Einen Chief Heart Officer dürften wohl nur die wenigsten Handwerksbetriebe haben. Bruno Bauer kümmert sich aber nicht nur um das Wohlergehen der Mitarbeiter, sondern bestückt bei den "Naturstammbauern" vor allem die Social-Media-Kanäle. Mit seiner Wahl dürfte Geschäftsführer Tobias "Tobi" Graf buchstäblich ins Schwarze getroffen haben. Er rekrutierte den gelernten Grafiker und passionierten Bogenbauer Bruno Bauer direkt von einem Mittelaltermarkt weg.
DHB: Ihr habt euch auf das Bauen mit Holz, vor allem von Blockhäusern, spezialisiert. Das dürfte in Deutschland immer noch recht exotisch sein. Seid ihr deshalb auf Social Media unterwegs?
Bruno: Jeder Handwerksbetrieb muss sich sichtbar machen. Das ist das A und O. Anfangs wollte wir über Instagram natürlich Aufträge generieren. Inzwischen geht es uns aber vor allem darum, die Marke Naturstammbauer bekannter zu machen.
DHB: Habt ihr die Auftragsakquise drangegeben?
Bruno: Das nicht, aber wir verkaufen nicht aktiv über Instagram. Ich habe noch nie den Satz "Kauft ein Haus von uns" im Feed benutzt. Das ist mir zu platt. Es freut uns einfach, wie begeistert die Leute auf unsere Projekte reagieren und wie viel positives Feedback sie uns darauf geben. Das ist der Wahnsinn. Und je mehr Freude sie an unserer Arbeit haben und es mit anderen teilen, desto sichtbarer werden wir und erreichen dabei die perfekte Zielgruppe: Naturverbunde Menschen, die vom eigenen Blockhaus träumen.
DHB: Was bewegt denn eure Abonnenten und die Besucher eures Instagram-Profils am meisten?
Bruno: Bei 80 bis 90 Prozent der Fragen geht es um technische Details. Die Leute wollen wissen, wie wir beispielsweise ein Dach oder einen Boden bauen oder wie wir die Stämme sägen.
DHB: Macht ihr euch nicht selbst arbeitslos, wenn ihr den Leuten zeigt, wie sie ihr eigenes Blockhaus bauen können?
Bruno: Nein. Es gibt viele Enthusiasten, die davon träumen, sich eines Tages auf ihrem Grundstück selbst eine kleine Gartenlaube oder gleich ein ganzes Blockhaus zu bauen. Das ist in vielen Fällen alleine und ohne Fachkenntnisse in unserer angebotenen Qualität ohnehin nicht machbar. Doch wenn sie es selbst probieren möchten, geben wir ihnen diese Informationen oder zeigen es ihnen sogar. Wir wollen unseren Besuchern auf Social Media einen Mehrwert bieten. Andere Betriebe sehen das anders. Sie möchten keine Geheimnisse preisgeben, aber es ist nichts Geheimnisvolles daran, ein Haus aus Holz zu bauen. Generationen von Zimmerern wissen wie es geht. Warum sollten wir es dann verschweigen?
DHB: Du bist gelernter Mediengestalter, kein Zimmerer. Sprichst du dich wegen der Posts mit Tobi ab?
Bruno: Mit ihm und den anderen Zimmerern. Wir haben dafür intern eine eigene Gruppe auf WhatsApp. Sobald eine Frage auftaucht, stelle ich sie dort hinein. Im Laufe des Tages reagiert einer der Jungs darauf. Die Antwort leite ich dann auf den jeweiligen Kanal weiter.
DHB: Social-Media-Nutzer gelten nicht gerade als geduldig. Erwarten sie nicht sofort eine Antwort von euch?
Bruno: Die meisten haben kein akutes Problem, sondern wollen es rein interessehalber für zukünftige Projekte wissen. Abgesehen davon geht bei uns Gründlichkeit vor Schnellligkeit. Ich versuche die Fragen so fundiert wie möglich zu beantworten und hake auch nach, ob die Antwort ausreicht oder ob noch mehr Informationen benötigt werden. Schließlich haben wir an dieser Stelle eine gewisse Verantwortung. Viele freuen sich riesig darüber, dass wir überhaupt antworten. Für uns ist das selbstverständlich, weil Kommunikation keine Einbahnstraße ist. Es gibt Betriebe, die Instagram nur für Werbezwecke nutzen und ihre Abonnenten lediglich als reine Konsumenten sehen. Und wenn die nichts kaufen wollen, kriegen sie auch keine Rückmeldung. Damit verprellt man sich sein Publikum.
DHB: Woher beziehst du dein Wissen über Social Media?
Bruno: Ich schaue mir Videos auf YouTube an oder recherchiere über Google. Früher oder später stößt man auf Personen, die einem sympathisch sind und von denen man sehr viel lernen kann. Deren Kanal abonniere ich oder trage mich in deren Newsletter-Liste ein. Einer davon ist Gary Vaynerchuk. Er setzt mit seiner Marketingfirma 400 Millionen Dollar um und schafft das nicht obwohl, sondern weil er an den Mehrwert seines Publikums denkt. Wenn er sagt: "Schaut euch TikTok an oder geht auf LinkedIn", dann sollte man das machen. Besonders gut gefällt mir aber, dass er sich sehr sozial gegenüber seinen Mitarbeitern verhält und eben kostenlos sein Wissen weiter gibt. Diese Einstellung teilen wir mit ihm. Deshalb haben wir auch eine Sache von ihm übernommen und den Posten des Chief Heart Officer eingeführt.
DHB: Wer ist denn euer Chief Heart Officer und was macht er genau?
Bruno: Das ist mein Part. Ich kümmere mich darum, dass es den Mitarbeitern und den Kunden gut geht und dass wir respektvoll miteinander umgehen. Uns ist es wichtig, mehr Menschlichkeit in die Welt zu bringen. Wirtschaftliches Wachstum ist gut, aber wir wollen es dazu nutzen, mit anderen Betrieben zu wachsen, die genauso sozial eingestellt sind wie wir. Man muss immer die Veränderung sein, die man sehen will. Social Media ist die ideale Plattform, um zu zeigen, dass es bereits Realität sein könnte.
DHB: Wie sieht deine tägliche Arbeit aus?
Bruno: Ab circa 9 Uhr bin ich im Büro. Ich bespreche mit den Geschäftsführern die Tagesordnung und wir tauschen Ideen und Eindrücke aus. Anschließend bestücke ich die verschiedenen Plattformen. Wir sind auf Instagram, Pinterest, Facebook, Twitter und LinkedIn vertreten. Außerdem muss ich die Homepage bestücken und den Eintrag auf Google My Business pflegen. In der Regel stelle ich die Posts für unsere Social-Media-Kanäle für ein bis zwei Tage im Voraus ein. Wenn alles optimal läuft, veröffentliche ich diese Beiträge auch noch bei LinkedIn. Die Homepage zweimal die Woche mit einem kleinen Blogeintrag oder einer Fotogalerie zu aktualisieren, hatte ich mir vorgenommen, aber es klappt aktuell leider ziemlich selten.
DHB: Das hört sich nach ziemlich viel Arbeit an. Lohnt sich dieser Aufwand denn?
Bruno: Der Algorithmus von Google registriert, dass wir ziemlich breit aufgestellt sind. Diese Relevanz zeigt sich dann in den Suchergebnissen. Wenn jemand "Blockhaus bauen" eingibt, tauchen wir viel häufiger auf. Durch unsere massive Präsenz erzeugen wir Relevanz, die dann aber auch gelebt werden muss.
DHB: Über welches Programm werden die Inhalte verteilt?
Bruno: Ich nutze die kostenpflichtige Version von "later.com", um Instagram, Facebook, Pinterest und Twitter zu bespielen. Darüber lässt sich automatisch die Größe der Fotos für jeden Kanal gezielt anpassen und man kann in einem Abwasch vorproduzierten Content für vier, fünf Tage im Voraus einstellen. Das hat mir gerade in der Anfangszeit sehr geholfen, weil ich noch reichlich andere Aufgaben bei den Naturstammbauern habe. Außerdem hat man an den vorgeplanten Tagen mehr Zeit, um sich intensiver mit den Kommentaren in der Community zu beschäftigen oder eine Story einzustellen. Wenn möglich, poste ich dann noch die zwei Beiträge, die auf Social Media am besten laufen, im Newsbereich unserer Homepage und stelle Artikel und Fotos bei LinkedIn ein. Das geht aber nur manuell.
DHB: Welche Programme verwendest du noch?
Bruno: Als Grafiker natürlich die Creative Suite von Adobe. Darin sind InDesign für die Seitengestaltung von Printprodukten, Illustrator für das Entwerfen von Logos und Photoshop für die Bildbearbeitung enthalten.
DHB: Woher stammt eigentlich euer Bildmaterial, wenn du die meiste Zeit im Büro bist?
Bruno: Die meisten Fotos schicken mir die Jungs, denn unsere Baustellen sind oft weiter weg. Würde ich jedes Mal rausfahren, ginge damit sehr viel Zeit verloren. Reichlich eigenes Foto- und Videomaterial konnte ich zuletzt sammeln, als wir Anfang 2020 hier auf dem Hof ein Naturstammhaus gebaut haben. Da habe ich viele kleine Videos mit unserem Vorarbeiter gedreht und ihn darin erklären lassen, wie man ein Blockhaus baut. Solche Geschichten lieben die Leute einfach, weil sie sich unseren Leute näher fühlen und die Videos ihnen einen Mehrwert bringen.
DHB: Bei Fritz Bedachungen verantwortet Florian Fugmann die Social-Media-Aktivitäten, beim ZEP-Team ist es Carsten Stork. Geht die Entwicklung dahin, dass auch kleinere Handwerksbetriebe jemanden ausschließlich für die Außendarstellung zu beschäftigen?
Bruno: Nicht zwangsläufig. Bestes Beispiel ist Lena Ridder von @natur.talente. Ihr Vorteil ist natürlich, dass sie den Beruf gelernt hat und dass sie jeden Tag vor Ort ist. Da wird nicht groß geplant, geskriptet und ausgeleuchtet. Lena filmt und fotografiert auf der Baustelle. Für die Nachbearbeitung nutzt sie vielleicht einen Filter oder unterlegt das Video mit Musik. Dann stellt sie es online. Das macht sie aus meiner Sicht auch so sympathisch und authentisch. Sie produziert keine Highend-Hochglanz-Videos, die bis ins Letzte bearbeitet sind, sondern vermittelt das Gefühl, neben ihr auf der Baustelle zu stehen. Die Leute fühlen sich ihr nahe. Sie schafft Vertrauen. Und wem man vertraut, den beauftragt man auch.
DHB: Auf ihrem Instagram-Account hat Lena angekündigt, dass die @natur.talente und @dienaturstammbauer zusammenarbeiten werden. Was habt ihr zusammen vor?
Bruno: Lena hat vor einiger Zeit gepostet, dass sie und Holger eine Halle in Holzbauweise hochziehen und dass dies genauso sicher, aber günstiger als die vergleichbare Stahlausführung ist. Das fanden wir spannend, denn parallel dazu hatten wir auch zwei Anfragen. Durch Lena sind wir quasi auf einen Anbieter gekommen, mit dem wir zusammenarbeiten wollen. Wenn wir die Projekte umsetzen dürfen, holen wir die @natur.talente mit ins Boot.
DHB: War es geplant, dass ihr über Instagram auch neue Kooperationspartner auftut?
Bruno: Nein, das ist purer Zufall. Mit einigen, die unsere Beiträge kommentieren, tauscht man sich mit der Zeit intensiver aus. Da geht es in erster Linie um Sympathie. Manchmal entwickelt sich daraus eine Freundschaft, die sogar einen wirtschaftlichen Mehrwert mit sich bringt. Das hat aber nichts Berechnendes. Das "Social" in "Social Media" nehme ich sehr wörtlich.
DHB: Für welchen Social-Media-Kanal werden die Inhalte in erster Linie erstellt?
Bruno: Bei uns steht Instagram ganz klar an erster Stelle. Etwas abgeschlagen auf dem zweiten Platz folgt Facebook. Pinterest, LinkedIn und Twitter liegen weit dahinter.
DHB: Warum seid ihr sowohl bei Instagram als auch bei Pinterest aktiv?
Bruno: Unsere Themen sind sehr bildlastig. In den meisten Fällen weckt ein Foto selbst ohne Text schon sehr viel Emotionen. Deshalb sind wir sowohl bei Instagram als auch bei Pinterest vertreten. Die beiden Plattformen ähneln sich zwar, wir bespielen sie allerdings unterschiedlich, da durch die Möglichkeit längerer Texte die Emotionalität bei Instagram sehr viel höher als bei Pinterest ist. Das liegt aus meiner Sicht am Austausch mit der Community. Auf Instagram wird viel kommentiert. Wir erhalten Nachrichten. Auf Pinterest findet kaum Interaktion statt. Deshalb kriege ich dort auch kein Gefühl dafür, was den Leuten gefällt und was sie gerne sehen würden. Das ist ein großes Manko.
DHB: Welche Rolle spielt Facebook in eurem Social-Media-Mix?
Bruno: Bei Facebook läuft sehr viel Kommunikation über die Kommentare und über den Messenger. Wahnsinnig interessant sind dort die Gruppen, in denen man seine Beiträge posten kann und über die einige Anfragen kommen. Wir sind in 15 bis 20 Gruppen vertreten. Davon sind aber nur drei, vier relevant, weil die Mitglieder äußerst aktiv sind. Den Rest nimmt man so mit, weil es keinen Mehraufwand verursacht. Wenn man Werbung schalten möchte, kommt man an Facebook allerdings nicht vorbei, weil es werbestrategisch die meisten Möglichkeiten bietet.
DHB: Dass die Naturstammbauer bei LinkedIn sind, hat mich überrascht. Erhofft ihr euch davon, neue Mitarbeiter über die Karriereplattform zu finden?
Bruno: Nein, denn ich betrachte LinkedIn nicht in erster Linie als Karriereplattform. Für mich ist es ein super Tool, um zu netzwerken. Wer B2B-lastig aufgestellt ist, kann darüber sehr viel erreichen. Der einzige Nachteil bei LinkedIn ist, dass man sehr viele irrelevante Kontaktanfragen erhält. Da braucht man ein bisschen Geduld, um die Anfragen genauer zu sichten und dann zu entscheiden, mit wem man weiter machen möchte. Die Auslese zwischen relevanten und irrelevanten Leuten ist der große Unterschied zu anderen Social-Media-Kanälen. Auf Instagram nimmt man jedes Herzchen gerne mit. Bei LinkedIn sollte man sich fokussieren.
DHB: Nutzt ihr für die Mitarbeiterakquise also eher Instagram?
Bruno: Auf jeden Fall! Unsere beiden Stellenanzeigen haben ganz viele enthusiastische Zimmerer aus ganz Deutschland angesprochen. Die Anfragen kamen aus dem eher nahe gelegenen Aichach und Dachau, aber auch aus Berlin. Es haben sich aber auch Leute gemeldet, die wissen wollten, ob wir Kurse anbieten. Eine tolle Idee! Darüber haben wir vorher noch nie ernsthaft nachgedacht. Jetzt ziehen wir es in Erwägung. Es soll aber kein Pseudohaus gebaut werden. Wir wollen Kunden und Kurse bei einem richtigen Projekt zusammenbringen. Wie wir das bewerkstelligen können, ist aber noch offen.
DHB: Ihr vermittelt ein tolles Image. Ich könnte mir vorstellen, dass viele Leute gerne bei euch arbeiten möchten.
Bruno: Social Media bietet den Betrieben eine große Chance, an die richtigen Leute zu kommen. Doch das Bild muss sich mit der Realität decken. Wer nicht lebt, was er da auf Instagram und Facebook propagiert, wird schnell als Blender enttarnt. Social Media kann also auch schnell wie ein Filter funktionieren.
Wir sind ein sehr sozialer Betrieb. Das zeigt sich unter anderem beim Umgang mit den Kunden. Wegen Corona verschiebt sich manch ein Hausbau. Das reißt Lücken in unsere Planung, aber wir nageln keinen auf diesen Teil der Verträge fest. Genauso wichtig ist es uns, dass die Mitarbeiter gut drauf sind und dass jeder so viel zum Leben hat, wie er braucht. Wenn hier morgens einer ankommt und total fertig aussieht, dann schickt Tobi ihn nach Hause. Das habe ich in noch keinem anderen Betrieb erlebt. Wenn sich Zimmerer bei uns bewerben, entscheiden vor allem unsere Jungs da draußen, ob er oder sie ins Team passt. Wenn jemand immer nur aneckt und keiner mehr mit ihm arbeiten möchte, schadet es uns allen.
DHB: Im März 2020 habt ihr bei Instagram die 1.000er-Marke überschritten. Im Januar 2021 seid ihr bei 4.000 Abonnenten angelangt. Erklärt sich das massive Wachstum der Zahlen denn allein durch das effizientere Arbeiten mit Later?
Bruno: Nein. Um Beiträge mit hoher Reichweite stärker zu pushen, haben wir natürlich auch mal zwei, drei Euro pro Tag investiert. Das bringt einen richtigen Kreislauf in Gang: Je mehr Leuten den Beitrag sehen, desto mehr abonnieren uns. Eine größere Zahl von Abonnenten sorgen für höhere Relevanz, so dass man präsenter in den Feeds wird. Dann geht das Ganze von vorne los. Das ist eine Maschinerie, die sich irgendwann selbst füttert. Hinzu kommt natürlich auch, wie oft und zu welchen Zeiten man etwas postet. Das lässt sich im Analyse-Tool von Later ablesen. Es gibt wahnsinnig viele Stellschrauben, an denen man drehen kann.
DHB: Wie hoch ist dein Social-Media-Budget?
Bruno: Minimal. Aktuell sind es 50 Euro im Monat. Den Betrag schöpfe ich aber gar nicht voll aus, sondern spare mir das für eine Kampagne. Manchmal schauen wir, ob ein Beitrag, der in Deutschland gut gelaufen ist, auch für das europäische Ausland von Interesse sein könnte. Dann investieren wir bis zu 50 Euro. Der Vorteil von Social Media ist, dass die Werbung sehr zielgerichtet platziert werden kann. So können wir beispielsweise Leute ansprechen, die holzaffin sind und die ein Eigenheim planen. Sollten künftig mehr profitable Aufträge reinkommen, werden wir wohl auch sukzessive das Budget erhöhen. Insgesamt stehen mir für das Marketing monatlich 150 Euro zur Verfügung. Von dem Geld werden auch die Programme bezahlt, aber ich lasse auch T-Shirts oder Zollstöcke mit unserem Logo bedrucken. Die verschenken wir an Kunden, die Spaß an unserem Unternehmen haben.
DHB: Inzwischen gibt es Betriebe, die ihr eigenes Merchandising – wie T-Shirts mit dem Firmenlogo darauf – verkaufen. Wie steht ihr dazu?
Bruno: Wenn man wachsen will, sollte man vor allem die eigene Marke bekannter machen. Das Image ist dabei ausschlaggebend. Unsere Kunden möchten gerne für uns werben. Aber daran wollen wir nichts verdienen. Den Aufbau einer Marke muss man langfristig angehen. Wir sprechen da über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren. Einen Hoodie mit dem eigenen Firmenlogo zu verkaufen und daran fünf Euro zu verdienen, ist aus meiner Sicht zu kurz gesprungen. Wir konzentrieren uns lieber darauf, mit anderen Betriebe zu kollaborieren, möglichst viele spannende Projekte umzusetzen und darüber auf Social Media zu berichten. Das bringt uns langfristig gesehen mehr als 500 Hoodies zu verkaufen.
DHB: Ab und an zeigt ihr, mit welchen Werkzeugen ihr arbeitet. Sponsern euch die Hersteller oder werbt ihr aus Überzeugung für deren Produkte?
Bruno: Viele Leute reagieren sehr emotional auf Hersteller wie Makita oder Stihl. Wenn wir deren Produkte auf unseren Bildern adden, erreichen wir dieses Publikum. Wir liken die Hersteller, die Hersteller liken uns. Das ist ein Geben und Nehmen. Das bringt uns eine höhere Reichweite, aber es fließt kein Geld. Wir haben auch noch keine entsprechenden Anfragen bekommen.
DHB: Ihr bezieht euer Holz aus Kanada und aus Russland. Sind beide Länder auch als Markt für eure Blockhäuser interessant oder weshalb übersetzt ihr eure Beiträge auf Instagram auch ins Englische?
Bruno: In Kanada akquirieren wir keine Aufträge, weil es dort unglaublich viele Anbieter für den Bau von Blockhäusern gibt. Über Social Media kriegen wir von dort aber immer wieder mal Likes. Kürzlich haben wir eine Anfrage von einem jungen Zimmerer auf Instagram erhalten. Er hat zwei Jahren bei einem führenden Blockhausbauer in Kanada gearbeitet und kehrt im Juli nach Deutschland zurück. Wir haben ihn gleich gefragt, ob er nicht bei uns reinschnuppern möchte, und ihn dazu eingeladen, eine Woche mit unseren Jungs zu arbeiten.
DHB: Wie sieht es mit Russland aus?
Bruno: Gelbe Zeder ist als Baumaterial inzwischen sehr gefragt bei uns. Wir beziehen das Zedernholz aus Russland. Dort arbeiten wir mit zwei Blockhausbauern zusammen, die handwerklich und qualitativ unschlagbar sind. Mit einem der beiden haben wir einen Exklusivvertrag abgeschlossen, dass alle Anfragen aus Deutschland zum Bauen mit Zeder über uns laufen. Diese Partnerschaften sind über Social Media viel enger geworden, da wir das Marketing und den europäischen Vertrieb übernehmen.
Die Social-Media-Kanäle der NaturstammbauerDie Naturstammbauer auf Instagram, auf Facebook, auf Pinterest, auf Twitter, auf LinkedIn und auf YouTube.
DHB: Wer auf eurer Homepage den YouTube-Button drückt, landet auf dem Account von Markus Eichner. Dort liegt der letzte Upload sechs Jahre zurück. Nutzt ihr YouTube gar nicht mehr?
Bruno: Markus Eichner war der Geschäftspartner vom Tobi. Er hat diesen YouTube-Kanal betrieben, ist aber 2016 leider an einem Herzinfarkt gestorben. Inzwischen hat Tobi einen persönlichen Kanal eröffnet.
DHB: Also werdet ihr euch demnächst stärker dem Bewegtbild zuwenden?
Bruno: Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Ein 15-minütiges Video zu skripten, drehen und schneiden, frisst sehr viel Zeit und Energie. Content alleine für YouTube zu erstellen, wäre wenig sinnvoll, weil wir dort bisher nur ein kleines Publikum haben. Das würde sich also aktuell kaum rentieren. Wenn wir Videos produzieren, müssten sie in gekürzter Fassung auch auf anderen Kanälen laufen.
DHB: Dazu bieten sich doch Instagram und TikTok an …
Bruno: TikTok habe ich mir bereits angeschaut und dort ein paar kurze Videos platziert. Um dort erfolgreich zu sein, müssten wir deutlich mehr Zeit investieren und konstanter Content posten. Das gilt auch für die Reels bei Instagram. Ich hatte geplant, längere Interviews mit Tobi und den Jungs zu führen. Aber wir haben derzeit so viel zu tun, dass uns dazu die Zeit fehlt. Vielleicht ist es im August möglich, wenn weniger los ist. Allerdings machen wir uns damit keinen Stress.
DHB: YouTube dürfte es ja noch eine ganze Weile geben …
Bruno: Das sehe ich auch so. Doch selbst wenn nicht, wird es Instagram machen. Deshalb sind wir dort auch so gerne unterwegs. Instagram bleibt am Puls der Zeit und passt sich den Entwicklungen immer wieder mit neuen Features an. Siehe TikTok und die Reels. Ich könnte mir gut vorstellen, dass InstagramTV-Videos in Zukunft länger werden dürfen.
DHB: Wie sieht eure Social-Media-Strategie für die kommenden ein oder zwei Jahre aus?
Bruno: Ich bin ein Freund davon, sich breit zu fächern. Deshalb werden wir auf allen Kanälen vertreten bleiben, die wir derzeit bespielen. Mehr Videos zu drehen, bleibt ein Thema. Ansonsten möchte ich mich verstärkt um die Suchmaschinenoptimierung (SEO) kümmern, um damit die Reichweite der Homepage zu erhöhen.
DHB: Jetzt komme ich doch nochmal auf das Thema Video zurück. Am 8. April 2020 habt ihr bei Instagram einen kurzen Film gepostet, wie ihr das Auto eines Falschparkers vor eurem Grundstück mit dem Kran umhebt. Wie hat denn der Halter darauf reagiert?
Bruno: Das war mehr ein interner Spaß. Das Auto gehört einem unserer Zimmerer, der aus dem Schwarzwald kommt. Da er die ganze Woche über hier in Kissing wohnt, braucht er es kaum. Als wir den Kran vor das Blockhaus gestellt haben, war er gerade nicht da, um seinen Wagen wegzufahren. Dann hat er es quasi selbst übernommen, sich mit dem Kran "abzuschleppen". Er war also Falschparker und Abschleppunternehmer in einer Person. Wir fanden das echt witzig. Seine Frau hat weniger darüber gelacht, als sie das Video gesehen hat.
DHB: Apropos Frauen. Die sind bei den Influencern im Handwerk bislang echt zu kurz gekommen. Ich habe mal sechs Umschläge vorbereitet. Darin befindet sich jeweils ein Name einer Handwerkerin in einem gewerblich-technischen Beruf, die auf Instagram präsent ist. Du hast die Wahl!
Bruno: Ich nehme den Umschlag mit der Nummer 4.
DHB: Dann wäre die Kandidatin für die Folge #007 @dachdeckerin_chiara.
Steckbrief
Name: Bruno Bauer
Alter: 39
Abschluss: Mediengestalter
Betrieb: Die Naturstammbauer GmbH
Gewerk: Zimmerer
Ort: Kissing (Bayern)
Mitarbeiter: 12
Internetauftritt: dienaturstammbauer.de
Influencer im Handwerk #005Zum Interview mit Lena Ridder geht's hier.
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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