Die Chancen für Frauen im Handwerk sind ausgezeichnet. In den nächsten zehn Jahren steht bei etwa 200.000 Betrieben die Übergabe an. Momentan liegt der Frauenanteil bei der Nachfolge im Handwerk je nach Region noch zwischen 13 und 23 Prozent. Das soll in Zukunft deutlich mehr werden – und zwar nicht nur in klassischen Frauendomänen wie Friseursalons oder Kosmetikstudios.
Die Vielfalt des Handwerks bietet beste Aufstiegschancen
"Auch und gerade abseits der traditionellen Muster gibt es beste Perspektiven für Frauen." Das betonte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke anlässlich des bundesweiten Aktionstages "Nachfolge ist weiblich" Ende Juni.
"Wir wollen Frauen ermutigen und ihnen aufzeigen, dass sie überall im Handwerk erfolgreich sein können", sagt Schwannecke. Immerhin bietet das Handwerk 130 verschiedene Berufe. Diese Vielfalt bietet zahlreiche Aufstiegschancen. Die Digitalisierung hilft den Frauen, auch Chefpositionen in den Bau- und Ausbaugewerken einzunehmen.
Die körperliche Belastung ist in einigen Bereichen heute deutlich geringer. Und wo das nicht der Fall ist, kann sich die Chefin die Aufgaben mit einem technischen Betriebsleiter teilen.
BeratungZahlreiche Beratungsangebote für Gründerinnen und Nachfolgerinnen gibt es bei den Handwerkskammern und Fachverbänden. Diese vermitteln auch Kontakte zu Mentorinnen-Programmen. Netzwerke wie das der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH) bieten Kontakte zu Gleichgesinnten. Infos gibt es auch beim Portal existenzgründerinnen.de des Bundeswirtschaftsministeriums
Weiblichen Nachwuchs früh fördern
Doch auch im Jahr 2020 gibt es noch immer Klischees bei der Berufswahl und es gibt nach wie vor Seniorchefs, die glauben, nur der Sohn könnte in ihre Fußstapfen treten. Und es gibt Mitarbeiter, die sich mit einer Chefin schwertun. Teilweise existiert im Handwerk eben noch ein klassisches Rollenverständnis.
Die Förderung des weiblichen Nachwuchses müsse daher früh ansetzen und das Berufsbild der Unternehmerin vermitteln, so Schwannecke. Wichtig seien zum Beispiel spezielle Angebote, die Frauen in ihrem Aufstiegsverhalten stärken und gezielt auf ihre Rolle als Führungskraft oder Unternehmerin vorbereiten, um gut qualifizierte Frauen an das Handwerk zu binden. Eine Karriere als Unternehmerin lohne sich, denn "die Zukunft des Handwerks ist digital, nachhaltig und chancengleich".
Melanie Franke, F & T GmbH – Bauelemente und Metallbau Franke, Schwalbach
Melanie Franke ist eine der wenigen Metallbaumeisterinnen in Deutschland. Zusammen mit ihrem Vater Gunter Franke ist sie geschäftsführende Gesellschafterin der F & T GmbH - Bauelemente & Metallbau Franke in Schwalbach. Als sie nach dem Fachabitur ihre Berufsausbildung begann, hätte sie sich nicht träumen lassen, einmal Chefin in einem Betrieb zu sein, der immer noch als klassische Männerdomäne gilt. Metallbau ist schon ein Gewerk, in dem man zupacken muss.
Melanie und Gunter Franke Foto: © Peter DierschMelanie Franke machte zunächst eine Lehre als Gold- und Silberschmiedin. Danach arbeitete sie als Gesellin und absolvierte dann ihre Ausbildung als Gold- und Silberschmiedemeisterin.
Ihr Vater hatte den Betrieb 1995 gegründet. "Ich stellte mir früh die Frage, wie es mit unserem Familienbetrieb weitergehen sollte, wenn ich mal aufhöre", so Gunter Franke. "Dann führten Melanie und ich ein Gespräch." "Danach entschied ich mich, 2008 in den Betrieb einzusteigen", so Melanie Franke.
"Nach meinem 65. Geburtstag tauschten wir unsere Schreibtische. Melanie wurde Geschäftsführerin und fällt die operativen Entscheidungen", berichtet Gunter Franke.
"Aus Gold und Silber schöne Schmuckstücke zu formen, forderte meine Kreativität." Zum Wechsel von den Metallen Gold und Silber zu Edel- und sonstigen Stählen meint sie: "Gleiche Werkstoffe, nur größere Dimensionen." Die Kreativität bei Kundenlösungen ist auch weiterhin gefragt. Klar war ihr aber schnell: Um den väterlichen Metallbaubetrieb zu managen, brauchte es weitere Qualifikationen. Folgerichtig begann sie berufsbegleitend an der HWK des Saarlandes die Ausbildung zur Metallbaumeisterin, die sie 2016 als Beste abschloss.
Zwischendrin ließ sie sich noch zur "Schweißfachfrau" ausbilden. Da es diese Berufsbezeichnung überhaupt nicht gibt, steht "Schweißfachmann" auf ihrer Visitenkarte. "Auch Frauen können in sogenannten Männerberufen bestehen", ist sie überzeugt. "Dabei hilft mir meine Meisterqualifikation. Als Meisterin genieße ich auf der Baustelle eine gewisse Grundakzeptanz."
Weiterbildung ist für sie sehr wichtig. Ihr bisheriger Lebenslauf spricht eine klare Sprache. Und weil Weiterbildung für den Handwerksnachwuchs wichtig ist, engagiert sie sich beim Handwerkerforum und bei der Handwerkskammer bei Meisterprüfungen und beim Girls'-Day, wo jungen Frauen Handwerksberufe nahegebracht werden.
Marilena Bergers, Tischlerei Bergers, Mülheim
Marilena Bergers ist mit ihrer Ausbildung zur Tischlerin in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten, arbeitet im Betrieb ihres Vaters mit und plant, diesen zu übernehmen. So weit, so normal – und doch ist bei der 29-Jährigen einiges anders. Denn die überdurchschnittlich begabte junge Frau hat schon einen Masterabschluss, den sie in Australien ablegte, in der Tasche. Und jede Menge Ideen, wie man "die Lebensbedingungen für Menschen auf dieser Welt erträglicher machen kann".
Marilena und Norbert Bergers Foto: © Heike HerbertzDass sie davon nicht nur redet, sondern auch handelt, zeigt ihre Mitarbeit unter anderem beim Aufbau einer Schule in Nepal. Auch wenn sie die Tischlerei übernimmt, möchte sie sich für soziale Projekte eine gewisse Zeit im Jahr "freischaufeln".
Bei ihrem Vater stößt sie mit ihrem Engagement auf Zustimmung: Norbert Bergers ist schließlich selbst noch mit über 60 Jahren auf Baustellen "auf dem Dach der Welt" im Himalaya herumgeklettert. Bereits die Ausbildungszeit war oftmals eine Angelegenheit auf Augenhöhe, die Zusammenarbeit ein gegenseitiges Voneinander-Lernen.
Folgerichtig hat Bergers auch zum Thema Gleichberechtigung eine klare Meinung. "Jede Frau sollte einen Nagel in die Wand schlagen können. Damit wir von diesen Rollenklischees wegkommen!" Für sie selbst ist es nichts Besonderes, als Frau in einem technischen Beruf zu arbeiten. Doch ihr ist klar: Bis sich diese Einschätzung allgemein durchsetzt, muss sich noch viel ändern.
Karina Vigelahn und Josephine Schineis, Vigelahn Baumteam, Königs Wusterhausen
"Es ist ein großes Glück, dass unsere Tochter schon in den Startlöchern steht", sagt Karina Vigelahn. Die Unternehmerin leitet das Vigelahn Bauteam in Königs Wusterhausen seit 2008. In dem Jahr war der offizielle Notartermin für die Übergabe vom Vater an die Tochter. Dieter Vigelahn hat das Unternehmen im Juni 1991 gegründet. Karina Vigelahn stieg 1995 eher ungeplant ein, als ihr Vater schwer erkrankte.
Karina Vigelahn und ihre Tochter Josephine Schineis vom Vigelahn Bauteam Foto: © Christian Schineis"Ich habe meine Stelle in der Möbelindustrie gekündigt und bin in die Lücke gesprungen", erzählt die Unternehmerin. "Bis heute staune ich über meinen Mut." Der Vater wurde glücklicherweise wieder gesund und die beiden führten den Handwerksbetrieb, der auf Erd-, Beton- und Maurerarbeiten spezialisiert ist, Hand in Hand weiter.
Fünf Jahre lang bereitete sich Karina Vigelahn auf die Übernahme vor, besuchte Workshops bei der Handwerkskammer Cottbus, führte Gespräche mit der Hausbank und dem Steuerberater.
Ein erfahrener Antwalt riet der Wirtschaftsingenieurin von einem zweiten Studium ab. "Man muss nicht alles alleine machen, man kann sich auch einen technischen Betriebsleiter zur Seite holen." So hat es Karina Vigelahn damals getan und die Entscheidung nicht bereut.
Obwohl sie selbst erst 51 Jahre alt ist, bereitet sie ihr Unternehmen schon auf die dritte Generation vor: Tochter Josephine Schineis möchte demnächst in den Familienbetrieb einsteigen.
"Ich habe das Glück, dass meine Mutter viele Tücken einer Übernahme kennt und mir Steine aus dem Weg räumt", erzählt die 29-Jährige, die ebenfalls über Umwege, nämlich die Hotellerie, zum Bauunternehmen gekommen ist. Momentan peilt die Mutter einer zehn Monate alten Tochter die Bachelorarbeit in ihrem Bauingenieursstudium an. Die will sie im elterlichen Unternehmen schreiben.
Die Mitarbeiter, die zum Großteil schon viele Jahre im Unternehmen sind und Josephine Schineis schon als Kind kennen, haben auf der Weihnachtsfeier erfahren, dass die junge Frau den Betrieb in den nächsten drei bis fünf Jahren übernehmen wird. Das sei schon eine aufregende Situation gewesen, erzählt Schineis. Der Knoten platzte, als ein langjähriger Mitarbeiter sagte: "Ich bin froh, dass ich bis zur Rente hier im Unternehmen arbeiten kann."
Mareike Wendt, Raumgestaltung M. Schwarz, Bochum-Linden
Für Mareike Wendt stand von Anfang an fest: "Wenn ich nach dem Abitur die Ausbildung zur Raumausstatterin mache, werde ich auch den Meisterbetrieb meines Vaters übernehmen." Mareike Wendt ist sozusagen in den Betrieb hineingeboren worden.
"Meine Eltern haben vor 40 Jahren das Unternehmen gegründet, aufgebaut und erfolgreich geführt. Jetzt wollten sie sich zur Ruhe setzen, und da war für mich ziemlich schnell klar, dass ich den Betrieb weiterführen werde", erzählt die Raumausstattermeisterin.
Mareike Wendt Foto: © Werbegemeinschaft Linden"Meine Eltern haben sich einen Namen gemacht, der Betrieb Raumgestaltung M. Schwarz ist in Bochum-Linden bekannt und die Zahlen stimmten. Da lag die Übernahme nahe."
Heute fühle es sich sehr gut an, den Familienbetrieb fortzuführen. "Der Weg dahin war zwar steinig und steil, aber die Hürden sind genommen. Ich bin überzeugt davon, dass es Handwerker immer geben wird und geben muss. Deshalb ist man auch als Frau im Handwerk gut aufgehoben und kann seinen Platz finden."
Der Betrieb fertigt Fensterdekorationen an, verkauft und montiert Sonnenschutz, Sichtschutz und Insektenschutz nach Maß, führt Polsterarbeiten und Bodenlegearbeiten aus. "Nach meiner Ausbildung habe ich als Gesellin sehr viel handwerklich gearbeitet, jetzt in der Selbstständigkeit liegt mein Schwerpunkt eher in der Beratung und Angebotserstellung sowie im kaufmännischen Bereich."
Stephanie Ernst Foto: © Ulrike WittenbrinkStephanie Ernst, Raumausstattung Ewert, Bielefeld
Raumausstattermeisterin Stephanie Ernst (46) zählt zu den Mitgliedern der Vollversammlung der Handwerkskammer OWL. Die selbstständige Unternehmerin gestaltet das Geschehen im ostwestfälischen Handwerk aktiv mit. Ihr Schwerpunkt ist das Thema Ausbildung. Die Lehrlingswartin der Raumausstatterinnung Bielefeld-Lippe unterrichtet im Handwerksbildungszentrum Brackwede.
Die engagierte Ehrenämtlerin hat über ein Praktikum zu ihrem Beruf gefunden. Ursprünglich wollte sie Innenarchitektin werden. Das Praktikum hatte sie jedoch begeistert und schließlich absolvierte sie in ihrem Praktikumsbetrieb ihre Ausbildung.
Mit großem Erfolg: Zunächst erreichte sie den Titel Kammersiegerin beim Praktischen Leistungswettbewerb und wurde dann sogar Landessiegerin. Mit dem guten Abschluss bewarb sie sich in der Handwerkskammer um ein Stipendium bei der Begabtenförderung, das sie mühelos erhielt.
Mit dem Stipendium finanzierte sich Stephanie Ernst ihre Meisterausbildung. Danach arbeitete sie in der Raumausstattung Ewert im Bielefelder Westen.
Vor zwölf Jahren hat sie den Betrieb übernommen. Als Unternehmerin konzentriert sie sich auf Beratung, Service und handwerkliche Leistungen. Dekorationsartikel hat sie aus dem Sortiment genommen. "Das können andere besser", so Ernst. Hohe Qualität und Nachhaltigkeit sind ihr wichtig. "Das ist die Stärke der handwerklichen Raumausstatter", betont die Meisterin.
Melanie Temmes, Metzgerei Gerhard Gries e. K., Waldmohr
Melanie Temmes übernahm 2018 die Fleischerei mit angegliedertem Partyservice und acht Mitarbeitern von ihren Eltern. Die Fleischermeisterin und Betriebswirtin des Handwerks legt viel Wert auf Regionalität, gute Zusammenarbeit mit ihren Landwirten sowie auf ein fachlich gut ausgebildetes Team, das mit Spaß und Motivation an die Arbeit geht. "Im Jahr der Übernahme renovierte ich meinen Ladenbereich und machte ihn für meine Kunden und meine Mitarbeiter zum Wohnzimmer", berichtet Melanie Temmes. Hier gebe es durchaus mal Zeit für ein kleines "Schwätzchen" mit den Kunden.
Melanie und Ralf Temmes Foto: © Peter LangeAuch einen eigenen Online-Shop hat die Metzgerei Gries. Melanie Temmes ist von Kindesbeinen an in den Betrieb, der seit 1980 von Gerhard und Mathilde Gries geführt wurde, hineingewachsen. Ihrem Ehemann geht es ähnlich.
Ralf Temmes, Landwirtschaftsmeister im Kreis Saarburg, übernahm den Milchviehbetrieb seiner Eltern schon 2006, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters. Die Eltern von zwei Kindern managen nun Familie und zwei Betriebe über 110 Kilometer Distanz.
Die Teilnahme am Projekt der Handwerkskammer der Pfalz, "Nachfolge ist weiblich" im Jahr 2012 und die Beratung der HWK während der Übernahme-Planung haben die Unternehmerin bestärkt und vorangebracht.
Andrea Aland, Bedachungsgeschäft Hermann Aland GmbH & Co. KG, Arnsberg (Foto oben)
125 Jahre alt ist der Dachdeckerbetrieb Aland in diesem Jahr geworden. Die langjährige Firmentradition setzt in der fünften Generation mit Andrea Aland erstmals eine Frau fort. Nach einem Abstecher in die Welt der Finanzen zog es die Arnsbergerin doch aufs Dach: Sie beendete erfolgreich die Ausbildung zur Bankkauffrau, absolvierte ein dreimonatiges Praktikum im elterlichen Betrieb und traf die Entscheidung, die sie heute zur Juniorchefin gemacht hat: Ausbildung, Meisterprüfung, Betriebswirtin (HWO).
Ein strammes Programm in einem typischen Männerberuf. Gesunden Respekt zollt die 27-Jährige den "anspruchsvollen" körperlichen Herausforderungen. Sie weiß, was sie ihren 31 Mitarbeitern abverlangt. Und gerade deshalb, weil sie den Beruf von der Pike auf gelernt hat und weiß, wovon sie spricht, wird sie vom Team "voll akzeptiert".
Ihren beruflichen Schwerpunkt hat die Dachdeckermeisterin primär ins Büro verlegt: Planung, Beratung, Kundenkontakt – das sind ihre Vorlieben. Sie sind rar, aber es gibt doch noch Kunden, die eine Dachdeckermeisterin nicht erwarten. Andrea Aland nimmt es gelassen, sie übernimmt gerne und voller Überzeugung in einigen Jahren die alleinige Führung des Familienbetriebes.
Sandra Voigt und Susanne Iff, Paufler Friseure GbR, Bad Sobernheim
Vorübergehender Corona-Stillstand kurz nach der Betriebsübernahme – und das auch noch im Jubiläumsjahr: Für Sandra Voigt und Susanne Iff hätte der Start in die Selbstständigkeit angenehmer sein können. Doch die beiden Friseurinnen wussten von Anfang an, worauf sie sich eingelassen haben.
Und jetzt starten die beiden in ihrem Salon in Bad Sobernheim durch – unterstützt von vier Kolleginnen. Die Übernahme des 25 Jahre alten Betriebes war auch die Weiterführung eines Lebenswerks.
Susanne Iff (3.v.r.) und Sandra Voigt (l.) Foto: © Reinhard KallenbachDer ehemalige Chef, Andreas Paufler, starb im Juni 2019. Das eingeschworene Team an seiner Seite entschloss sich, gemeinsam weiterzumachen. Friseurmeisterin Sandra Voigt und Susanne Iff, Gesellin mit Ausbilderschein, übernahmen die Verantwortung. "Wir kennen uns schon sehr lange", sagt Susanne Iff, die seit 19 Jahren im Salon Paufler arbeitet.
Sandra Voigt kam vor elf Jahren ins Team. Bei der Übernahme half die Betriebsberatung der Handwerkskammer Koblenz – "gemeinsam haben wir einen guten Start hingelegt", loben die Chefinnen.
Angelika Huth, HuT Oderbau, GmbH Müncheberg (Landkreis Märkisch-Oderland)
"Die Hoch- und Tiefbaubranche wird sicher von Firmen dominiert, die Männer leiten. Ich kann aber nicht erkennen, dass es denen an Respekt vor Firmen fehlt, die von Frauen geleitet werden. Jedenfalls habe ich bei Aufeinandertreffen oder auch Vertragsverhandlungen nie Probleme gehabt. Mein Vater hat mich gezielt und umsichtig an die Aufgaben herangeführt", berichtet Angelika Huth (59), Wirtschaftsingenieurin und Geschäftsführerin der HuT Oderbau GmbH in Müncheberg (Landkreis Märkisch-Oderland).
Angelika Huth Foto: © Michael Thieme"Er hat mir zum Beispiel zunächst das Controlling einer seiner Firmen übertragen. Später übernahm ich in einer anderen, von ihm gegründeten Firma, eine leitende Position. So lernten mich auch alle Mitarbeiter kennen. Ich konnte mir schon vor der Firmenübergabe den notwendigen Respekt erarbeiten. Ich denke, dieses umsichtige Heranführen an die Aufgabe als Geschäftsführerin hat viel dazu beigetragen, dass die Firmennachfolge bei uns gleitend und ohne großen Bruch erfolgte.
Ich schätze es sehr, auch später immer auf den Rat meines Vaters zählen zu können. Von den Männern in unserer Firma habe ich keinen einzigen blöden Spruch in Erinnerung."
Judith Pink, Bildhauerei und Kunstwerkstätte PINK, Eppelborn
Judith Pink (36), Steinmetz- und Steinbildhauermeisterin aus Eppelborn, ist Gründungsbotschafterin der Saarland Offensive für Gründer (SOG), ein über Jahre gewachsenes Netzwerk der heimischen Gründungsförderer und -unterstützer.
Judith Pink ist aktuell die weibliche Stimme des saarländischen Handwerks im Auftrag der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK), macht jungen Frauen Mut zur Selbstständigkeit und gibt ihnen Tipps. Sie hat im Sommer 2018 von ihrem Vater Helmut das Unternehmen in dritter Generation übernommen und ist seither alleinige Inhaberin und Geschäftsführerin der Bildhauerei und Kunstwerkstätte Steinkunst Pink mit zehn Beschäftigten.
"Zuvor war ich in Vaters Betrieb angestellt und dann wurde ich Chefin, so einfach war das anfangs nicht. Die ersten Jahre waren schon stramm in der reinen Männerwelt", beschreibt sie ihren Rollenwechsel. 2005/2006 machte sie ihren Meister. Wenn sie auch jetzt überwiegend Managementaufgaben hat, greift sie doch immer wieder gerne zum "Knüpfel", einem Spezialhammer für Weichgestein.
Ihr Rat: "Machen Sie ihren Meister, dann können Sie sich in einem Handwerk selbstständig machen." Damit habe man eine solide Basis – von der Praxis bis zur Betriebswirtschaft. Und für den Fall einer Betriebsübergabe – wie im Familienunternehmen – empfiehlt sie unbedingt die Einschaltung der Handwerkskammer, denn es gelte immer wieder Hindernisse zu umschiffen.
Judith Pink Foto: © Udo RauSie verhehlt auch nicht, dass sie abends gelegentlich schon ganz schön geschafft ist: "Man muss einen langen Atem haben, man nimmt als Chef auch schon mal Probleme mit ins Bett oder wacht nachts auf. Letztlich kann man als Unternehmerin nie abschalten."
Und: "Nutzen Sie die kostenlosen Angebote im Saarland wie die der Handwerkskammer, der Landesregierung oder den Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Bauen Sie sich Netzwerke zum Austausch mit anderen Frauen auf. Das erleichtert manches!", rät sie. Wer von den Erfahrungen, auch Fehlern, anderer lerne, könne sich manche falsche Entscheidung ersparen.
Sie selbst nutzt soziale Medien wie Instagram und Facebook, um über ihr Unternehmen und Naturstein-Einsatz Fotos und Texte zu posten: "Wir müssen viele Kanäle bespielen, um auf uns aufmerksam zu machen. Und sie bekennt augenzwinkernd: "Ich bin Bildhauerin aus Leidenschaft. Naturstein ist meine Droge."
Daniela Steinbrede, Autohaus Steinbrede, Münster
Daniela Steinbrede Foto: © Ludger Steinbrede"Als Frau ein kleines Autohaus zu übernehmen, ist sicherlich ungewöhnlich, doch mein Vater hat unser Autohaus über 30 Jahre mit so viel Herzblut aufgebaut und betrieben, dass ich mir nicht vorstellen kann, es in fremde Hände abzugeben", berichtet Daniela Steinbrede.
Daher wird die Automobil-Ökonomin den Familienbetrieb, das Autohaus Steinbrede in Münster, in zweiter Generation weiterführen und, wie sie sagt: "In den nächsten 30 und vielen weiteren Jahren allen zeigen, dass Frauen und Autos sehr gut zusammenpassen."
Texte: Kathrin Dictus, Ulrike Wittenbrink, Reinhard Kallenbach, Kathrin Tomkötter, Kirsten Freund, Frauke Kerkmann, Sarah Materna, Sarah Hanke, Michael Thieme, Udo Rau
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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