahrung.
Hunde reagieren nur auf eindeutige Zeichen ...
Gute Kommunikation ist Grundlage jeder Teamarbeit, da sind sich Experten einig. Domset führt außer Schafe auch Hunde ins Feld, um daran zu feilen. Der ungestüme Rhodesian Ridgeback Cheney und der gemütliche Broholmer Aragorn seien gut sozialisiert, hätten aber ihren eigenen Kopf, betont Besitzerin Patricia Fischer-Elfert. Sie hat die coachdogs® Akademie gegründet, in der sie mithilfe ihrer Hunde Menschen unter anderem in Kommunikation weiterbildet. Teilnehmer ihrer Seminare, die Cheney oder Aragorn beispielsweise um einen Busch führen sollen, erleben, dass Cheney sich nicht aufrafft, während Aragorn losprescht – nur nicht in die gewünschte Richtung.
Erst wenn sie mit den Hunden sprechen und in ihrer Körperhaltung ausdrücken, was sie wollen, gehen die Tiere bereitwillig mit. Im Umgang mit den Hunden bekommen Teilnehmer ein Gespür dafür, wie das, was sie sagen wollen, beim anderen ankommt. Hunde reagieren nur auf eindeutige Zeichen. Wer sich darauf einlässt, kann von Schaf und Hund wohl doch einiges lernen.
Interview mit Klaus Steinseifer
Der gelernte Bankkaufmann, Maler- und Lackierermeister Klaus Steinseifer hat bis 1993 eigene Handwerksunternehmen in den Bereichen Maler, Sanierung, Industrieböden und Gerüstbau geführt. Seit 1989 bietet er die "Steinseifer-Seminare" als Qualifizierungsmaßnahmen im Handwerk an. Heute ist er als Dozent, Berater, Moderator und Trainer im Handwerk tätig und hält nicht viel vom klassischen Teambuilding im Handwerk.
DHB: Werden Maßnahmen zur Teambildung bei Ihnen häufig nachgefragt?
Steinseifer: Die Frage wird häufig gestellt. Ich sage dann: 'Sie können kein Team bilden, das Team bildet sich von selbst, über Zwischenmenschlichkeit und gegenseitiges Verstehen.' Die Leute schauen, wie sie zusammenpassen, sich verstehen und miteinander arbeiten können. Ein Team zusammenzuwürfeln funktioniert nicht, das habe ich selbst erlebt. Wichtig ist, dass funktionierende Teams nicht auseinandergerissen werden, soweit das im Alltag möglich ist, und ihre Leistungen mit Lob und Anerkennung unterstützt werden. Klassische Teambildungsmaßnahmen funktionieren im Handwerk nicht, da bin ich, auch aus meiner langjährigen Erfahrung heraus, sehr skeptisch.
DHB: Welchen Einfluss hat der Chef auf sein Mitarbeiterteam?
Steinseifer: Wenn man ein Team zusammenfügen will, empfehle ich zunächst für jeden Mitarbeiter ein Stärken- und Schwächen-Profil anzulegen. Ist das schriftliche Profil erstellt, ergeben sich diese Fragen: 'Kann ich helfen, die Stärken stärker zu machen und die Schwächen zu kompensieren? Kann ich die Schwächen des Mitarbeiters akzeptieren, ihn entsprechend einsetzen oder passt er nicht ins Team und trenne ich mich von ihm?' Aus den Profilen kann ich Teamzusammensetzungen planen. Ich kann im ersten Ansatz nur vermuten, dass ich die richtigen Mitarbeiter zusammenfüge. Wissen tue ich es erst, wenn sie im Team zusammen arbeiten. Funktioniert es zwischenmenschlich? Versteht man sich, auch ohne große Worte? Hilft man sich gegenseitig? Gleicht man Schwächen untereinander aus? Wenn es zwischenmenschlich nicht klappt, funktioniert das Team nicht, die Aufgaben werden schlecht erfüllt und Projekte scheitern. Funktioniert ein Team, sorgt gemeinsame Weiterbildung dafür, dass es noch mehr zusammenwächst. Mitarbeiterschulung gelingt aber nur, wenn der Chef genau weiß, was er will, und die Dinge vorlebt, die er von seinen Mitarbeitern erwartet. Es ist wichtig das Unternehmen als Ganzes zu sehen und zu verstehen.
DHB: Wie kann der Betriebsinhaber gute Teamarbeit unterstützen?
Steinseifer: Augen aufhalten und zuhören! Was passiert im Team, wo kann man helfen und unterstützen? Wenn mehrere Teams zusammengewürfelt werden, gibt es schon mal Reibereien. Da ist eine Grundsatzbesprechung mit den Teamleitern hilfreich. Ablaufpläne regeln, welches Team welche Aufgaben übernimmt. Ein gutes Team kennt die Stärken und Schwächen der anderen, unterstützt, hilft aus und fordert selbst Unterstützung und Hilfe ein. Mitarbeiter sollen altersgerecht eingesetzt werden. Als Chef fordert man ein, dass jüngere Mitarbeiter die älteren entlasten und ihnen Respekt entgegenbringen, und dass die älteren Mitarbeiter an die jüngeren ihr Wissen weitergeben. Klare Regeln und Anweisungen sind wichtig.
Reibungen entstehen aus fehlenden Informationen. Mitarbeiter brauchen Zuwendung, Achtung, und Beachtung. Das ist ein ständiger Prozess der Schulung, Anleitung und Inspiration. Der Chef soll sich die Zeit nehmen, jeden Auftrag mit seinem Team nachzubesprechen: was ist gut gelaufen, was muss verbessert oder verändert werden. Bei Neueinstellung eines Mitarbeiters sollten nicht nur die handwerklichen Grundvoraussetzungen stimmen, sondern auch das Zwischenmenschliche. Auszubildende sind immer Teil eines Teams. Der Ausbilder achtet darauf, dass sie nicht täglich mit Neuem überfordert werden, sondern auch Aufgaben übernehmen, die sie schon gut können, ein Erfolgsgefühl dabei verspüren, ihr Wissen und Können damit festigen. Teams beisammenzuhalten ist eine Mammutaufgabe für den Chef. Wenn er sie professionell meistert, funktioniert es auch beim Kunden.
Das Gespräch führte Melanie Dorda
Text:
Melanie Dorda /
handwerksblatt.de
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