Michel Durieux ist beim ZDH für die "Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz" (MIE) zuständig.In der aktuellen Krise sind die kostenlosen Instrumente der "Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz" (MIE) für Betriebe wichtiger denn je, sagt Michel Durieux vom Zentralverband des Deutschen Handwerks.

In der aktuellen Krise sind die kostenlosen Instrumente der "Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz" (MIE) für Betriebe wichtiger denn je, sagt Michel Durieux vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. (Foto: © kebox/123RF.com)

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Interview: "Wir brauchen schnell wirkende Lösungen"

Energieintensive Handwerksbetriebe sollten jetzt das Beratungsangebot der "Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz" nutzen, sagt Michel Durieux vom ZDH. Von der Politik erwartet er, dass die angekündigte Hilfe einfach und schnell bei den Betrieben ankommt.

88 Prozent aller Handwerksbetriebe berichten in einer ZDH-Sonderumfrage Anfang September von einem deutlichen Anstieg ihrer Energiekosten seit dem Jahresbeginn 2022. Im Schnitt lag der Anstieg bei 62 Prozent. Der dramatische Anstieg lässt die Telefone in den Handwerkskammern und Fachverbänden nicht mehr stillstehen. Mittlerweile spielen sogar einige Inhaberinnen und Inhaber energieintensiver Betriebe mit dem Gedanken, bewusst zu schließen, weil sich das Geschäft nicht mehr rechnet.

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DHB: Herr Durieux, wie steht die Handwerksorganisation den Betrieben mit Blick auf die vielen Krisen zur Seite?
Durieux: In der aktuellen Krise sind die kostenlosen Instrumente der "Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz" (MIE) für Betriebe wichtiger denn je. In dem Projekt sind bereits 40 Handwerkskammern, der Deutsche Textilreinigungs-Verband sowie einige Innungen aktiv. In der Mittelstandsinitiative haben wir etwa gewerkespezifische Maßnahmen zur Energieeffizienz entwickelt.

Unter energieeffizienz-handwerk.de können sich Betriebe und Beratungsstellen durchklicken: Sie finden dort alle Informationen und passende Beraterinnen und Berater, die sich mit den Instrumenten und betrieblichen Energieeffizienzfragen auskennen.

DHB: Was raten Sie Unternehmen, die jetzt auf alternative Energieträger umsteigen wollen oder andere Maßnahmen planen?
Durieux
: Eine kurzfristige Umstellung – etwa als "Fuel Switch" von einer Gas- auf eine Ölheizung – wäre nur ein Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein. Und dabei in den meisten Fällen mit hohen technischen und emissionsschutzrechtlichen Herausforderungen verbunden. Abgesehen von den hohen Investitionskosten bei der Neuanschaffung einer Heizungsanlage, könnten Anbieter so viele Umrüstungen kurzfristig auch gar nicht bewerkstelligen.

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Das gilt übrigens genauso für andere Investitionen. Ob man die Gebäudehülle oder die -technik sanieren, oder Produktionsanlagen austauschen möchte: Früher oder später kommen Stolpersteine, denn die entsprechenden Produkte und Materialien sind derzeit einfach nicht zu bekommen. Zudem hilft eine Investition in neue Maschinen oder Anlagen natürlich auch erst dann, wenn alles auch gut läuft. Es braucht also Zeit, die viele Betriebe wegen der enorm gestiegenen Energiekosten nicht mehr haben.

DHB: Etliche Handwerksbetriebe sind auch Mieter, beispielsweise als Bäckerei oder Fleischerei in einer Ladenzeile, und können nicht auf eigene Faust investieren.
Durieux
: Mietern von Gewerberäumen – etwa von Ladenlokalen in der Fußgängerzone – sind bei investiven Maßnahmen in das Gebäude selbst meistens die Hände gebunden. Grundsätzlich sollten Handwerksbetriebe zu allen Energieeffizienzfragen die Beraterinnen und Berater der Mittelstandsinitiative ansprechen, die sich dann im Partnernetzwerk der Initiative und in der Handwerksorganisation zu den jeweiligen Mietrechtsfragen austauschen und gemeinsam nach Lösungen suchen.

DHB: Es wird ja auch immer die zentrale Rolle des Handwerks bei der Umsetzung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung betont.
Durieux
: Zweifelsohne tragen die Bau-, Ausbau und anlagentechnischen Betriebe unmittelbar zur Klimawende bei. Wahrscheinlich ist dem einzelnen Betrieb dieser wichtige Beitrag zur Klimawende aber derzeit nicht so bewusst. Denn diese Gewerke sind gerade massiven Baupreissteigerungen ausgesetzt. Betriebe kämpfen mittlerweile flächendeckend mit Lieferengpässen und der Inflation. Gleichzeitig müssen sie die extremen Materialpreissteigerungen gegenüber ihren Kunden erklären. Das ist keine einfache Situation.

DHB: Man sagt ja, nur durch Chaos entstehe Veränderung. Beschleunigt die Energiekrise vielleicht die Transformation in den Betrieben?
Durieux
: Fest steht: Die Betriebe hängen am Stromnetz und sind noch nicht energieautark. Die Energiepreissteigerung schärft sicher das Bewusstsein für diese Abhängigkeit, in der man sich befindet und öffnet vielleicht auch den Blick für das Thema Energieeffizienz sowie alternative und erneuerbare Versorgungsmöglichkeiten, wie Photovoltaik. Das hilft den Betrieben jetzt aber nur bedingt weiter. Die Energiekosten haben sich teilweise verfünffacht, die Umsätze dagegen nicht. Im Übrigen ist eine Selbstversorgung rund um die Uhr technisch auch nicht so ohne weiteres möglich.

DHB: Das klingt dramatisch.
Durieux
: Was wir jetzt brauchen, sind schnelle und wirksame Hilfen, damit unsere Betriebe und Beschäftigten durch diese schwierige Zeit kommen. Die Krise kann man auch als Chance dafür sehen, sich weiterzuentwickeln und gestärkt daraus hervorgehen. Wie gesagt, hier helfen die Beraterinnen und Berater der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz mit Rat und Tat. Und die Rahmenbedingungen müssen stimmen – die finanziellen ebenso wie die politischen.

DHB: Welche Rahmenbedingungen wären das?
Durieux
: Die Energiekosten müssen jetzt massiv gesenkt werden. Dazu muss der beschlossene Energiepreisdeckel genutzt werden. Ganz wichtig ist, dass die Unterstützung jetzt zügig und unbürokratisch bei den Handwerksbetrieben ankommt. Gleichzeitig dürfen weder über energierechtliche Vorschriften noch in Förderprogrammen neue und zusätzliche bürokratische Belastungen eingeführt werden. Wir brauchen einfache und schnell wirkende Lösungen.

Die Fragen stellte Kirsten Freund

Energiedatenmanagement mit dem E-Tool

Ein zentrales Werkzeug der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE) ist das E-Tool. Es handelt sich bei dem Web-Portal um ein erprobtes Managementwerkzeug zur Auswertung von Energiedaten in Handwerksunternehmen. Damit können Betriebe Energieverbrauchsdaten und CO2-Emissionen auswerten, eine Energiebilanz sowie einen CO2-Fußabdruck erstellen. Diese Informationen können sogar über Jahre hinweg mit dem E-Tool verfolgt und miteinander verglichen werden. Wie das kostenfreie Analysewerkzeug genutzt wird, entscheidet jedes Unternehmen selbst. energie-tool.de

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Text: / handwerksblatt.de

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