Das Gewinnen und Sichern von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steht auf der Prioritätenliste von Handwerksunternehmen weit oben – das zeigte der Personaltag der Handwerkskammer (HWK) Münster, bei dem sich 230 Inhaber und Führungskräfte von 156 Betrieben aus dem gesamten Kammerbezirk im Bildungszentrum der Kammer über das Finden, Fördern und Führen von Fachkräften informierten.
In sozialen Netzwerken Präsenz zeigen
Für HWK-Präsident Hans Hund war klar: "Der Konkurrenzdruck im Kampf um die qualifizierten Fachkräfte wird im personalintensiven Handwerk weiter steigen." Er empfiehlt Betrieben, in sozialen Netzwerken Präsenz zu zeigen und Einblicke in ihre Arbeit zu geben, um Interesse bei Bewerbern zu wecken. Auch sei es ratsam, Frauen, Ältere, Jugendliche ohne Ausbildungsreife, Menschen mit Migrationshintergrund oder Behinderungen verstärkt zu umwerben.
Die Betriebe seien gefordert, die beruflichen Kompetenzen ihrer Beschäftigten durch Weiterbildung zu fördern und die Motivation zu erhöhen, etwa durch flexible Arbeitszeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hund: "Mitarbeiter, die sich respektiert und wertgeschätzt fühlen, sind motivierter und bleiben im Betrieb."
Die Attraktivität als Arbeitgeber ist eine zentrale Frage
Prof. Dr. Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability der Hochschule Ludwigshafen knüpfte daran an: "Die Attraktivität als Arbeitgeber ist eine zentrale Frage – Beschäftigte kommen wegen der Reputation, bleiben wegen der Aufgabe und gehen wegen der Führung." Deshalb seien das Image, Spaß an der Arbeit, Kollegialität und das Verhalten der Vorgesetzten die entscheidenden Kriterien.
Sicherheit und Gewissheit in einer unsicheren und schnelllebigen Umwelt würden immer bedeutender. In einer Zeit großer demografischer, technischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Veränderungen sei es für Arbeitnehmer entscheidend, ihre Beschäftigungsfähigkeit lange zu erhalten und in Balance zu bleiben. Hierauf sollten Arbeitgeber eingehen.
"Jeder ist ein Talent, jeder hat ein Talent"
Rump legte Handwerksbetrieben nah, die Kompetenzen, Motivation und Gesundheit der Mitarbeiter ganzheitlich anzugehen – bei der Ausbildung, Förderung der lebenslangen Beschäftigungsfähigkeit, dem Älterwerden im Betrieb, der Gesundheitsförderung, dem Wissenstransfer, den Perspektiven und Arbeits- und Beschäftigungsmodellen. Die Haltung sei dabei idealerweise: "Jeder ist ein Talent, jeder hat ein Talent."
Erfolgreiche Beispielunternehmen aus dem Kammerbezirk Münster gaben den Teilnehmenden am Personaltag in neun Foren Tipps aus ihrer Praxiserfahrung:
Sven Rietbrock (H. Rietbrock Bedachungen, Isolierungen und Gerüstbau, Lengerich): "Wir müssen die ‚Flamme‘ über ein Tagespraktikum wie der Berufsfelderkundung entzünden und sie durch weitere Praktika zum Brennen bringen." (Forum 1.1: Auf dem Weg zu qualifiziertem Nachwuchs)
Paul Müller (Helmut Daume Dachhandwerk, Ahaus): "Anfangs standen wir dem Einsatz sozialer Medien bei der Mitarbeitersuche skeptisch gegenüber, doch kurz nach unserem Start bemerkten wir, wie unbegründet unsere Zurückhaltung war." (Forum 1.2: Soziale Medien passend einsetzen)
Resi Evers-Weßeling (Fliesen Evers, Dorsten): "Ich bilde seit dem letzten Sommer einen Geflüchteten zum Fliesen-, Platten- und Mosaikleger aus: Ich würde es immer wieder tun. So habe ich einen motivierten und loyalen Mitarbeiter gewonnen." (Forum 1.3: Geflüchtete als Chance für das Handwerk)
Michael Fischer (Pape & Böhm Elektroinstallation, Münster): "Erst die Summe unserer Aktivitäten im Ausbildungsbereich führt zum Erfolg unserer Lehrlinge." (Forum 2.1: Erfolgreich ausbilden und dauerhaft binden)
Beatus Bussmann (Friseurmeister, Münster): "Nur glückliche und gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten gern und zur Zufriedenheit der Kunden. Gerade im Dienstleistungsbereich ist das bedeutend. Mir ist wichtig, dass das Klima stimmt und alle gern zur Arbeit kommen. Die Maßnahmen zur Gesundheitsförderung unterstützen dies sehr." (Forum 2.2: Beruf und Familie vereinbaren, Gesundheit fördern)
Andre Zeglinski (Tür -und Portaltechnik Zeglinski, Marl): "Eine Karriere im Handwerk steckt voller Möglichkeiten. Potenzialanalyse, Qualifikationsmatrix und Gespräche helfen uns dabei, Potenziale der Mitarbeiter und des Unternehmens zu entdecken und gezielt zu entwickeln. Am Ende profitieren beide davon, Betrieb und Mitarbeiter." (Forum 2.3: Karriereleiter Handwerk)
Carsten Dreyer (Blechverarbeitung und Apparatebau Dreyer, Lengerich): "Wenn jeder Mensch bei uns mehr gibt als er muss, dann passt es am Ende für beide Seiten immer gut." (Forum 3.1: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz)
Thorsten Menne (Hüwelmann & Menne, Lienen): "Unternehmer zu sein heißt: Ganz viel Feedback von den Menschen aus dem eigenen Unternehmen zu bekommen." (Forum 3.1: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz)
Hans Stumpe (Manfred Röwekamp und Hans Stumpe, Telgte): "Nur wenn die regulären Betriebsabläufe reibungslos abgewickelt werden, haben wir auch Zeit für strategische Fragen." (Forum 3.2: Effiziente Organisation der Fach -und Führungskräfte)
Melanie Volkmer (Gürtler -und Metalldrückermeister Stefan Volkmer, Rheine): "Wir nutzen unser Leitbild, um uns zunächst ein internes Ziel zu setzen, das uns im Nachhinein erfreut, wenn dieses im zweiten Schritt nach außen dargestellt und gelebt wird." (Forum 3.3: Das Unternehmensleitbild als Basis der Arbeitgebermarke)
Foto: © Teamfoto Marquardt
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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