Sobald ein PfÜB bei ihm ankommt, darf der Chef das gepfändete Einkommen nicht mehr an den betroffenen Mitarbeiter auszahlen.

Sobald ein PfÜB bei ihm ankommt, darf der Chef das gepfändete Einkommen nicht mehr an den betroffenen Mitarbeiter auszahlen. (Foto: © ginasanders/123RF.com)

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Lohnpfändung: Wenn der Chef das Geld an Dritte zahlt

Der Arbeitgeber muss manchmal das Gehalt eines Mitarbeiters an jemand anderen überweisen – nämlich, wenn er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bekommt. Wir erklären, was er dann tun muss.

Das Wort ist lang und kompliziert: "Pfändungs- und Überweisungsbeschluss", Juristen nennen ihn kurz "PfÜB". Wir erklären, was es bedeutet und wie der Arbeitgeber reagieren sollte, wenn er ein solches Schreiben erhält. 

Der PfÜB enthält zwei Teile: Den Pfändungsbeschluss und den Überweisungsbeschluss. Er bezieht sich auf einen konkreten Mitarbeiter, der seine Schulden nicht gezahlt hat. Deshalb pfändet der Staat sein Einkommen, um es dem betreffenden Gläubiger direkt zur Begleichung der offenen Forderung zukommen zu lassen. Häufig handelt es sich dabei um unbezahlten Kindesunterhalt. 

Sobald ein PfÜB bei ihm ankommt, darf der Chef das gepfändete Einkommen – meistens nur einen Anteil – nicht mehr an den betroffenen Mitarbeiter auszahlen. Dafür muss er die geltenden Pfändungsfreigrenzen beachten. Das heißt, bei der Lohnabrechnung muss er die gepfändeten Einkommensanteile berechnen.

Zwei Bescheide oder einer?

In der Regel werden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in einem einzigen Bescheid erlassen. Wenn ihm jedoch zunächst nur ein Pfändungsbescheid vorliegt, darf der Arbeitgeber den pfändbaren Betrag noch nicht an den Gläubiger überweisen, da dieser erst mit dem Überweisungsbeschluss Inhaber der Forderung wird. Mit dem Pfändungsbeschluss erfolgt die Beschlagnahme des Lohns, die ein Pfändungspfandrecht begründet. 

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Informationsrecht des Gläubigers

Der Gläubiger weiß in der Regel nicht, ob der Lohn des Arbeitnehmers für eine Pfändung ausreicht oder ob bereits andere Pfändungen vorliegen. Um zu erfahren, ob und wann er mit einer Zahlung rechnen kann, hat er gegen den Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch, den er mit dem Pfändungsbeschluss einfordern kann.

Der Arbeitgeber muss zunächst das Arbeitseinkommen des Mitarbeiters und dann dessen Pfändungsfreigrenzen errechnen. Zum Arbeitseinkommen zählen alle Leistungen, die dem Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis zustehen. Hierunter fallen auch Naturalleistungen wie ein Dienstwagen. Die Sozialversicherungsentgeltverordnung ist dabei entscheidend.

Was von der Pfändung ausgenommen ist

Folgende Leistungen darf der Arbeitgeber aber nicht zum Arbeitseinkommen hinzurechnen:

  • Arbeitnehmersparzulage
  • Vermögenswirksame Leistungen
  • Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge
  • Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen

Das so ermittelte Arbeitseinkommen dient in erster Linie dem eigenen Unterhalt und der Versorgung der Familie. Deshalb gibt es in § 850a Zivilprozessordnung (ZPO) mehrere Arten von Vergütungsansprüchen, die vor der Pfändung geschützt sind:
  1. Mehrarbeitsstunden: zur Hälfte unpfändbar
  2. Urlaubsgeld
  3. Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder, Gefahrenzulagen, Schmutz- und Erschwerniszulagen
  4. Weihnachtsgeld: bis zur Hälfte des Betrages, dessen Höhe sich nach Aufrundung des monatlichen Freibetrages nach § 850c Absatz 1 richtet.
  5. Geburtsbeihilfen und Beihilfen bei Eheschließung oder Lebenspartnerschaft
  6. Erziehungsgelder und Studienbeihilfen
  7. Sterbe- und Gnadenbezüge
  8. Blindenzulagen

Wie man Pfändungsfreigrenzen berechnet

Für den Arbeitgeber ist bei der Berechnung der pfändbaren Beträge § 850c ZPO entscheidend. Dort gibt es eine amtliche Pfändungsverwertungstabelle. Diese Tabelle wird regelmäßig aktualisiert und berücksichtigt die Entwicklung des steuerlichen Grundbetrages für das Existenzminimum. > Die aktuelle Tabelle finden Sie hier, sie gilt seit dem 1. Juli 2024.

Berücksichtigung von Unterhaltspflichten

Unterhaltspflichten muss der Arbeitgeber bei der Berechnung der Freigrenze beachten – ob solche gegenüber Ehegatten, Lebenspartnern, Kindern oder der Mutter eines nichtehelichen Kindes. Der Arbeitgeber muss diese selbst ermitteln, dafür sollte er aber den Mitarbeiter um eine schriftliche Auskunft bitten.

Wie man den Lohn korrekt auszahlt

Nach Zustellung des PfÜBs darf der Arbeitgeber den Lohn nur noch in der Höhe auszahlen, die pfändungsfrei ist. Achtung: Eine Zahlung des gesamten Arbeitsentgelts an den Arbeitnehmer befreit den Arbeitgeber nicht von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Gläubiger! Das heißt, beachtet er den PfÜB nicht, muss er nochmals an den Gläubiger zahlen! Daher sollte jeder Chef sicherstellen, dass er die Pfändungsfreigrenze korrekt berechnet.

Immerhin kann es dem Arbeitgeber egal sein, ob der PfÜB zu Unrecht erlassen wurde oder ohne sein Wissen wieder aufgehoben wird: Denn seinem Arbeitnehmer muss er den Lohn dann trotzdem nicht erneut zahlen.

Was ist eine Drittschuldnererklärung?

Fragt der Vollstreckungsgläubiger danach, muss der Arbeitgeber ihm eine sogenannte Drittschuldnererklärung abgeben. Darin muss stehen:

  1. Ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkennt und Zahlung zu leisten bereit ist. 
  2. Ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung erheben. 
  3. Ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet ist. 
  4. Ob innerhalb der letzten 12 Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, die Unpfändbarkeit des Guthabens angeordnet wurde und 
  5. Ob es sich bei dem Konto um ein Pfändungsschutzkonto handelt. Bei diesem besteht automatisch ein Pfändungsschutz für Guthaben in Höhe des Grundfreibetrages, darüber hinaus nicht. 

Beantwortet der Arbeitgeber diese Anfrage des Gläubigers nicht, kann er sich schadensersatzpflichtig machen.

Was passiert nach der Lohnpfändung?

Grundsätzlich ändert der PfÜB nichts an den Rechten des Arbeitgebers. Einwendungen, die er zur Zeit der Pfändung gegen seinen Arbeitnehmer hat, kann er auch gegen den Vollstreckungsgläubiger geltend machen. Hat der Chef etwa eine aufrechenbare Gegenforderung gegen den Mitarbeiter, darf er damit auch gegen die Forderung des Vollstreckungsgläubigers aufrechnen. 

Was ist, wenn mehrere Pfändungsbeschlüsse eingehen?

Bei mehreren Pfändungen gilt der Prioritätsgrundsatz, das heißt, die zeitlich zuerst zugestellte Pfändung geht den übrigen vor: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst".  Der Arbeitgeber zahlt die PfÜBs in der Reihenfolge der Eingänge aus.

Werden Pfändungen gleichzeitig – vom Gerichtsvollzieher – zugestellt, haben sie den gleichen Rang. Der gepfändete Betrag ist dann nach dem Verhältnis der vollstreckbaren Beträge aufzuteilen, nicht nach Kopfteilen. Zahlt der Arbeitgeber irrtümlich auf eine nachrangige Forderung, befreit ihn diese gegenüber dem vorrangigen Gläubiger nicht von seiner Zahlungspflicht. Er muss also an diesen nochmals bezahlen.

Praxistipp

Wer sich bei mehreren Pfändungen nicht sicher ist, an wen er zahlen soll, sollte den pfändbaren Betrag hinterlegen und die Verteilung des Erlöses dem Gericht übertragen (§ 853 ZPO). 

Was ist, wenn Gehaltsabtretung und ein PfÜB zusammentreffen? 

Auch hier gilt das Prioritätsprinzip "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst": Ist die Lohnabtretung – etwa gegenüber einer Bank – zeitlich vor der Pfändung erfolgt, muss der Arbeitgeber den pfändbaren Betrag an die Bank zahlen. Denn die Forderung stand nach der Abtretung  dem Arbeitnehmer nicht mehr zu und konnte somit nicht mehr gepfändet werden. Die Zahlung an den Vollstreckungsgläubiger befreit den Arbeitgeber nicht von seiner Zahlungspflicht gegenüber der Bank. Er müsste also erneut zahlen. Auf die Abtretungsanzeige darf sich der Arbeitgeber aber verlassen und die Überweisung an die Bank darf er vornehmen.

Praxistipp

Wer Zweifel hat, an wen er zahlen muss, sollte auch hier den pfändbaren Betrag bei dem Vollstreckungsgericht, das den PfÜB erlassen hat, hinterlegen.

Mit Material der IHK Saarland erstellt.

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Text: / handwerksblatt.de

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